TU intern - Mai 1999 - Aktuelles

Berliner Unis: Vertraglich zu Studienreformen verdonnert

Fortschreibung der Hochschulverträge fast perfekt

Freuen können sich die Studierenden. In den neuen Hochschulverträgen wird festgelegt, daß Studiengänge evaluiert, Lehrveranstaltungen bewertet und gute Lehre prämiert werden sollen. Dazu erhalten die Dekane ab dem Jahr 2000 finanzielle Mittel
Der Einigung über die neuen Hochschulverträge für die Jahre 2001 und 2002 steht fast nichts mehr im Wege. Die beiden zuständigen Senatsverwaltungen, Wissenschaft und Forschung sowie Finanzen, haben sich über eine Verlängerung der Hochschulverträge verständigt. Nun ist der Ball bei den Hochschulen, die Vertragsentwürfe zu paraphieren. Ist dies geschehen, kommen sie in den Berliner Senat. Wegen der finanziellen Auswirkungen wird sich im Anschluß daran der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses damit beschäftigen. Alles soll noch vor der Sommerpause über die Bühne gehen.

Nach den nun vorliegenden Hochschulverträgen erhalten die Berliner Hochschulen mehr Geld als zunächst gedacht. Der Senatszuschuß für die acht Berliner Hochschulen wird von 2,183 Milliarden DM im Jahr 2000 auf 2,217 Milliarden im Jahr 2001 erhöht und für das Jahr 2002 sogar auf 2,259 Milliarden DM.

Mit den Verträgen verpflichten sich die Hochschulen, 85000 Studienplätze in Berlin bereitzustellen. Um dies zu gewährleisten, verzichtet der Berliner Senat auf bereits 1993 beschlossene Einsparungen, die in den Jahren 2001 und 2002 fällig geworden wären. Darüber hinaus erhalten die Hochschulen einen finanziellen Ausgleich für die hohen Versorgungslasten (= Pensionen) und Beihilfen. Ferner bekommen sie einen Ausgleich für die Tariferhöhungen (1,5 % pro Jahr auf 75 % des Zuschusses) und eine Preissteigerungsrate von einem Prozent auf 25 % des Zuschusses. Nachtragshaushalte wird es nicht geben. Die TU Berlin erhält für die Jahre 2001 und 2002 507,141 Mio. DM bzw. 516,799 Mio. DM. Im Jahr 1999 waren es 515,627 Mio. DM und im Jahr 2000 werden es 505,450 Mio. DM sein.

In der Medienberichterstattung über die Fortschreibung der Hochschulverträge standen die Finanzen fast ausschließlich im Vordergrund der Betrachtung. Kaum beachtet wurde, daß mit Abschluß der Verträge die Hochschulen zu weitreichenden Studienreformmaßnahmen verpflichtet werden. Darauf soll im folgenden intensiver eingegangen werden.

EVALUATION, BEWERTUNG, PRÄMIERUNG

Freuen können sich die Studierenden, denn in den Verträgen wird auch verbindlich festgeschrieben, daß die Studiengänge evaluiert, Lehrveranstaltungen auf der Grundlage von Befragungen von Studierenden und Lehrenden bewertet und gute Lehre prämiert werden sollen. Für die Prämierung erhält jeder Dekan ab dem Jahr 2000 finanzielle Mittel. Bei der Evaluation der Studiengänge soll die TU Berlin mit den Fachbereichen das Verfahren und den Zeitplan für die Evaluation vereinbaren. Für mindestens sechs Studiengänge, in denen mindestens 20 % der Studierenden eingeschrieben sind, soll die Evaluation einschließlich einer externen Begutachtung bis zum Jahr 2001 abgeschlossen sein. Bei den externen Begutachtungen soll sich die TU Berlin den Rat ausländischer Wissenschaftler einholen.

ORGANISTAION VON LEHRE UND PRÜFUNGEN

Und eine weitere Neuerung, die in dem Vertrag festgeschrieben wird: Die TU Berlin verpflichtet sich, daß in jedem Fachbereich die Funktion eines Studiendekans eingerichtet wird. Beschrieben ist allerdings nicht, welche Aufgaben er wahrnehmen soll. Weiterhin soll für jeden Studiengang und Teilstudiengang ab dem WS 1999/2000 ein Musterbelegungsplan (Studienverlaufsplan) erstellt werden, der eine curricular sinnvolle Abfolge der Lehrveranstaltungen enthält und die Lehrveranstaltungsplanung des Fachbereichs darstellt. Zur Straffung und Verkürzung von Prüfungsabläufen soll die TU Berlin mit den Fachbereichen Zielvereinbarungen abschließen. Das Land Berlin selbst wird dies auch bei den Staatsprüfungen, insbesondere den Lehramtsprüfungen, leisten.

