TU intern - Dezember 1999 - Studium

Von der Tundra bis in die Wüste

Eine bodenkundliche Exkursion durch Westsibirien

Studierende und Wissenschaftler, die aus ganz Deutschland an der Exkursion teilnahmen, besuchten auch die Wüstensteppe am Rande des Altai
In Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften in Novosibirsk führte das Institut für Ökologie und Biologie der TU Berlin, Fachgebiet Bodenkunde, im Sommer dieses Jahres zwei bodenkundliche Exkursionen in Westsibirien durch. Ziel des Angebots, das bereits seit 1993 besteht, war und ist die Förderung der Zusammenarbeit mit russischen Wissenschaftlern und eine Verbesserung der studentischen Ausbildung. Angesprochen sind Studierende und Wissenschaftler von Universitäten mit ökologischer Ausrichtung in ganz Deutschland. Die Organisation vor Ort liegt beim Institut für Agrarchemie und Bodenkunde der Akademie der Wissenschaften in Novosibirsk.

Zwei Gruppen mit insgesamt 56 Teilnehmern durchquerten 1999 innerhalb von je 3 Wochen die Westsibirische Tiefebene von der Tundra bis in Wüstenregionen und das Altai.

Flussterrassen an den Quellflüssen des Ob
An den Standorten in unterschiedlichen Klimazonen erläuterten die russischen Gastgeber die jeweiligen klimatischen, geologischen und geomorphologischen Spezifika und lieferten detaillierte Erklärungen zur Bodenbildung sowie zur Vegetation. Dabei gingen sie auch auf regionale Probleme der Bodennutzung und des Naturschutzes ein, z.B. auf die Entwicklung und Anwendung nachhaltiger Technologien, den Erosionsschutz, die Artenvielfalt oder die Produktqualität der Landwirtschaft. Wanderungen in die Umgebung der Exkursionspunkte sorgten nicht nur für bleibende Eindrücke vom außerordentlichen Reichtum und der Schönheit Sibiriens. Sie vermittelten auch Zusammenhänge zwischen einer vom Menschen unbeeinflussten Vegetation und der natürlichen Bodenbildung, die in Westeuropa nicht mehr zu beobachten sind. Viele Probleme, die wir in Deutschland kennen, existieren dort zumindest innerhalb einzelner kleiner Regionen nicht: die Belastung der Böden mit organischen Schadstoffen, Veränderungen der Bodenbildung durch eine jahrhundertelange Nutzungsgeschichte, die Verdrängung von vielen Pflanzenarten durch Eingriffe des Menschen, die flächendeckende Anreicherung des Grundwassers mit Pflanzennährstoffen oder auch Müll im Wald. Diese Aspekte machen die ökologische Forschung in Westeuropa extrem kompliziert. Aussagen über den ursprünglichen Zustand sind daher in Deutschland oft schwierig. Die Untersuchung von Ökosystemen in Westsibirien bietet da eine wichtige Hilfe.

Die Studierenden konnten sich während der Exkursion einer intensiven Betreuung erfreuen, da das Verhältnis von Wissenschaftlern zu Studierenden bei etwa 1 : 1 lag. Die Unterstützung durch den DAAD, eine Förderung durch die Gesellschaft von Freunden der TU Berlin und 1999 erstmalig auch durch den Fachbereich 7 erleichterte zudem die Teilnahme der Studierenden.

80 Meter hohe Terrasse aus Löß am Ob
Extrem ungünstige Witterungsbedingungen erzwangen bei der zweiten Exkursionsgruppe eine Änderung der Exkursionsroute. Dies führte dank des Engagements der russischen Organisatoren zu einer wesentlichen Bereicherung der Tour durch den Besuch von Halbwüsten, Wüsten und geomorphologisch eindrucksvollen Phänomenen. Die Gruppe besuchte etwa 80 m tiefe Erosionsrinnen, riesige, nahezu vegetationsfreie Endmoränenfelder, siebenfache Flussterrassen oder natürliche, bis zu 40 km breite Flussauen.

Nicht zuletzt trugen auch Flexibilität und Organisationstalent der russischen Organisatoren dazu bei, dass die Exkursion trotz einer rund 3000 km langen Reise auf oft schlechten Straßen und bei großen Belastungen durch das kontinentale, häufig wechselnde und sehr unbeständige Klima ein Erfolg wurde.

Christian Siewert


© 12/'99 TU-Pressestelle