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Medizinmann für alte Brücken und Häuser

Neu berufen: Yuri Petryna forscht zur Lebensdauer von Bauwerken

Die Millionenstadt Istanbul ist auf den Hügeln zweier Kontinente erbaut und stark erdbebengefährdet. Nicht alle Häuser halten dem stand
© privat

Wie erkennt man, ob und wo Bauwerke krank, also beschädigt sind? Woher weiß man, wie hoch ihre Lebenserwartung ist, und wie bekommt man heraus, welche "Medizin" sie benötigen, um lange zu "leben"? Der Dacheinsturz des Olympiastadions im kanadischen Vancouver vor wenigen Tagen oder der Halleneinsturz in Bad Reichenhall im vergangenen Winter machen deutlich, wie wichtig diese Fragen für die Sicherheit sind.

 
  Yuri Petryna
© privat

Dieser Problematik geht Prof. Dr. Yuri Petryna am Institut für Bauingenieurwesen an der TU Berlin nach. Der Leiter des Fachgebiets Statik und Dynamik setzt damit einen neuen Schwerpunkt an der Universität.

Die Prognosen für die Lebensdauer von Gebäuden, Straßen und Brücken sind immer problematisch, weil sie Jahrzehnte umfassen müssen. In dieser Zeit unterliegen die Bauwerke sich ständig verändernden Bedingungen. Vor 50 Jahren war das Verkehrsaufkommen ein anderes als heute, und damit waren Straßen und Brücken einer anderen Belastung ausgesetzt. Auch stellt sich die Frage der Sicherheit von Bauwerken angesichts wachsender Terrorgefahr. "Moderne Statik darf sich nicht mehr nur auf die klassischen Felder der Tragwerksberechnung und -planung beschränken", sagt Petryna, "vielmehr ist eine Diagnostik und fachliche Betreuung vorhandener Bausubstanz gefragt." Das Problem sei, dass die Baunormen sich überwiegend mit dem Neuzustand der Bauwerke beschäftigten und diesen damit indirekt "ewige Jugend" verschreiben würden. Für die Steuerung der Tragwerkslebensdauer fehlten jedoch wissenschaftlich abgesicherte Verfahren, erläutert Petryna weiter. Genau darin sieht er die Herausforderung für seine Arbeit.

Tragstrukturen aller Art von der Mikro- bis zur Megaebene stehen deshalb im Fokus seiner Interessen. Die Instabilität kleinster Verbundstrukturen im Materialinneren erklärt beispielsweise, warum manche Baustoffe extrem dehnbar bleiben, während andere ohne Vorankündigung durch Sprödbruch versagen. Auf der anderen Seite benötigt man manchmal Untersuchungen zu Gebäuden einer ganzen Region, zum Beispiel sämtlicher der rund eine Million Bauten im Istanbuler Raum, um diese in kurzer Zeit erdbebensicher zu machen.

Der wissenschaftliche Weg führte Yuri Petryna aus der Ukraine nach Deutschland. Sein Studium des Bauingenieurwesens absolvierte er in Kiew. Dort promovierte er auf dem Gebiet Strukturmechanik über dynamische Stabilität und chaotische Schwingungen dünnwandiger Konstruktionen. Internationale Anerkennung fand er 1996 mit dem Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Ruhr-Universität Bochum. 2004 habilitierte er sich. Von seinen weltweiten Kontakten, seinen Kenntnissen und Erfahrungen profitieren nun auch die Studierenden der TU Berlin.

Sybille Nitsche

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