[TU Berlin] Medieninformation Nr. 24 - 22. Januar 1998
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Akademischer Senat beschließt neue Struktur für die TU Berlin

Aus 15 Fachbereichen werden 8 Fakultäten

Der Akademische Senat (AS) der TU Berlin hat auf seiner gestrigen nicht-öffentlichen Sitzung eine neue Struktur für die TU Berlin beschlossen. Die Sitzung fand am Abend im Berliner Roten Rathaus statt, weil befürchtet werden mußte, daß sie wegen der Protestaktionen der Studierenden wieder abgebrochen werden muß. TU-Präsident Hans-Jürgen Ewers bedauerte es sehr, daß die Öffentlichkeit die Diskussion in einer für die Universität so wichtigen Angelegenheit nicht mitverfolgen könne. Doch sei es angesichts des Zeitrahmens, in dem die Vorschläge für die Strukturreform der TU Berlin dem Wissenschaftssenator vorgelegt werden müssen, notwendig, daß jetzt Entscheidungen getroffen werden. Insofern müsse eine Verzögerung durch eine weitere Sprengung von AS-Sitzungen vermieden werden. Nachträgliche Korrekturen der Vorschläge zur Strukturreform seien möglich, denn die Neustrukturierung der TU Berlin in acht Fakultäten sei nur der erste Schritt der Strukturreform, die insgesamt prozeßorientiert angelegt sei. In den weiteren Schritten würden nun die Erarbeitung der Ausstattungspläne für die Fakultäten, die Reformierung der Studiengänge und die Verwaltungsreform folgen.

In der Sitzung des AS wurden der Antrag der Mehrheitsfraktion (Unabhängige Hochschullehrer und unabhängige wissenschaftliche Mitarbeiter, RCDS und Liberale Mitte) und Anträge der Reformfraktion diskutiert.

Die Mehrheitsfraktion im Akademischen Senat blieb bei ihrem vor einer Woche vorgelegten Antrag zur neuen Fachbereichsstruktur. Das Papier sieht eine neue Gliederung der jetzt 15 Fachbereiche in acht Fakultäten vor, bei einer Professorenzahl von ca. 320. Die Geisteswissenschaften der TU Berlin finden sich in der Fakultät I wieder; die Chemie, Mathematik und Physik in einer Fakultät II (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät); die Energie- und Verfahrenstechnik, die Umwelttechnik, die Bio- und Lebensmitteltechnologie, die Lebensmittelchemie und die Werkstoffwissenschaften in der Fakultät III; die Elektrotechnik und die Informatik vereinigen sich in der Fakultät IV; die Fakultät V umfaßt Konstruktion und Produktion, Arbeitswissenschaften, Psychologie, Verkehrswesen und die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften; in der Fakultät VI sind das Bauingenieurwesen, das Vermessungswesen und die Angewandten Geowissenschaften untergebracht; die Fakultät VII umfaßt die Architektur, die Stadt- und Regionalplanung, die Landschaftsplanung und -architektur, die Ökologie sowie die Soziologie und die Fakultät VIII schließlich die Wirtschaftswissenschaften und Public Health.

Als Tischvorlage hatte die Reformfraktion gestern ein Papier vorgelegt, das erstmals von der gesamten Fraktion getragen wird. Dieser Vorschlag sieht ebenfalls eine Struktur der TU Berlin mit acht Fachbereichen vor und eine künftige Professorenzahl von 320.

Die Reformfraktion hat folgende Aufteilung der Fachbereiche vorgeschlagen: Im Fachbereich 1 sind die Geisteswissenschaften lokalisiert. Der Fachbereich 2 vereinigt Elektrotechnik und Informatik und der Fachbereich 3 Physik und Mathematik. Die Energie- und Verfahrenstechnik, die Umwelttechnik, die Gebäudetechnik, die Bio- und Lebensmitteltechnologie, die Lebensmittelchemie, die Werkstoffwissenschaften und die Chemie sind im Fachbereich 4 vereinigt. Im Fachbereich 5 sollen die Arbeitswissenschaften, Konstruktion und Produktion, die Psychologie sowie die Wirtschaftswissenschaften untergebracht werden. Bauingenieurwesen, die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften und das Verkehrswesen finden sich im Fachbereich 6 wieder. Fachbereich 7 vereinigt die Stadt- und Regionalplanung, die Landschaftsplanung, die Soziologie, Ökologie, die Angewandten Geowissenschaften und das Vermessungswesen. Architektur und Gesundheitswissenschaften (=Public Health) sind im Fachbereich 8 angesiedelt.

