TU intern - Juni 1999 - Alumni

Gi Eun Kim

Hochschulen im Vergleich

Eine ganze Menge habe ich während des Studiums gelernt." Gi Eun Kim meint damit nicht nur die fachliche Ausbildung. Sie spricht auch von Kultur, Sport und der deutschen Sprache. Im April 1980, zu einer Zeit, als der Begriff "Auslandserfahrung" noch nicht in aller Munde war, machte sie sich auf ins Ausland, kam von Korea zur TU Berlin, um hier ein Studium der Biotechnologie zu absolvieren.

Heute ist sie Professorin an der Seokyong Universität, einer der vielen Universitäten der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, mit rund 7000 Studierenden und 160 Professoren. Die thematischen Schwerpunkte der Seokyong Universität liegen bei Biotechnologie, Chemie, Informatik und den Wirtschaftswissenschaften.

Der Fachbereich, in dem Gi Eun Kim seit 1998 als Professorin für Bioverfahrenstechnik tätig ist, ist eine vergleichsweise junge Fakultät. Er wurde 1994 gegründet, die Universität selbst kann mittlerweile auf eine fast fünfzigjährige Tradition zurückblicken.

BIOTECHNOLOGIE IN MEDIZIN UND UMWELTSCHUTZ

Gi Eun Kims Forschungsprojekte beschäftigen sich mit biotechnologisch gewonnenen Produkten, die in der Medizin oder dem Umweltschutz eingesetzt werden können. Dazu gehören zum Beispiel Untersuchungen zur Massenproduktion von klinischem Pektin aus koreanischen Mandarinen. Ein Wirkstoff, der zur Senkung des Cholesterolgehalts und des Blutdrucks sowie zur Stimulierung der Antikörperbildung im Blut eingesetzt werden kann. Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit der Optimierung und Reinigung eines bestimmten Bestandteils von Hefezellen. Man erhofft sich von diesen Stoffen unter anderem Erfolge bei der Bekämpfung von Tumoren, Bakterien und Viren. Im Bereich der Umwelttechnik will Gi Eun Kim ein System entwickeln, in dem Sickerwasser aus Mülldeponien mit Hilfe von Mikroorganismen gereinigt werden kann.

LEBENSSTIL BEEINFLUSST

Ihren Aufenthalt in Berlin und an der TU hat Gi Eun Kim in guter Erinnerung. "Die kulturelle Freiheit und Vielfalt in Berlin haben meinen Lebensstil stark beeinflußt", urteilt sie rückblickend. Gerne denkt sie auch an ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen. "Man kann sich vorstellen, daß es für eine Frau nicht einfach ist, ganz alleine im Ausland, mit fremder Sprache und fremder Kultur, zu studieren. Da haben mir meine deutschen Freunde sehr viel geholfen." Im September 1984 schließt Gi Eun Kim ihr Studium als Diplomingenieurin ab. Der TU Berlin bleibt sie zunächst erhalten. Sie wird wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Dellweg im Fachgebiet Hefetechnologie und Gärungsgewerbe, wo sie im Mai 1988 promovierte. "Eigentlich wollte ich nach meiner Promotion in die USA gehen", sagt Gi Eun Kim, aber dann lernte sie auf einer Konferenz in Korea ihren jetzigen Mann kennen, der damals in der Pflanzenbiotechnologie an der University of Strathclyde in Glasgow promovierte. Sie folgte ihm nach Glasgow, wo sie von 1989 bis 1992 als Research Associate tätig war. Das britische Hochschulsystem hat in Gi Eun Kims Augen mehr Ähnlichkeiten mit dem koreanischen als das deutsche.

KURZE STUDIENZEITEN

In beiden Ländern sei die Studiendauer begrenzt und das Curriculum relativ festgelegt, was den Studierenden viele Entscheidungen abnehme. Als großen Vorteil des koreanischen und des britischen Hochschulsystems betrachtet Gi Eun Kim die kürzeren Studienzeiten. "Dadurch kann man sich schnell entscheiden, ob man sein Fach - mit einem Master-Studium - weiter vertiefen oder sich einen Job suchen möchte." Zum Bachelor-Studiengang gehören in Korea in den ersten Semestern auch Vorlesungen über Philosophie, Soziologie und andere Fächer, vergleichbar dem Unterricht zum deutschen Abitur. Das Erarbeiten einer umfangreichen Studien- oder Diplomarbeit sei in Korea meist erst im Rahmen des Master-Studiengangs erforderlich. Von einer verstärkten Absolventenbetreuung durch die Hochschulen erhofft sich Gi Eun Kim nicht nur bessere Erfolgschancen für die Absolventen, sie sieht darin auch eine Chance für die Hochschulen. Dadurch könne der Kontakt zu anderen Ländern und ausländischen Unternehmen verbessert werden.

urs

In der TU intern stellen wir in der Rubrik "Meinungen aus der Praxis" jeden Monat einen Alumni vor. Wir berichten darüber, wie ihr Berufseinstieg aussah, was sie heute tun und was sie über die TU Berlin denken. Die bisher erschienenen Porträts haben wir für Sie in einer Übersicht dargestellt.


© 6/'99 TU-Pressestelle