7-9/05
Juli 2005
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Fahrende Schallschutzwände

TU-Ingenieure entwickelten eine Konstruktion, die Berlins S-Bahn noch leiser macht

Am Triebdrehgestell eines S-Bahn-Zuges wird eine Schallschürze montiert, die die Fahrgeräusche zu vermindern hilft
Foto: Czolbe/FG Schienenfahrzeuge

Seit Herbst 2004 ist die Berliner S-Bahn mit 1000 der modernsten Züge ausgestattet, die selbstredend den geltenden Lärmschutzregelungen entsprechen. Dennoch äußerte der Berliner Senat im vergangenen Jahr, als der Verkehrsvertrag mit der DB Regio AG und der S-Bahn Berlin GmbH um weitere 15 Jahre verlängert wurde, dass bei den modernen Zügen das Anfahrt- und Bremsgeräusch um fünf Dezibel verringert werden soll. Ziel der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist es, die Lärmbelästigung der Anwohner in Nähe der S-Bahn-Stationen weiter zu vermindern.

Eine Aufgabe, wie maßgeschneidert für das Fachgebiet Schienenfahrzeuge von Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die Akustik von Schienenfahrzeugen. In diesem Forschungsfeld werden unter anderem durch Geräuschanalysen die Lärm verursachenden Quellen identifiziert und darauf aufbauend konstruktive Lärmminderungsvorschläge erarbeitet.

"Wir haben das Know-how, um für solche vom Berliner Senat gestellten Aufgaben die notwendigen Berechnungen und Messungen durchzuführen und auszuwerten", sagt Professor Hecht. Er bewarb sich um den Auftrag und erhielt ihn. Hecht bot Senat und S-Bahn an, eine Konstruktion zu entwickeln und einen Prototyp mit den schallmindernden Maßnahmen auszurüsten.

Das S-Bahn-typische Anfahrts- und Bremsgeräusch entsteht durch die Ansteuerung der Drehstrommotoren. Die Untersuchungen ergaben, dass der Lärmpegel beim Anfahren und Bremsen weniger durch die Motoren verursacht wird, sondern vielmehr durch das Triebdrehgestell, da es für die Motorenschwingungen wie ein Resonanzkörper wirkt und die Geräusche verstärkt beziehungsweise abstrahlt.

Als Ergebnis dieser Analyse wurden zum einen die Triebdrehgestelle an besonderen Bereichen mit schwingungsminderndem Material versehen und zum anderen Schallschürzen entwickelt, die seitlich am Triebdrehgestell angebracht werden. So fungieren sie quasi als fahrende Schallschutzwände. Diese Schallschürzen, in den Werkstätten der TU Berlin gebaut, sind vorerst aus Metall und einseitig ebenfalls mit einem schalldämpfenden Schaumstoff überzogen. Die Schallschürzen wirken abschirmend, indem sie einen Teil des Antriebsschalls selbst schlucken und einen anderen durch Reflexion zurück in das Drehgestell und zum absorbierenden Schotter werfen.

Um zu testen, ob die Schallschürzen den gewünschten Effekt erzielen, wurden zwei Wagen einer S-Bahn an drei Triebdrehgestellen beidseitig mit solchen Schallschürzen versehen. Die Messungen im Frühjahr dieses Jahres auf dem S-Bahn-Prüfgleis in Berlin-Schöneweide ergaben, dass die gewünschte Absenkung des Lärmpegels sowohl beim Fahren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten als auch bei der Anfahrt und beim Bremsen möglich ist.

Bevor die modernen Züge aber mit diesen Schallschürzen ausgestattet werden können, sind noch Fragen der Sicherheit, aber vor allem Fragen der Finanzierung zu klären.

Sybille Nitsche

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