Die Sitzung des Akademischen Senats verlief in einer äußerst konstruktiven Atmosphäre. Wie in der Diskussion mehrfach betont wurde, weichen bei näherem Hinsehen die Vorschläge der Mehrheitsfraktion und die der Reformfraktion nur in wenigen Punkten voneinander ab. Kontrovers diskutiert wurde die Bildung einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät mit der Vereinigung von Mathematik, Physik und Chemie und die Zuordnungen des Bauingenieurwesens und der Planungs- und Geowissenschaften. Eine Einigung über diese Probleme konnte in der Sitzung nicht mehr erzielt werden.

Die Mehrheitsfraktion, die im AS insgesamt 13 Stimmen auf sich vereint, konnte sich mit ihrem Vorschlag mit insgesamt 13 Ja- und 11 Gegenstimmen (keine Enthaltung) durchsetzen. Prof. Dr. Kurt Kutzler, Sprecher der Mehrheitsfraktion, sicherte jedoch Diskussionsbereitschaft und Nachverhandlungen über die wesentlichen strittigen Punkte für die nächsten AS-Sitzungen zu.

Präsident Ewers begrüßte es, daß es zu einer Entscheidung im AS gekommen sei, auch wenn die nun beschlossene neue Struktur nicht in allen Punkten den ursprünglichen Vorstellungen des Präsidiums entspreche. Der Beschluß sei eine geeignete Basis für die weiteren Planungsschritte. Über die Zuordnung der Naturwissenschaften (Physik, Chemie) und der Mathematik könne man beispielsweise, so Ewers, tatsächlich geteilter Meinung sein. Einerseits läge die von praktisch allen gewollte Hinwendung der Naturwissenschaften an der TU Berlin zu den Ingenieurwissenschaften eine Zusammenfassung der einzelnen Naturwissenschaften mit potentiellen ingenieurwissenschaftlichen Anwendungsgebieten nahe. Andererseits seien Befürchtungen nicht von der Hand zu weisen, daß die Zusammenlegung der Naturwissenchaften, der Mathematik, aber auch der Wirtschaftswissenschaften mit anwendungsorientierten Fachbereichen die Abstrahlbreite dieser für alle oder doch die meisten Ingenieurwissenschaften als Innovationsmotor, Basiswissenschaft oder Ergänzungswissenschaft unerläßlichen Disziplinen an der TU Berlin unnötig vermindern könne. Im speziellen Fall der Naturwissenschaften sei zu beachten, daß sie als grundlagenorientierte Wissenschaften auch an der TU Berlin stark gehalten werden müssen, weil sie sich im Bundesvergleich als besonders leistungsfähig gezeigt haben und diese Position ohne Not nicht preisgegeben werden sollte. Schließlich könne man die gewünschte Einbindung der Naturwissenschaften, der Mathematik oder der Wirtschaftswissenschaften in ihre ingenieurwissenschaftliche Anwendungsgebiete auch auf andere Weise als durch Zusammenlegung in gemeinsame Fakultäten erreichen, indem man bei der Definition und Organisation von Studiengängen und Forschungsschwerpunkten deutliche Anreize in Richtung auf die gewünschte Integration setzt. Dies sei von ihm auch so gewollt.

Zum weiteren Procedere: Bis Ende März 1998 muß der Präsident die Vorschläge zur Strukturreform der TU Berlin dem Wissenschaftssenator vorlegen, von daher erklärt sich der enorme Zeitdruck für den inneruniversitären Entscheidungsprozeß. Wissenschaftssenator Radunski hat angekündigt, daß er den Wissenschaftsrat um Begutachtung der Strukturpläne der Berliner Hochschulen bitten wird. Auch das Kuratorium der TU Berlin muß über den Strukturvorschlag und über den Ausstattungsplan beschließen.


Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Dr. Kristina Zerges, Leiterin Presse- und Informationsreferat der TU Berlin, Tel.: 030/314-22919.