TU intern - Oktober 1999 - Internationales

Zwischen Höhlen, Highways, Hitze und Homework

Ein Jahr am Georgia Institute of Technology

Die Verleihung der Master-Urkunden ist ein Höhepunkt des akademischen Jahres an amerikanischen Hochschulen
Anne-Katharina Jappsen studiert Physik an der TU Berlin. Nach Vordiplom und zwei Semestern Hauptstudium hat sie ein Jahr am Georgia Institute of Technology in Atlanta (GaTech), Georgia, verbracht. Ihren Studienplatz erhielt sie durch eine direkte Bewerbung am GaTech. Dabei hat sie sich gleichzeitig um eine Stelle als teaching- oder research-Assistent beworben. Eine gute Möglichkeit, den Auslandsaufenthalt zu finanzieren, da diese Stelle nicht nur für Arbeit sorgt, sondern auch die Studiengebühren drastisch reduziert und ein monatliches Gehalt einbringt. Ein Jahr im Ausland zu studieren war seit Studienanfang der Plan von Anne-Katharina Jappsen, "um meine Sprachkenntnisse zu verbessern und um einmal ein anderes Studentenfeeling zu erleben". Nach der Rückkehr nach Berlin hört sich das so an:

Tja, nun bin also nach genau 365 Tagen USA wieder zurück in unserem großen grünen Physikgebäude und ich werde wohl doch Jack, den Hausmeister vermissen, der mich jeden Morgen in tiefstem Südstaaten-Drawl mit "How ya doin' today, Miss Anne?" begrüßte und ich so auch einem Tag mit jeder Menge homeworks gefasst ins Auge sehen konnte.

Wenn ich meinen Aufenthalt am Georgia Institute of Technology nun in einem Satz zusammenfassen müsste (was schlechterdings kaum möglich ist), so klänge es wie: Es war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte, es war eine Menge Arbeit, aber auch eine Menge Spass und sehr viel Erleben.

Da ist also zunächst das kleine Physikinstitut, in welchem die meisten Profs schon nach der zweiten Begegnung deinen Namen kennen und in dem man dann als graduate student mit 20 anderen Studis von vier Kontinenten in einem leicht unterkühlten "Klassenraum" sehr viel beigebracht bekommt. Damit Lernfortschritte auch garantiert sind, wird man mit Hausaufgaben und Klausuren überhäuft und fühlt sich in Schultage zurückversetzt. Dieses System des Lernens fand ich am Anfang ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber spätestens im zweiten Quarter hat man den Bogen raus und auch eine Menge Zeit, um all die anderen schönen Dinge zu tun, von denen GaTech reichlich zu bieten hat.

Noch heute wird mir leicht mulmig bei der Erinnerung an die vertikale Höhlenwanderung, andere würden es Abseilen nennen, in Tennessee. Im nächsten Quarter habe ich es dann mit Fechten und Aerobic versucht und GaTech ist einfach wie gemacht für Rollerskatinganfänger. Nach dem Kurs für amerikanische Zeichensprache war mir dann auch klar, dass das Zeichen für "The Varsity" (dem Fastfoodtempel Atlantas) durch ein V und das Zeichen für "fettig" dargestellt wird, sehr aufschlussreich! Das Schwimmen im ehemals olympischen Pool und so uramerikanische Dinge wie der Besuch von Baseball-, Basketball- und Footballspielen sind echt ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.

Natürlich will man nicht die ganze Zeit auf dem Campus verbringen, was aber durchaus im Bereich des Möglichen liegt, da vom Computerladen über Supermarkt bis Post alles vorhanden ist, sondern auch mal den Rest der USA erkunden. Im Herbst habe ich die Baumwollfelder und bunten Bäume Georgias bewundert und den space rockets in Huntsville, Alabama, einen Besuch abgestattet. Weihnachten konnte ich dann meine Fotoleidenschaft zwischen der Freiheitsstatue und den Niagara-Fällen ausleben. Im Frühjahr ging es zu den Stränden Floridas und im Sommer nach New Orleans. Und wenn es einem in "Hotlanta" einmal etwas wärmer wird, dann sind es vier Stunden bis zum Atlantik oder zum Golf von Mexiko.

Für solche Reisen finden sich schnell ein paar Mitstudis, die von überall herkommen. Diese Begegnungen fand ich wirklich toll und spannend. Auch mit den Amerikanern kann man eine Menge unternehmen und lernt dabei viel über dieses doch etwas andere Land.

Nach vier erlebnisreichen Quartern wurde ich dann in cap and gown zum Master of Science in Physics gemacht, ein echter Höhepunkt. Aber auch ohne diese Zeremonie würde ich jedem, der Sinn für ein mittleres Abenteuer hat, zu einem Auslandsaufenthalt raten, es ist die Mühe wirklich wert.

Anne-Katharina Jappsen
Physik 7. Fachsemester


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