Akademischer Senat der TU Berlin positioniert sich
Folgender Beschluss wurde auf der Sitzung des Akademischen Senats am 16. Mai 2001 mit einer Stimme Enthaltung angenommen. Damit ist ein wichtiges Signal über die Fraktionsgrenzen hinaus gegeben und das gemeinsame Interesse von Akademischem Senat und Präsidium dokumentiert.
"Hochschulvertrag zwischen der TU Berlin und dem Berliner Senat" in der Fassung der Paraphierung durch den Präsidenten der TU vom 5. April 2001
Der Akademische Senat der TU nimmt den Vertrag zwischen TU Berlin und Berliner Senat (einschließlich der zustimmend zur Kenntnis genommenen Briefe des TU-Präsidenten vom 5. April 2001 und vom 11. April 2001) trotz erheblicher Bedenken zur Kenntnis, um ein Minimum an Planungs- und Entwicklungsfähigkeit zu sichern. Der AS der TU Berlin geht davon aus, dass die Paraphierung durch den Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur eine entsprechende Abstimmung innerhalb des Berliner Senats einschließt. Eine Unterschreitung der im Hochschulvertrag festgelegten Haushaltsansätze für die Jahre 2003 - 2005 würde die TU Berlin vor eine grundsätzlich neue Situation stellen und für den AS der TU die Ablehnung des Vertrags zur Folge haben. Schon jetzt reichen die Mittel für die Haushaltjahre 2001 und 2002 trotz aller haushaltspolitischen Maßnahmen, die die TU ergriffen hat, zur Sicherung einer zufriedenstellenden Situation in Lehre und Forschung nicht aus.
Der AS der TU Berlin äußert sich zum Hochschulvertrag im Einzelnen wie folgt: 1. Die dramatische Überhangsituation an den Berliner Universitäten hat bezüglich der TU Berlin zur Folge, dass die angestrebte Sollausstattung im Bereich der Wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen nur zu 85 Prozent ausfinanziert ist. Daher hält der AS der TU Berlin die in den Hochschulverträgen vereinbarten 85.000 Studienplätze für nicht zureichend finanziert. Die größere nationale wie internationale Attraktivität der Hochschulen Berlins kann im Übrigen mittelfristig nur gestärkt werden, wenn mittelfristig deutlich mehr als 85.000 Studienplätze ausfinanziert werden.
2. Der AS der TU Berlin ist grundsätzlich der Auffassung, dass die Pensionen der ausgeschiedenen Hochschullehrer/innen wie in anderen Bundesländern, außer aus Gründen der vergleichbaren Kostenrechnungen (pro Studienplatz), vor allem aus Gründen einer besseren Planbarkeit aus den Etats der Hochschulen ausgegliedert und vom Land Berlin übernommen werden sollen. Dies sollte spätestens ab dem nächsten Planungszeitraum umgesetzt werden. Für den vorliegenden Vertrag ist sich der AS der TU Berlin mit dem Präsidium der TU einig darüber, dass die Aufwüchse bei den Pensionen sowie die realen Tarifsteigerungen ausgeglichen werden müssen. Der Aufwuchs, für den keine Tarifvorsorge getroffen wurde, wird im Jahr 2002 bereits 11,15 Mio. DM betragen. Sollte dieses Defizit durch eine weitere Verminderung der Besetzungsquote bei den Wissenschaftlichen Mitarbeiter/inn/en kompensiert werden müssen, so entspricht dies einer weiteren Reduktion von ca. 1.100 Studienplätzen.
3. Der AS der TU Berlin geht davon aus, dass in dem vorgesehenen Planungszeitraum im Land Berlin keine Studiengebühren realisiert werden. Daher ist der entsprechende Passus im Hochschulvertrag überflüssig. Unabhängig davon, dass die Mehrheit des AS Studiengebühren ohnehin ablehnt, ist sich der AS insgesamt darüber einig, dass diese gegebenenfalls ausschließlich der Verbesserung der Lehre dienen sollten und ausschließlich durch ein hochschulinternes Verfahren zugewiesen werden müssten.
