TU intern - Juni 1999 - Aktuelles

... ein wenig im luftleeren Raum

Wo der Studierende auf die Forschung trifft

Ein Netz von Initiativen wollen die deutschen Forschungseinrichtungen knüpfen, um Wissenschaft in der Öffentlichkeit zu präsentieren sowie den Dialog zwischen Forschung und Öffentlichkeit zu fördern. Dazu unterzeichneten Hochschulrektoren, Wissenschaftsrat, Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Forschungsgesellschaften das Memorandum "Dialog Wissenschaft und Gesellschaft". Gemeinsam mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft starteten sie das Programm "Public Understanding of Science and Humanities" (PUSH), in dessen Rahmen der Stifterverband eine halbe Million Mark für Projekte bereitstellt, die Wissenschaft verständlich vermitteln. Auch die Universitäten sind aufgerufen, ihre Forschungsarbeiten der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zuvor jedoch stellt sich die Frage, wie ist die Situation innerhalb der Unis. Was wissen beispielsweise Studierende von den Forschungsaktivitäten ihrer Professoren? TU intern hat gefragt, wo sie in ihrem Studium Forschung kennenlernen und was sie von der Diskussion um mehr Forschung in der Öffentlichkeit halten?

Natalie Mutlak
Umwelttechnik
8. Semester
An der Uni begegnet man der Forschung im Hauptstudium, wenn man anfängt, sich nach Studien- und Diplomarbeiten umzusehen. In den Grundstudiumsveranstaltungen erzählen die Professoren nichts von der Forschung, im Hauptstudium ab und zu. Es gibt aber auch Seminare mit Praxisbezug, wo die aktuellen Forschungsergebnisse vorkommen. Ich finde es superwichtig, daß die Öffentlichkeit darüber informiert wird, was die Forscher tun, weil ich den Eindruck habe, daß Forschung häufig ein wenig im luftleeren Raum schwebt. Es gibt in jedem Gebiet Praxisbezüge, und die muß man dann in der Öffentlichkeit gut darstellen. Auch Grundlagenforschung müßte besser publik gemacht werden. Es sollte wieder eine Diskussion über die Forschung in Gang kommten, die ja heutzutage nicht wirklich stattfindet. Ethisch-moralische Aspekte der Wissenschaft sollten wieder mehr berücksichtigt werden. Erreichen könnte man die Leute zum Beispiel über Volkshochschulen, Zeitungen, Workshops oder auf Kiezfesten.

Hella Korn
Technischer Umweltschutz
2. Semester
Im Studium begegne ich der Forschung noch nicht so direkt. Ich bin ja auch erst im Grundstudium. Dort muß man, denke ich, erst die Grundlagen lernen. Im Hauptstudium, wenn man sich für eine Fachrichtung entschieden hat, wird man auch der Forschung begegnen. Wenn man sich für Wissenschaft interessiert, denke ich, gibt es diverse Zeitschriften, in denen man sich informieren kann. Zusätzlich gibt es andere Maßnahmen, um Forschung in der Öffentlichkeit darzustellen: öffentliche Vorlesungen, Seminare, das alternative Vorlesungsverzeichnis. Es ist die Frage, ob man mit solchen Maßnahmen auch Leute anspricht und begeistert, die mit Wissenschaft noch nicht in Kontakt gekommen sind.

Nico Kleffel
Verkehrswesen
2. Semester
Forschung begegne ich im Studium eigentlich noch nicht. Später möchte ich allerdings gerne in der Forschung arbeiten, im Bereich Luft- und Raumfahrttechnik, Triebwerkforschung. Daß Forschung verstärkt in der Öffentlichkeit präsentiert werden soll, finde ich okay. Es fließen viele Gelder in die Forschung, also soll die Öffentlichkeit auch wissen, wo die Gelder hingehen. Dazu sollte man mit möglichst vielen Projekten an die Öffentlichkeit gehen. Bei den Universitäten wird das ja auch schon gemacht, z. B. mit öffentlichen Abenden, oder die Firmen präsentieren ihre Arbeiten. Das sollte man öfter tun und auch mehr in Fernsehen und Zeitungen publizieren. Die Darstellung muß allerdings der Zielgruppe angepaßt sein.

