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TU intern - Dezember 1999 - Aktuelles
Zunehmend gefragt, aber kaum definiert
Was ist Wissen, und welches Wissen wird in Zukunft wichtig
sein?
Wissen ist ein zentraler Begriff unserer Zeit. "Die Zukunft
gehört der Wissensgesellschaft" sagte Roman Herzog 1998
zu diesem Thema und bezeichnete Wissen als unsere wichtigste Ressource.
Auf der anderen Seite entwickelt sich Wissen heute mit einer rasanten
Geschwindigkeit, so dass es manchmal fraglich scheint, ob und
wie diese Entwicklung zu steuern ist. Viele Menschen blicken besorgt
auf die Entwicklungen, sei es in der Gentechnik oder in der Energieversorgung.
Trotzdem: für die Zukunft scheint Wissen unentbehrlich. TU
intern fragte Menschen in unserer Uni: Was ist eigentlich Wissen?
Welches Wissen werden wir für die Zukunft brauchen? Welches
Wissen ist wichtig, um den Fortschritt zu steuern?
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Martina Reske
Gebäudetechnik
9. Semester |
Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, jeder definiert sich
das irgendwie selbst, was für ihn Wissen ist. Es gibt ja
auch den Begriff der Allgemeinbildung, aber je nachdem, in welchen
Kreisen man verkehrt, hat auch das Wort Allgemeinbildung eine
ganz andere Bedeutung. Ich denke, es ist nicht festzulegen, was
Wissen ist, es ist für jeden etwas anderes. Die Wissensgesellschaft
zeichnet sich dadurch aus, dass sie sehr viele Gebiete abdecken
kann. Jeder hat ein Gebiet, wo er ziemlich gut sein sollte. Heute
ist es einfach, an sehr viele Informationsquellen ranzukommen,
das ist in anderen Gesellschaften nicht so.
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Eva Heesen
Bauingenieurwesen
3. Semester |
Zum einen ist Wissen das Faktenwissen, dass man viele Dinge weiß.
Dann muss man natürlich die Sachen, die man weiß, auch
verstehen, sonst kann man sie nicht nutzen. Und dann ist Wissen
natürlich auch im persönlichen Bereich wichtig, also
zu wissen, wie man mit Situationen umgehen kann. Für die
Gesellschaft, denke ich, ist einerseits natürlich das naturwissenschaftliche
Wissen sehr wichtig. Man braucht es, um konkurrenzfähig zu
bleiben, innerhalb der Gesellschaft, aber auch damit Deutschland
mit dem Rest der Welt oder Europa mit Amerika konkurrieren können.
Reines Technologiewissen nutzt aber nichts, wenn die Menschen
damit nicht glücklich sind. Also muss man die sozialwissenschaftlichen
Bereiche auch haben. Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass
es Menschen sind, um die es geht, und nicht um Technik und Können
und Bruttosozialprodukt.
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Prof. Hans Poser
Institut für Philosophie, Wissenschafts- theorie, Wissenschafts-
und Technikgeschichte |
Die Philosophen sagen, dass ein Wissen eine wahre Meinung mit
Begründung ist. Das Problem ist, dass wir glauben, vieles
zu wissen, von dem wir aber die Begründung nicht liefern
können. Das, was die heutigen Wissenssoziologen und was auch
Herzog vor Augen hatte, ist, dass wir in einem hohen Maße
Wissen für verschiedene Anwendungen verarbeiten. Es hat nie
eine Gesellschaft gegeben, die auf Wissen hätte verzichten
können. Insofern ist der Ausdruck vielleicht ein bisschen
modisch. Aber dass wir heute in einer besonderen Weise auf Wissen
und Wissensverarbeitung Wert legen, das ist ganz klar. In der
Philosophie gibt es zwei verschiedene Wissensbegriffe. Das eine
ist das rein kognitive Wissen über wahre und falsche Aussagen.
Dieses Wissen ist eines, das uns Mittel zum Erreichen unserer
Ziele zur Verfügung stellt. Das gilt traditionell für
Technik im weitesten Sinne und ist ein vergleichsweise problemloser
Wissensbegriff, weil man dort auch relativ gut sagen kann, was
ein begründetes Wissen ist. Man nennt es auch Verfügungswissen.
Der andere Wissensbegriff, das Orientierungswissen, ist sehr viel
problematischer. Das ist eines, das mit Normen durchsetzt ist:
Was soll ich tun? Was ist wünschenswert, was ist nützlich,
was ist praktikabel? Auch hierfür werden uns in unserer Gesellschaft
Vorstellungen an die Hand gegeben. Dort sehen die Begründungen
aber anders aus. Ich halte fest daran, dass es auch hier Begründungen
gibt, nur sind die Begründungen dann normativer Art und nicht
derart, dass wir auf Experimente und Beobachtungen verweisen können.
Wir brauchen ganz ohne Frage beide Formen des Wissens und wir
müssen an der Universität ganz ohne Frage beides vermitteln.
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Bastian Schlagowsky
Bauingenieurwesen
3. Semester |
Wissen, das sind letztendlich die Antworten, die man weiß.
Das Ärgerliche ist, dass die Halbwertszeit des Wissens ziemlich
kurz geworden ist. Ich bin aber noch am Anfang des Studiums, so
dass bei meinem Wissen, bei meinen Antworten, die Halbwertszeit
noch recht hoch ist. Für die eigene Karriere ist letztendlich
Wissen wichtig, was nicht so viele Leute haben. Vom volkswirtschaftlichen
Standpunkt aus wichtig wäre neues, weiterentwickeltes Wissen.
Außerdem denke ich, dass es wichtig ist, dass das Wissen
aus den verschiedenen Disziplinen zusammenfließt und ganzheitlich
genutzt wird. Die Techniker sollten jedenfalls nicht alleine das
Sagen haben, das wäre, glaube ich, nicht gut. Da beschränkt
sich der Horizont doch sehr auf das Fachliche.
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Professor Udo Simon
Mathematik, Arbeitsgruppe Geometrie |
Da der Umfang an der Menschheit verfügbarem Wissen exponentiell
zunimmt, geht es in Zukunft im Wesentlichen darum, wie man sich
Wissen aneignen kann. Natürlich müssen Studierende in
ihrem Studium ein Basiswissen erlernen, sehr viel wichtiger ist
es aber, dass sie sich allgemeine Arbeitstechniken und Lerntechniken
aneignen. Welches Wissen wichtig ist? Ich denke, man sollte ein
gutes Basiswissen seines Kulturkreises haben. Dazu gehört
für mich in Europa Kunst, Musik, Literatur, die Naturwissenschaften
und auch ein Technikverständnis, sonst ist man heute verloren.
Auch eine mehrsprachige Ausbildung ist wichtig. Wenn möglich
sollte man neben der Muttersprache zumindestens zwei weitere Sprachen
erlernen, darunter Englisch, da es sich als Kommunikationssprache
durchgesetzt hat.
© 12/'99 TU-Pressestelle
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