TU intern - Januar 1999 - Wissenschaft

Schwierigkeiten bei der Promotion?

Umfrage der Mittelbau-Initiative und des Vizepräsidenten zeigt Probleme auf

Genügend Zeit zur Bearbeitung der Promotion vermißten 45 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter, die an der Umfrage zur Promotionssituation an der TU Berlin teilnahmen
Mangelnde Motivation, schlechte Betreuung, fehlende Geräte: diese Probleme könnten der einen oder dem anderen, die sich an dieser Universität den Doktortitel verdienen wollen, schon einmal begegnet sein. Trotz möglicher Probleme jedoch ist die Promotion heute für eine akademische Laufbahn unerläßlich und wird auch für eine Karriere außerhalb des Wissenschaftsbetriebes immer wichtiger. Systematische Daten über die aktuelle Situation von Promovenden an der TU Berlin lagen bislang nicht vor. Deshalb hat die Mittelbau-Initiative der TU Berlin zusammen mit dem Vizepräsidenten für Forschung und Nachwuchsförderung nun eine Befragung der wissenschaftlichen Mitarbeiter durchgeführt, die zum erstenmal die Schwierigkeiten, die während einer Promotion entstehen können, empirisch erfaßt.

Durch Fragen zu den Rahmenbedingungen, unter denen die Promotion durchgeführt wird, sollte festgestellt werden, inwieweit die Promovierenden mit ihrer Situation zufrieden sind und welche Verbesserungen von ihnen gewünscht werden. Angeschrieben wurden alle 1500 Mitglieder der Statusgruppe ”wissenschaftliche Mitarbeiter". Der Rücklauf lag mit 124 Antworten bei etwa 10 Prozent, wenn man davon ausgeht, daß von den 1500 wissenschaftlichen Mitarbeitern tatsächlich 1200 an einer Promotion arbeiten. Die Ergebnisse, die wegen des geringen Rücklaufs mit Vorsicht zu interpretieren sind, zeigen, daß eine Promotion an der TU nicht immer ohne Probleme abzulaufen scheint.

Die Zufriedenheit der Promovenden mit der wissenschaftlichen Betreuung ist über alle Kategorien von ”völlig zufrieden" bis ”gar nicht zufrieden" etwa gleichmäßig verteilt. Allerdings lohnt sich ein genauerer Blick auf die Ergebnisse.

Wie oft konnten die Promovenden Fortschritte und Probleme ihrer Arbeit mit ihrem Betreuer besprechen?
EINMAL IM MONAT

So sind die Promovenden ohne Lehraufgaben deutlich zufriedener mit der fachlichen Betreuung als ihre Kollegen/innen mit Lehraufgaben. Ein möglicher Grund besteht in der Tatsache, daß die Promovenden ohne Lehraufgaben meist in Drittmittelprojekten arbeiten, an deren Erfolg die Projektleiter ein persönliches Interesse haben. Die Umfrage zeigt auch, daß sich Frauen, die 40 Prozent der Antworten schickten, schlechter betreut fühlen als Männer. Dieser Geschlechterunterschied war anhand der vorliegenden Daten aber nicht eindeutig abzusichern. Eine mögliche, anhand der Daten ebenfalls nicht zu belegende, Erklärung besteht darin, daß Frauen zu einem größeren Anteil einen Dr. phil. anstreben. Die Befragung hatte gezeigt, daß sich die Promovenden dieser Richtung im Vergleich zu denjenigen, die einen Dr. rer. nat. oder einen Dr.-Ing. anstreben, etwas schlechter betreut fühlten.

Ernüchternd sind die Antworten zur Betreuungsdichte. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, weniger als einmal im Monat mit ihrem Betreuer über Fortschritte und Probleme ihrer Promotion sprechen zu können. Über besonders wenig Gelegenheit zur Diskussion klagen dabei Promovenden zum Dr. phil. und weibliche Promovenden.

ZU WENIG BÜCHER UND PC's

Die zur Verfügung stehende Ausstattung beurteilten die Befragten unterschiedlich. Knapp ein Drittel (40) war der Meinung, daß zur Bearbeitung des Promotionsthemas nicht genügend Ressourcen zur Verfügung stehen. Am meisten wurden dabei Fachliteratur und Computer samt Zubehör vermißt. Promovenden, die mit ihrer Ausstattung zufrieden sind, erhalten diese zu einem großen Teil aus Projektmitteln.

Unzufrieden war ein Großteil der Befragten mit der für die Promotion zur Verfügung stehenden Zeit. Etwa 45 Prozent gaben an, daß für die Bearbeitung der Promotion nicht genügend Zeit zur Verfügung stände. Als Gründe wurden etwa gleich häufig Lehraufgaben und Nebentätigkeiten sowie zu einem etwas geringeren Anteil Projektaufgaben, die Stellenmisere im Mittelbau und Verwaltungsarbeiten genannt.

Diese Überfrachtung mit anderen Aufgaben verhindert nicht nur die Diskussion von fachlichen Problemen, sie führt auch bei rund 27 Prozent der Befragten zu einer Verlängerung der Promotion. Die Verzögerung reicht von wenigen Monaten bis zu drei Jahren und liegt im Mittel bei knapp zehn Monaten. Als Folge davon können ca. 35 Prozent der Auskunft gebenden Promovenden die Promotion voraussichtlich nicht während ihrer Vertragslaufzeit abschließen. Interessant ist, daß die Lehraufgaben keinen Einfluß auf die Verzögerung haben.

BETREUER GUT - ALLES GUT

Sowohl bei der Frage nach Verbesserungswünschen als auch bei den Angaben dazu, was besonders gut ist, standen fachliche Kompetenz, Unterstützung und Interesse des Betreuers an erster Stelle. Dies zeigt die große Bedeutung, die, nach Meinung der Promovenden, die Betreuung für das Gelingen der Promotion hat. Wenig Unterstützung erfahren die Nachwuchswissenschaftler in Hinsicht auf ihre persönliche Karriereplanung. 73 Prozent gaben an, keine Unterstützung dabei zu erfahren, eine Maßnahme, die bei 61 Prozent der Antwortenden erwünscht wäre.

Gemischt ist die Meinung der Promovenden zum Thema Weiterbildung. Immerhin 18 Prozent der Teilnehmer mußten zugeben, das Weiterbildungsangebot für wissenschaftliche Mitarbeiter nicht zu kennen. 35 Prozent sind mit dem Angebot zufrieden, während 39 Prozent zusätzliche Maßnahmen wünschen. Ganz oben auf der Wunschliste stehen dabei Veranstaltungen zum Projekt- und Zeitmanagement, Fremdsprachen sowie BWL und Unternehmensführung.

urs


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