Tim Kleigrewe
Elektrotechnik
2. Semester
Eigentlich begegne ich der Forschung gar nicht, aber ich bin auch erst im zweiten Semester. Ich denke, man braucht zuerst die Grundlagen. Ich finde es wichtig, daß Forschung in der Öffentlichkeit präsentiert wird, denn ich habe manchmal das Gefühl, daß die Unis ein wenig für sich alleine forschen, und frage mich, ob das alles so effektiv ist. Vielleicht sollte man auch ein wenig mehr wirtschaftsorientiert arbeiten. Wenn man die Öffentlichkeit ansprechen will, muß man interessante Themen wählen, da ist sicher nicht jedes geeignet. In Amerika ist es aber zum Beispiel so, daß mehr Forscher auch allgemeinverständliche Bücher schreiben.

Dirk Tonhäuser
Physikalische
Ingenieur-
wissenschaft
9. Semester
Ich bin bis jetzt in meinem Studium noch nicht oft auf Forschung gestoßen. Das ist ein unter den Studenten öfter geäußerter Wunsch gewesen, Infos über die aktuelle Forschung zu erhalten, um zu wissen was läuft, um den Stoff zu motivieren und um sich selbst eine Vorstellung davon zu verschaffen, wie zukünftige Arbeitsfelder aussehen können. Daß man in den Grundstudienveranstaltungen wenig Hinweise auf Forschungsschwerpunkte antrifft, liegt vielleicht daran, daß man Studienanfängern noch nicht so viel Übersicht zutraut, damit etwas anfangen zu können. Aber darin besteht ja auch der Service der Uni, die Sachen verständlich zu machen. Wenn hier nicht verstanden werden kann, woran die Forscher arbeiten, wie soll man es dann der Öffentlichkeit erklären. Ich finde es zum Beispiel richtig schwach, daß Diplomarbeiten an der TU nicht öffentlich gehandelt werden. Sicher würden sich manche dafür interessieren. Studienanfänger, die wissen wollen, wie so eine Arbeit aussieht, oder Studis, die vom Grund- ins Hauptstudium wechseln und wissen wollen, in welche Richtungen in den Instituten gearbeitet wird.

Florian Diesing
Wirtschafts-
ingenieurwesen
3. Semester
Nein, im Studium habe ich noch keinen direkten Kontakt mit der Forschung gehabt, nur insofern, als ich bei einem Prof nicht geprüft werden konnte, weil er ein Forschungssemester hatte. Auf die Forschung werde ich vielleicht im Hauptstudium treffen. Forschungsergebnisse in der Öffentlickeit darzustellen finde ich wichtig. Eigentlich kann man das gar nicht genug tun, denn Forschung treibt die Gesellschaft voran. Wenn ich Infos über Wissenschaft bekomme, dann wird vielleicht in mir die Neugier geweckt, und ich habe neue Ideen oder Anregungen. Je mehr Menschen daran beteiligt sind, desto mehr Ideen gibt es.

Achim Brandt
Wirtschafts-
ingenieurwesen
9. Semester
Forschung begegne ich im Studium eher selten. Mir gefällt es nicht, daß man erst diese ganze Theorie lernen muß, wobei noch nicht einmal gesagt ist, ob das die aktuellste ist. Von der Forschung bekommt man vielleicht einmal im Produktionstechnischen Zentrum etwas mit. Aber in den Wirtschaftswissenschaften ist die aktuelle Forschung weitgehend an mir vorbeigegangen. Vielleicht gibt's da auch nichts. An der Uni sollten Forschung und Lehre existieren, aber man hört immer nur Diskussionen über Studieren und Studiengebühren. Von Forschungsergebnissen erfährt man als Student wenig. Und ich glaube, das ist nach außen hin ähnlich.

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