TU intern - Erstsemester-Special WS 1999/2000 - Lehre

Globalisierung auf akademisch

Diplom und Magister werden von Bachelor und Master begleitet

Egal welcher Abschluss: Da lacht der Absolvent
Von Bachelor und Master erhofft man sich internationale Vergleichbarkeit der Studienleistungen und eine bessere Vorbereitung auf das Berufsleben. Wer jetzt mit dem Studium beginnt, hat manchmal nicht nur die Wahl zwischen verschiedenen Fächern. Im Zuge der Uni-Reformen können sich Studierenden mittlerweile auch aussuchen, welchen Abschluss sie im Fach ihrer Wahl anstreben. Neben Diplom- und Magistertiteln werden an einigen Hochschulen bereits Bachelor- und Masterabschlüsse angeboten.

Doch die neuen Studiengänge sind den Studierenden bislang noch weitgehend unbekannt, wie eine Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung konstatierte: Das Hochschul-Informations-System (HIS) kam zu dem Ergebnis, dass über einem Fünftel der 8000 befragten Studierenden die Abschlüsse Bachelor (BA) und Master (MA) gänzlich unbekannt waren.

Der Bachelor - erster berufsqualifizierender Abschluss an Fachhochschulen und Hochschulen, der nach drei bis vier Jahren erlangt werden kann - hat zudem kein besonders gutes Image: Nur Zwölf Prozent derer, die beide neuen Abschlüsse kannten, gaben an, sich persönlich einen Bachelor-Abschluss vorstellen zu können. Dem akademischen Grad haftet der Ruf eines nicht vollwertigen Kurzstudiums an. Die Kombination, nach sechs Semestern zum BA noch vier bis zum Master dranzuhängen, erschien wiederum mehr Studierenden attraktiv. Rund ein Drittel der Befragten zieht diese Variante in Erwägung - ein gleich hoher Anteil lehnt jedoch auch diesen Weg rundherum ab.

Dabei wollten Uni-Reformer gerade mit den neuen Abschlüssen das deutsche Hochschulsystem im internationalen Vergleich aufpeppen. Durch die Anpassung an das international übliche angelsächsische Modell erhofft man sich einen leichteren Wechsel der Studierenden ins Ausland und von Studierenden im Inland zu uns. Tatsächlich sind 60 Prozent der befragten Studierenden davon überzeugt, dass deutsche Unis nunmehr auch für ausländischen Akademikernachwuchs attraktiver werden.

Problematisch ist allerdings nach wie vor, dass über die Lehrinhalte der Studiengänge noch immer keine Übereinkunft erzielt werden konnte. BA und MA bleiben also vorerst noch abstrakte Konstrukte.

Auch die Einführung des sogenannten Credit-Point-Systems wird von den Studierenden skeptisch bewertet. Damit sollen Leistungen studienbegleitend erbracht werden können. Die Studierenden sollen nicht mehr bloß auf ihre eine große Abschlussprüfung hinarbeiten; die Credit-Points sollen beim Wechsel der Hochschule die reibungslose Anerkennung von Scheinen und Prüfungen gewährleisten.

Obwohl knapp 40 Prozent der vom HIS befragten Studierenden eine durch das System bedingte Verschulung des Studiums befürchten, stehen zwei Drittel der Neuerung positiv gegenüber.

In der freien Wirtschaft wird die Einführung des angelsächsischen Studiensystems größtenteils freudig begrüßt: "Die Studenten bekommen dann endlich ihre akademische Arbeit im Ausland anerkannt, weil die Vergleichbarkeit gegeben ist", begrüßt Uwe Ahrens, TU-Absolvent und mittlerweile Vorstandschef der aap Implantate AG, die Reformen. Der Firmengründer hält die bisherige Hochschulbildung für gerade mal mittelmäßig und erhofft sich durch die internationale Vergleichbarkeit mittels BA und MA neue Schübe: "Hierzulande werden die Studenten viel zu wenig auf das Leben nach der Uni vorbereitet."

Hans-Jürgen Ewers, Präsident der TU Berlin, kann sich mit dem "BA" und "MA" nicht so recht anfreunden. "Das deutsche Diplom hat einen guten Namen," sagte er auf einer gemeinsamen Podiumsdiskussion des Tagesspiegels und der TU Berlin. Hans-Jürgen Ewers hält eine effektive Studienreform auch ohne plakative Umbenennungen für machbar.

Eine größere Qualifikationsvielfalt erwartet sich auch Kruno Hernaut, Leiter der Bildungspolitik in der Zentralabteilung der Siemens AG, von den Studienabschlüssen. Gemäß dem Slogan »Lebenslang lernen« könnte der Bachelor dazu beitragen, das Durchschnittsalter der Berufsanfänger deutlich zu senken. Wer bereits nach sechs Semestern einen berufsqualifizierenden Abschluss in der Tasche hat, kann sich erst mal guten Gewissens in die Praxis stürzen, um vielleicht ein paar Jahre später doch noch den Master in Angriff zu nehmen.

Die Uni als Lebensmittelpunkt der Studierenden wird dann allerdings dem Teilzeitstudium, gemixt mit Arbeitsleben, weichen.

tui


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