REFORM DES STUDIENANGEBOTS

Auch hier sollen von der TU Berlin Zielvereinbarungen mit den Fachbereichen über die Modularisierung von Studiengängen und die Einführung eines Leistungspunktsystems abgeschlossen werden. Ein verstärktes Angebot fremdsprachiger Lehre für die Studierenden, insbesondere im Rahmen europäischer Programme, und die Entwicklung und Erprobung von Studiengängen mit einem Bachelor- und Masterabschluß runden die Neuerungen ab. Ausdrücklich erwähnt wird auch, daß multimediale Angebote in der Lehre künftig stärker genutzt werden sollen. Dabei sollen die Hochschulen u. a. mit dem Leitprojekt "berlin univers" der Landesinitiative "Berliner Weg in die Informationsgesellschaft" zusammenarbeiten. Darüber hinaus sollen die Internationalisierung (Auslandspraktika, Auslandsstudium) und die soziale Kompetenz (Vermittlung von fächerübergreifenden Inhalten im Pflicht- und Wahlpflichtangebot) der Studierenden verstärkt werden.

LEISTUNGSBEZOGENE MITTEL

Ein Teil der Mittel, die den Fachbereichen für die Zwecke der Lehre und der Forschung zugewiesen werden, sollen künftig nach Leistungskriterien verteilt werden. Bei der Festlegung von Qualitätsparametern soll die Erfüllung der in dem Vertrag vereinbarten Maßnahmen der Studienreform besonders berücksichtigt werden.

Die TU Berlin verpflichtet sich auch, über ihre Kriterien für die leistungsbezogene Verteilung von Forschungsmitteln, über ihr Verfahren zur Evaluation der Lehre und Forschung und über die Entwicklung von Forschungsschwerpunkten zu berichten. Über die Grundsätze für die Bewertung von Qualität sollen sich die Universitäten untereinander abstimmen. Besonderes Augenmerk wird in dem Vertrag auf die universitätsinterne Forschungsförderung gerichtet: Die TU Berlin soll sich verpflichten, ihre Forschungsfonds bedarfsgerecht auszustatten, mindestens jedoch mit einem Anteil von 1 % des Sachmittelanteils am konsumtiven Landeszuschuß.

Das Kennzahlenprojekt, in dem die Kosten pro Studienplatz berechnet und zwischen den Hochschulen verglichen werden, soll fortgeführt werden, ebenso die damit verbundene Leistungsbewertung.

FÖRDERUNG VON FRAUEN

Die TU Berlin soll verstärkt Frauen in der Wissenschaft fördern. Hierzu soll sie mit den Fachbereichen unter Berücksichtigung der Rechte der Frauenbeauftragten Zielvereinbarungen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern abschließen. Im Vordergrund sollen dabei folgende Punkte stehen: die Besetzung von Qualifikationsstellen im Verhältnis zu der Anzahl der Absolventinnen bzw. Promovendinnen; die Erhöhung des Anteils der Professorinnen; die verstärkte Berücksichtigung von Frauen bei der Vergabe von Gastprofessuren/-dozenturen; die Sicherstellung der vertretungsweisen Wahrnehmung der Aufgaben von Frauen während des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubs und der Kinderbetreuung von Hochschulangehörigen.

VERLAGERUNG VON ANGEBOTEN AN FACHHOCHSCHULEN

Laut Vertrag sollen die Hochschulen sich verpflichten zu prüfen, ob und welche Studiengänge in den Fachhochschulbereich verlagert bzw. dort neu entwickelt werden können.

Bis zum 31. Dezember 2000 soll die TU Berlin berichten, was in all den oben erwähnten Punkten veranlaßt bzw. erreicht wurde. Beide Vertragspartner sind sich darüber einig, daß das Maß der Erfüllung der in dem Vertrag getroffenen Vereinbarungen Auswirkungen haben wird auf die finanziellen Zuweisungen der kommenden Jahre.

Kristina R. Zerges


© 5/'99 TU-Pressestelle