4. Der AS der TU Berlin hätte eine Präzisierung der Förderung von Frauen in der Wissenschaft (§ 7) begrüßt, sinngemäß analog den Vereinbarungen im letzten Hochschulvertrag.
5. Der AS der TU Berlin hält Modularisierung und Evaluation für sinnvolle Instrumente zur Verbesserung der Lehre und der damit national wie international verbesserten Verwendbarkeit von Studienteilen und Abschlüssen, ist jedoch skeptisch, ob die vereinbarte Geschwindigkeit der Umsetzung (§ 12, Abs. 1, § 14, Abs. 1) realisierbar ist. Es wird darauf verwiesen, dass erst zum SS 2001 die neuen Fakultäten gegründet wurden und gegenwärtig intensiv mit der Umsetzung von Verwaltungsreform und Budgetierung befasst sind.
6. Der AS der TU Berlin hält eine verstärkte Betreuung von Promotionsvorhaben durch Graduierten- und Promotionskollegs für sinnvoll (§ 15 Abs. 1). Beim derzeitigen Besetzungsgrad von 85 Prozent (s.o.) und zusätzlicher Stellensperre hält er jedoch eine solche Verpflichtung nur in dem Maße erfüllbar, wie dafür Drittmittel von außen zur Verfügung stehen.
7. Der AS der TU Berlin ist darüber hinaus davon überzeugt, dass den Erwartungen ausländischer Absolventen entsprochen wird, wenn ihnen nach dem Abschluss der Promotion durch eine großzügige Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis eine berufliche und wissenschaftliche Perspektive im Land Berlin eröffnet wird. Er erwartet vom Senat von Berlin erhebliche Bemühungen in diese Richtung.
8. Der AS begrüßt grundsätzlich die Einführung von Leistungsprinzipien in die Universitätsfinanzierung. Hierdurch können zusätzlich Anreize geschaffen werden, um die Effizienz in den Hochschulen zu steigern. So wie in anderen Bundesländern müssen jedoch nach Leistungskriterien vergebene Mittel Ergänzungen der Grundfinanzierung sein. Als Umverteilungsinstrumente sind sie kontraproduktiv.
9. Mit Nachdruck weist der AS darauf hin, dass die in diesem Vertrag verwendeten Leistungskriterien, wie sie im Anhang festgelegt werden, weitgehend unbrauchbar sind. So werden die realen Studierendenzahlen, aus denen sich die wirklichen Lehrbelastungen ergeben, unzulässig niedrig bewertet. Hierdurch werden diejenigen Fakultäten und Studiengänge, die eine massive Überlast im Vergleich zu den ausfinanzierten Studienplätzen zu tragen haben (z.B. Informatik), allein gelassen. Hingegen etabliert die hohe Gewichtung von Kriterien, durch die man die Verweildauer der Studierenden und die Studienabbrecher- und -wechslerquoten zu mindern glaubt, eine "Qualitätsrutschbahn". Bemühungen um eine wirkliche qualitative Verbesserung der Lehre werden hierdurch nicht belohnt. Angesichts der Begrenzung ihrer Auswirkungen nimmt der AS diese Kriterien in diesem Vertrag hin. Er kann sie jedoch keineswegs als Präjudiz für Fortschreibungen der Verträge akzeptieren.
Der AS der TU dokumentiert durch diese Stellungnahme über die Fraktionen und Statusgruppen hinweg, dass es trotz unterschiedlicher Auffassungen im Einzelnen und bei allgemeinen hochschulpolitischen Fragen ein geschlossenes Bemühen gibt, die Entwicklungsfähigkeit und Innovationsfähigkeit der Technischen Universität Berlin im Kontext aller übrigen Hochschulen des Landes und trotz der angespannten Finanzlage des Landes Berlins zu sichern.