TU intern - Januar 1999 - Wissenschaft

Ein erster Versuch Defizite zu identifizieren

Harald Kolrep, Viezpräsident der TU Berlin und verantwortlich für Foschung und Nachwuchsförderung
Über das Ergebnis der Studie zur Promotionssituation der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der TU Berlin sprach TU intern mit Harald Kolrep, Vizepräsident der TU Berlin, zuständig für das Ressort Forschung und Nachwuchsförderung.

Herr Kolrep, die wissenchaftlichen Mitarbeiter haben in einigen Bereichen deutliche Kritik an ihrer Situation geäußert. Überrascht Sie das Ergebnis der Umfrage?

Die Ergebnisse der Befragung zeigen ja deutlich, daß die Qualität der Betreuung und die Promotionsbedingungen von den Doktoranden sehr unterschiedlich bewertet werden. Vieles hängt vom Betreuer oder der Betreuerin ab. Deren Engagement wurde von vielen Befragten explizit gelobt. Ebenso scheint das Arbeitsklima eine sehr große Bedeutung zu haben. Diese Ergebnisse halte ich nicht für überraschend. Überrascht hat mich, wie viele Promotionskandidaten andererseites angeben, daß sie kaum einmal monatlich die Gelegenheit haben, mit dem Betreuer über die Arbeit zu diskutieren, einige sogar seltener als ein bis zweimal je Semester. Pessimistischer war ich bezüglich der Auswirkungen der Ressourcenknappheit auf die Promotionen. Doch können die schlimmsten Engpässe offensichtlich durch die nach wie vor erfolgreiche Akquisition von Drittmitteln ausgeglichen werden.

Der Rücklauf lag bei etwa 10 Prozent, für wie repräsentativ halten Sie die Ergebnisse?

Die Rücklaufquote ist so, wie man es bei Untersuchungen dieser Art erwartet. Man darf nicht vergessen, daß die Befragten keinen direkten Nutzen von der Beantwortung des Fragebogens haben. Allerdings muß man bei einer solchen Quote die Ergebnisse immer mit Vorsicht genießen, da zumindest befürchtet werden kann, daß sich besonders die Personen äußern, die mit ihren Arbeitsbedingungen nicht zufrieden sind. Nimmt man die Befragung als einen ersten Versuch, mögliche Defizite zu identifizieren und damit die Stellen zu finden, an denen Verbesserungsmöglichkeiten bestehen, so hat eine solche Befragung ihren Nutzen. Grundsätzlich ist es allerdings problematisch, daß wir keinen einzigen ausgefüllten Fragebogen aus dem Fachbereich 1 erhalten haben. Daneben konnten wir in diesem Durchgang nur diejenigen befragen, die eine Anstellung an der TU-Berlin haben. Wir wissen daher nichts über die Betreuungssituation der Promovenden, die etwa aus einer Industrieanstellung heraus oder über ein Stipendium ihre Doktorarbeit vorantreiben. Diese Untersuchungslücken sollten in weitergehenden Erhebungen behoben werden. Ich hoffe, daß ich in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen, die ja für Promotionen verantwortlich sind, ein Verfahren zur systematischen Bewertung der Promotionsbedingungen entwickeln kann.

In welcher Weise wollen Sie die Studie unter den Betroffenen (Betreuer, Professoren etc.) bekannt machen ?

Erste Analysen hat die Mittelbau-Initiative im November bereits in einem Workshop, zu dem alle wissenschaftlichen MitarbeiterInnen der TU eingeladen waren, vorgestellt und diskutiert. Ein schriftlicher Bericht mit den detaillierten Untersuchungsergebnissen liegt inzwischen auch vor und kann von interessierten Personen abgerufen werden. Unabhängig davon wird er dem Akademischen Senat, der FNK und den Dekanen zugeleitet. Selbstverständlich ist auch dieser Bericht in der TU intern eine Maßnahme zur Publikation der Untersuchungsergebnisse. Ich hoffe, daß dadurch auch eine Diskussion über die Bedeutung und mögliche Konsequenzen der Studie angestoßen wird.

Welche konkreten Maßnahmen sind als Reaktion auf die Studie geplant ?

Da die Promotionen in der Verantwortung der Fachbereiche liegen und dort meiner Meinung nach auch gut aufgehoben sind, liegt mein Hauptinteresse darin, den Fachbereichen zu helfen, die jeweiligen Defizite in ihrem Bereich aufzudecken um gezielt Abhilfe schaffen zu können. Ich glaube, daß die Fachbereiche sehr genau wissen, wie wichtig die Nachwuchsförderung für den eigenen Ruf ist. Die Bereitschaft, Drittmittel auch für Promotionen einzusetzen zeigt dies ganz deutlich. Zu erwägen wäre, ob neben der reinen Quantität auch die Qualität der Promotionen, die ja mit der Güte der Betreuung steht und fällt, ein Kriterium bei der Bewertung der Forschungsleistung sein sollte. Will man ein solches Kriterium verwenden, ist allerdings eine systematisch betriebene Bewertung der Betreuungssituation Voraussetzung. Man könnte sich etwa vorstellen, daß ein entsprechend gestalteter Fragebogen bei der Anmeldung zur Promotion anonym beantwortet wird. Diese Dinge werde ich mit den Fachbereichen und der FNK diskutieren. Auch Möglichkeiten, die Weiterbildung für wissenschaftliche Mitarbeiter weiter zu verbessern werden eruiert. Die Untersuchung zeigt deutlich, daß hier noch großer Bedarf besteht, dem derzeit nicht genügend Angebote an der TU Berlin gegenüberstehen.


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