TU intern - Mai 1999 - Menschen
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Dr. Werner Rammert, einer der Gründer der Techniksoziologie in Deutschland, ist neuer Professor für dieses Fachgebiet im Fachbereich Umwelt und Gesellschaft der TU Berlin. Die Techniksoziologie ist in Deutschland ein noch sehr junges Fach. Erst vor wenigen Jahren haben Soziologen begonnen, sich intensiv mit dem Thema Technik zu befassen. Niemand zweifelt aber heute daran, daß die Technik einen erheblichen Einfluß auf die Gesellschaft und deren Entwicklung besitzt. Sie prägt sozialen und kulturellen Wandel, man denke etwa an die Entwicklung der Eisenbahn im 19. Jahrhundert oder den Siegeszug des Computers. In der Technik zeigen sich darüber hinaus Konflikte und Kompromisse ebenso wie Machtkalküle und die Bevorzugung von bestimmten Werten, und mit Technik verbindet sich eine Vielzahl politischer, ökonomischer und sozialer Interessen. Ein aktuelles Beispiel ist die Gentechnik. Ein Forschungsschwerpunkt von Professor Rammert wird die Technikgeneseforschung sein, die von ihm wesentlich mitbegründet wurde. "Technikgeneseforschung beschäftigt sich mit der Entstehung, Gestaltung und Steuerung neuer Techniken", erklärt der TU-Wissenschaftler, "wir wollen sie im Hinblick auf ihre theoretische Grundlegung und ihre praktische Anwendung weiterentwickeln." Im Schwerpunkt "Innovationsnetzwerke" soll analysiert werden, warum sich Netzwerke anstelle von Markt und Hierarchie als Grundlage für eine erfolgreiche Modernisierung von Forschung und Entwicklung durchgesetzt haben. Die deutsche Innovationskultur im internationalen Vergleich, das Zusammentreffen traditioneller chinesischer und moderner westlicher Netzwerke im Volkswagenwerk in Shanghai sowie Probleme bei der Verbreitung der Solarenergie im Berliner Raum sind weitere Projekte, die in Angriff genommen werden. Darüber hinaus wird sich Werner Rammert besonders stark für die Weiterentwicklung des Zentrums für Technik und Gesellschaft engagieren. "Dessen Ideenreichtum, Projektfundus und interdisziplinärer Erfahrungsschatz bieten die besten Grundlagen für ein zukünftiges Center of Excellence auf dem Gebiet der sozialwissenschaftlichen Technikforschung", sagt der neu berufene Professor. In der Lehre wird er sich für ein internationales Profil einsetzen. "Es orientiert sich an Bachelor- und Masterstudiengängen europäischer und amerikanischer Partneruniversitäten, die aus sozialwissenschaftlichen und interdisziplinären Science, Technology, and Society'-Programmen hervorgegangen sind", führt Rammert aus. Schwerpunkte sollen die Analyse moderner Gesellschaften wie Industrie-, Informations-, Wissens- und Risikogesellschaft, die Organisations- und Netzwerkforschung sowie die Technik- und Innovationsforschung bilden. Hierbei setzt er auch auf die Besetzung der Professuren für Organisationssoziologie und für die Soziologie moderner Gesellschaften, die im Strukturplan der TU Berlin in den nächsten vier Jahren vorgesehenen ist. Die bestehende Kooperation mit den Planungswissenschaften (Architektur, Stadt- und Regionalplanung) möchte er fortsetzen und darüber hinaus neue Kooperationen mit der Informatik, den Arbeits-, Konstruktions- und Gesundheitswissenschaften eingehen. Englischsprachige Seminare, interdisziplinäre Projektseminare und eine internationale Berlin Spring School for Technology Studies sieht Professor Rammert als Beitrag für eine exzellente Ausbildung. Christian Hohlfeld © 5/'99 TU-Pressestelle |