TU intern - Juni 1999 - Aktuelles
Neue Arbeitsstelle Jugendgewalt und RechtsextremismusJugendgewalt und Rechtsextremismus sind mittlerweile zu einem bedeutenden gesellschaftlichen Problem herangewachsen. Die am Zentum für Antisemitismusforschung neu gegründete Arbeitsstelle Jugendgewalt und Rechtsextremismus hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieser Problematik gezielt zu begegnen. Anders als andere wissenschaftliche Einrichtungen will die Arbeitsstelle wissenschaftliche Erkenntnisse in erster Linie Praktikern zur Verfügung stellen. AUSDRUCK EINER GEGENKULTUR Abstiegsangst, gesellschaftliche und wirtschaftliche Benachteiligung aufgrund von Arbeitslosigkeit, Versäumnisse innerhalb der Erziehung, aber auch der fehlende Einblick in demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten werden immer wieder als Gründe rechter Jugendgewalt genannt. Die Mitarbeiter des Zentrums für Antisemitismusforschung haben allerdings die Erkenntnis gewonnen, daß rechte Jugendgewalt Ausdruck einer Gegenkultur ist. Die Gewalttäter grenzen sich gezielt von der demokratischen Kultur der Bundesrepublik ab. Meist sind die Gewalttaten gekennzeichnet durch Angriffe auf Schwächere, da die Täter im Kampf und im Sieg des Stärkeren über den Schwächeren ein Naturgesetz sehen. Sie verstehen sich dabei als Vollstrecker eines Mehrheitswillens. Oft lernen die Jugendlichen autoritär-nationale Muster schon in der Familie kennen und unterscheiden sich von ihren Eltern nur in der Gewaltbereitschaft. Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten und die damit verbundenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche haben den starken Anstieg rechter Jugendgewalt mit verursacht. Mit Problemen rechter Jugendgewalt werden Mitarbeiter von Landes- und Kommunalverwaltung, Polizei und Justiz sowie Sozialarbeiter aus Berlin und Brandenburg ständig konfrontiert. Um diesem Personenkreis ein zielgenaues und effizientes Handeln zu ermöglichen, sollen ihm die von der Arbeitsstelle ermittelten Ergebnisse zugänglich gemacht werden. Mit Fortbildungen und einem ständigen Beratungsangebot will man versuchen, die Kompetenz dieser Personen zu erhöhen. Es soll auf diese Weise erreicht werden, daß sie ihre Verantwortung wahrnehmen und sie nicht an übergeordnete Stellen abgeben oder das Problem verharmlosen. EIN STÄNDIGER DIALOG Um den Informationsaustausch zwischen Arbeitsstelle und Praktikern erfolgreich umsetzen zu können, können die Mitarbeiter der Arbeitsstelle auf ein großes Netz schon bestehender Kontakte zu Behörden und Einrichtungen sowie auf langjährige Erfahrungen aus der Vorurteils- und Feindbildforschung zurückgreifen, die sie am Zentrum für Antisemitismusforschung gesammelt haben. Neben diesem Erfahrungsschatz und der vorhandenen Infrastruktur ist für die erfolgreiche Arbeit der ständige Dialog mit den Handelnden vor Ort grundlegend. Zu diesem Zwecke ist ein schriftlicher Leitfaden geplant, der in knapper und alltagsnaher Form zentrale Erkenntnisse zusammenfaßt und Anregungen gibt. Geplant sind weiterhin ein Kongreß zum Thema Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Berlin und Brandenburg sowie ein Workshop an der TU Berlin zum Thema "Sozialisation und Vorurteil". Finanziert wird die Arbeitsstelle in diesem Jahr vom Justizministerium des Landes Brandenburg und durch das Zentrum für Antisemitismusforschung. Um den Fortbestand der Arbeitsstelle zu gewährleisten, wird eine anteilige Finanzierung durch Institutionen der Länder Berlin und Brandenburg angestrebt. Michaela Kawall © 6/'99 TU-Pressestelle |