TU intern - Juli 1999 - Medien

Neue Chancen im Netz dank neuer Übertragungstechnik

Berlin, Deutsches Herzzentrum: Eine komplizierte Operation erfordert den fachlichen Rat eines Spezialisten. Dieser befindet sich aber gerade bei einem Vortrag in Florenz. Die Möglichkeit, den weit entfernten Fachmann trotzdem zu beteiligen, könnte in Zukunft vielleicht dank digitaler Echtzeitübertragung von Bild und Ton, dem sogenannten video-streaming, Wirklichkeit werden. Voraussetzung wäre ein schnelles Netz, das präzise Bilder mit zeitgleicher Tonübertragung ermöglicht.

Zwar ist die Live-Übertragung von Bild und Ton mittels analoger Fernsehtechnik schon lange möglich, was für Anwendungen in den Bereichen Medizin, Ausbildung oder Videokonferenzen jedoch fehlt, ist ein kontinuierlich verfügbares Netz.

ÜBERLASTETE NETZE

Im Bereich der digitalen Datenübertragung steht den Einrichtungen aus Wissenschaft und Forschung ein eigenes Netz zur Verfügung, welches der Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e. V. - DFN-Verein - aufgebaut hat. Seit seiner Gründung 1984 will er wissenschaftlichen Einrichtungen ein eigenes, leistungsfähiges Netz zur Datenübertragung zur Verfügung stellen. 600 Einrichtungen wie Hochschulen, Forschungsinstitute und Behörden gehören mittlerweile dem DFN an.

Basis der Infrastruktur des Deutschen Forschungsnetzes ist das Breitband-Wissenschaftsnetz B-WIN. Zur digitalen Echtzeitübertragung von Bild und Ton ist dies jedoch nur sehr beschränkt geeignet. Fachleute erwarten, daß spätestens zum Jahr 2000 B-WIN an die Grenzen seiner Kapazität stößt. Deshalb hat der DFN-Verein mit dem Aufbau eines neuen schnelleren Netzes, einer Gigabit-Infrastruktur, begonnen. Im August 1998 nahm er eine Teststrecke zwischen Erlangen und München, das Gigabit-Testbed Süd, in Betrieb, welche im Frühjahr 1999 bis in den Berlin-Potsdamer Raum ausgebaut wurde. Die Projektleitung im Berliner Raum liegt beim Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin und der TU Berlin.

WELLENLÄNGENMULTIPLEXING

Die schnelle Datenübertragung ermöglicht ein neues optisches Übertragungsverfahren, das Wellenlängenmultiplexing. Dabei kann eine Glasfaser durch Nutzung unterschiedlicher Licht-Frequenzen eine Vielzahl von Signalen übertragen und so Übertragungsraten bis derzeit 2,5 Gbit/s erreichen, etwa 40000 mal schneller als ISDN. Auf diese Weise können die Netzkapazitäten um ein Vielfaches erhöht werden und Netz- und Hardwarekosten in großem Umfang verringert werden. Dieses neuartige Verfahren ist am Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik, Berlin, mitentwickelt worden. Basierend auf den Erfahrungen aus den Gigabit-Testbeds soll im Frühjahr 2000 das Gigabit-Wissenschaftsnetz G-WIN in Betrieb genommen werden.

Der DFN-Verein ist auch Partner der Initiative für ein Internet 2, die den Ausbau der Internet-Technologie und der Internet-Anwendungen auf beiden Seiten des Atlantiks koordiniert. Die ersten Strecken des zukünftigen Internet 2 sind am 24. Februar 1999 in den USA in Betrieb genommen worden. Das Internet 2, in den USA auch ”Abilene" genannt, verbindet Hochschulen und Forschungseinrichtungen innerhalb der USA und soll das Hochgeschwindigkeitsnetz der Zukunft werden. Die Infrastruktur des Internet 2 wird weitgehend von Hochtechnologieunternehmen zur Verfügung gestellt. Das Gigabit-Wissenschaftsnetz ist die technische Voraussetzung für die zukünftige DFN-Anbindung an das Internet 2. Mit seiner Hilfe gehören dann vielleicht eines Tages transatlantische Videokonferenzen oder Operationen mit Beratung von Spezialisten in Übersee zum Alltag.

Michaela Kawall


© 7/'99 TU-Pressestelle