TU intern - November 1999 - Forschung
Baustatik und Rechenmaschine
Mit 24 Jahren Unternehmer, mit 37 Professor. Was klingt wie ein Traum heutiger Uni-Reformer, ist längst Vergangenheit. Die Rede ist von Heinrich Müller-Breslau (1851-1925), Absolvent der Bauakademie, Spezialist auf dem Gebiet des Eisenbaus und Begründer der Berliner Schule der Baustatik. Die praktischen Folgen seiner Arbeit sind noch heute in Berlin zu sehen. Müller-Breslau berechnete u.a. die Statik für die Kuppel des Berliner Doms. Im Jahr 1888 wurde Müller-Breslau Professor am Fachgebiet Baukonstruktion der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin. Seine wissenschaftliche Leistung bestand vor allem darin, dass er die gesamte Baustatik, die zuvor aus den drei Elementen Balkentheorie, Gewölbetheorie und Fachwerktheorie bestand, auf ein einheitliches Prinzip zurückführte. Er gründete damit eine neue Schule der Baustatik. Müller-Breslaus Theorien hatten, indirekt, auch Folgen, die über das Fachgebiet des Bauens und über sein Leben hinausgingen. Im Jahr 1934 betreute sein Schüler Karl Pohl die Studienarbeit eines Bauingenieurstudenten, dessen Aufgabe darin bestand, ein neunfach statisch unbestimmtes System zu formalisieren - viel Rechenarbeit. Wahrscheinlich war es dem Studenten zu ermüdend, ähnliche Rechenarbeiten immer wieder durchzuführen, und er begann an einer Schematisierung der Rechenformulare zu arbeiten. Das Ergebnis dieser Überlegungen wurde zur Grundlage einer Maschine, die heute auf fast jedem Schreibtisch zu finden ist. Konrad Zuse hieß der Bauingenieurstudent. Seine Studienarbeit nahm er zum Anlass, die erste programmierbare Rechenanlage der Welt zu entwickeln. urs
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