TU intern - Juni 1999 - Wissenschaft
Neuentdeckungen der tschechischen Literatur
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Bisher in Deutschland unbekannt: Der Urschwejk | ||
Soeben sind die ersten beiden Bände der Tschechischen Bibliothek
in deutscher Sprache erschienen. Dabei handelt es sich um zwei
in Deutschland bisher unbekannte Werke: den Sammelband "Der
Urschwejk" des bekannten Humoristen Jaroslav Hasek und einen
Roman des Schriftstellers Jaroslav Durych über die Vertreibung
der Deutschen aus Böhmen mit dem Titel "Gottes Regenbogen".
Jaroslav Hasek wurde durch "Die Abenteuer des braven Soldaten
Schwejk" weltberühmt. Bereits 1921 stellte Max Brod
ihn als einen Humoristen "des allergrößten Formats"
vor. Unbekannt war jedoch bisher, daß die ersten Schwejk-Geschichten
bereits 1912 entstanden. Sie sind nun als "Urschwejk"
in den ersten Band der Tschechischen Bibliothek aufgenommen worden.
Darüber hinaus enthält der Band auch die unbekannte
autobiographische Erzählung "Kommandant der Stadt Bugulma",
in denen Hasek seine Erinnerungen an die russische Revolution
verarbeitet, sowie biographische Erzählungen von Freunden
des Schriftstellers. Ein Essay des Philosophen Karel Kosik und
ein Nachwort von Hans Dieter Zimmermann runden den Band ab. Der
Romancier Jaroslav Durych wurde in Deutschland vor allem durch
seine Wallenstein-Trilogien bekannt. Mitte der 50er Jahre schrieb
Durych in politischer Isolation und Gefährdung einen symbolischen
Roman über die Folgen der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen,
der zugleich ein Requiem auf das jahrhundertelange Zusammenleben
von Tschechen und Deutschen ist. Der Roman mit dem Titel "Gottes
Regenbogen" erschien erstmals nach dem Tod des Autors 1969.
Die Übersetzung und das Nachwort stammen von dem Philosophen
und ersten Sprecher der Oppositionsbewegung Charta 77, Jan Patocka.
"Der Urschwejk" und "Gottes Regenbogen" sind
die ersten beiden von 33 Bänden, die im Laufe von acht Jahren
in der Deutschen Verlags-Anstalt Stuttgart erscheinen werden.
Die Bibliothek ist auf Initiative der Robert Bosch Stiftung
Stuttgart entstanden. Der Präsident der tschechischen Republik,
Vaclav Havel, und der Präsident der Bundesrepublik Deutschland,
Roman Herzog, haben die Schirmherrschaft übernommen. Der
geschäftsführende Herausgeber der Tschechischen Bibliothek
ist Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann vom Institut für Deutsche Philologie, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
der TU Berlin. Weitere Herausgeber sind der in Prag geborene Emeritus
der Yale University Peter Demetz, der Schriftsteller und tschechische
Diplomat Jiri Grusa, der in Prag geborene Slavist Peter Kosta
und der in Berlin lebende Übersetzer Eckhard Thiele.
Die Tschechische Bibliothek in deutscher Sprache soll eine Brücke zwischen Deutschland und Tschechien bilden. Sie will einen Einblick in die Literatur Tschechiens bieten und mit der Kultur desjenigen Landes vertraut machen, mit dem Deutschland die längste gemeinsame Grenze und eine lange nicht nur leidvolle gemeinsame Geschichte hat. mir
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