[TU Berlin] Medieninformation Nr. 175 - 28. Juli 1998
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TU-Nachwuchsphysiker weltweit Spitze

Preisvergabe auf der größten internationalen Halbleiterkonferenz

Vom 2. bis zum 7. August 1998 treffen sich rund 1.000 Halbleiterphysiker zu ihrer 24. Weltkonferenz, der International Conference on the Physics of Semiconductors, in Jerusalem, Israel. Die Konferenz findet alle zwei Jahre statt, das letzte Mal war die TU Berlin der Gastgeber.

Wer bei dieser internationalen Konferenz als hoffnungsvoller Physik-Doktorand mit einem der vier Preise für den besten Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet wird, der kann etwas auf sich halten. Das gilt natürlich auch für die Universität, an der ein solcher Preisträger arbeitet. Beachtlich ist es nun, wenn eine Universität gleich zwei der vier Preisträger stellt. Genau das kann die TU Berlin für sich verbuchen: Christian Kapteyn, Doktorand bei Prof. Dr. Dieter Bimberg am TU-Institut für Festkörperphysik, und Sumit Bose, Doktorand bei Prof. Dr. Eckehard Schöll am TU-Institut für Theoretische Physik, erhalten jeweils einen "Young Author Best Paper Award" für ihre eingereichten Arbeiten.

Die Elektronenfalle

Beide beschäftigen sich mit sogenannten Quantenpunkten. Quantenpunkte sind ein hochaktuelles Forschungsgebiet der Nanotechnologie. Mit deren Hilfe sollen Halbleiterbauelemente für die Informations- und Kommunikationstechnologie (Handys, Computer oder CD-Player) noch kleiner und schneller werden. Quantenpunkte sind nur einige Nanometer umfassende Halbleiterkristalle; man könnte sagen, es sind winzige Inselchen eines Halbleitermaterials - so winzig, daß selbst das menschliche Haar rund 5.000 mal dicker ist. Sie können entstehen, wenn man auf ein Halbleitermaterial (beispiels-weise Gallium-Arsenid) eine dünne Schicht eines anderen Halbleitermaterials (etwa Indium-Arsenid) aufträgt. Das ist ein bißchen wie das Aufeinandersetzen von Legosteinen. Das Besondere an den Halbleiterschichten ist, daß diese Bausteine nicht ganz genau aufeinanderpassen. Das führt zu Verspannungen. Diese reißen auf, und es entstehen die winzigen Inselchen. Sumit Bose (rechts) hat mit Hilfe einer Computersimulation untersucht, wie solche Quantenpunkte unter günstigen Herstellungsbedingungen spontan von selbst entstehen. Die Ergebnisse können die Entstehung von Quantenpunkten in guter Übereinstimmung mit Experimenten, die am TU-Institut für Festkörperphysik durchgeführt werden, erklären.

Das Besondere an den Quantenpunkten ist ein interessanter Effekt: Durch ihre geringe Größe sind die normalerweise beweglichen Elektronen in den Quantenpunkten auf kleinstem Raum eingesperrt: Man hat quasi eine Falle für Elektronen. Eine Folge ist, daß die Elektronen nicht mehr beliebige, sondern nur noch ganz bestimmte Energieniveaus annehmen können. Bei bestimmten Abmessungen der Quantenpunkte sind es lediglich zwei Niveaus: Man hat sozusagen eine digitale Eins und eine digitale Null. Um diesen Effekt möglichst lange nutzen zu können, muß ein Elektron entsprechend lange im Quantenpunkt, sprich in der Falle, gehalten werden. Daher beschäftigt sich Christian Kapteyn (links) mit der Verlängerung der Verweilzeit von Elektronen. Dieser Effekt ist insbesondere für technische Anwendungen wie etwa Computerspeicher von zentralem Interesse.

Die Beschränkung auf zwei Energiezustände ist darüber hinaus eine ideale Voraussetzung für ein neuartiges Bauelement, den Ein-Elektron-Transistor. Vorbei wären die Zeiten, in denen noch rund 100.000 Elektronen für den Schaltprozeß nötig sind. Außerdem wäre der Schaltvorgang um ein vielfaches schneller, bräuchte weniger Leistung und produzierte weniger Wärme. Und nicht nur das: Führt nämlich ein Elektron einen Quantensprung von einem höheren Energiezustand in einen niedrigeren durch, kommt es wie in einem einzelnen Atom zur Aussendung von Licht mit einer sehr scharf definierten Wellenlänge. Diese entspricht der Energiedifferenz der beiden Zustände. Die Energiedifferenz und damit die Wellenlänge, sprich die Farbe des Lichts, kann bei den Quantenpunkten durch die Veränderung von Größe, Form und Material beeinflußt werden. Bei herkömmlichen Lasern war das bisher nur über die chemische Zusammensetzung des Materials möglich. Außerdem könnten nun Wellenlängen erzeugt werden, die die herkömmlichen Laser nicht erreichen. Einen funktionsfähigen Quantenpunkt-Laser haben die TU-Physiker in Kooperation mit russischen Wissenschaftlern am A.F. Ioffe-Institut, St. Petersburg bereits entwickelt. Bis zur marktwirtschaftlichen Umsetzung ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Christian Kapteyn, 1971 in Berlin geboren, studierte von 1990 bis 1995 Physik an der TU Berlin. Das letzte Jahr seines Studiums verbrachte er an der Rijksuniversiteit Groningen, Niederlande, um dort seine Diplomarbeit (Halbleiter/Supraleiter-Kontakte) durchzufuehren. Bevor er Ende 1996 mit der Arbeit an seiner Promotion begann, hielt er sich zu Forschungszwecken vier Monate in Japan auf, unter anderem bei den Matsushita Central Research Laboratories Keihanna.

Der 1969 geborene Sumit Bose schloß sein Physikstudium an der TU Berlin 1994 nach zwölf Semestern ab. Seitdem ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Schöll im Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Strukturbildung in dissipativen kontinuierlichen Systemen" tätig. 1997 ging er für drei Monate an die Universität Roma II "Tor Vergata", Italien.

Christian Hohlfeld


Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Prof. Dr. Dieter Bimberg, Dr. Marius Grundmann oder Christian Kapteyn, Institut für Festkörperphysik der TU Berlin, Tel.: 030/314-22082 oder -22072, Fax.:-22569, bzw. Prof. Dr. Eckehard Schöll oder Sumit Bose, Institut für Theoretische Physik der TU Berlin, Tel.: 030/314-23500 oder -22088, Fax: -21130.