[TU Berlin] Medieninformation Nr. 263 - 16. November 1998
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TU-Studierende der Medizintechnik haben die Nase vorn

Fünf von neun Preisen bei DGBMT-Wettbewerb gewonnen

Bei den Olympischen Spielen wäre es mit drei Gold-, einer Silber und eine Bronzemedaille bei drei Disziplinen unangefochten Platz 1 in der Nationenwertung. Solch eine erfolgreiche Bilanz erreichten fünf Medizintechnikstudierende von Professor Dr.-Ing. Ulrich Boenick aus dem Institut für Mikrotechnik und Medizintechnik der TU Berlin beim DGBMT-Studentenwettbewerb. Dieser Wettbewerb wird alljährlich im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) durchgeführt. In der Kategorie "Technik in Diagnostik und Therapie” holten Sven Bock den 1. Preis und Zongwen Wendt den 3. Preis. Monika Hampke landete in der Kategorie "Bildgebende Verfahren und Bildbearbeitung” auf Platz 1. Stephan Schrader gewann die Konkurrenz in der "Herz- und Kreislauftechnik” vor dem Zweitplazierten Martti Naunin. Für jeden 1. Preis gab es jeweils 1.000,- DM, für den zweiten 600,- DM und für den dritten 400,- DM Preisgeld.

Neben der eingereichten Arbeit und dem Vortrag bewertete die Jury auch die Zeitdisziplin des Vortragenden und dessen Kompetenz in der Diskussion. Insgesamt hatten sich 38 Studierende aus ganz Deutschland an dem Wettbewerb beteiligt.

Sven Bock beschäftigte sich in seiner Studienarbeit mit Schädigungen von Marknägeln. Marknagelungen werden zur Behandlung von Knochenbrüchen vorgenommen. Dabei dienen geschraubte oder genagelte Implantate zur Fixerung der Knochenbruchstücke. Während des operativen Eingriffs kann es zu Beschädigungen der Marknägel kommen. Sven Bock hat festgestellt, daß diese Beschädigungen die Dauerfestigkeit der Marknägel erheblich beeinträchtigen und damit das Implantat versagen kann. Seine Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Biomechanischen Institut des Hennepin County Medical Center der Universität von Minnessota in Minneapolis.

Der 1968 in Berlin geborene Sven Bock, begann 1988 zunächst ein Studium der Physik an der TU Berlin, das er 1989 zugunsten einer Tätigkeit als Techniker bei der Braehler-Konferenztechnik Berlin aufgab. Seit 1992 studiert er Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Medizintechnik an der TU.

Ausgangspunkt für Monika Hampkes Arbeit, die in Zusammenarbeit mit der Fa. Mediport Consultund den University Hospitals of Cleveland/Ohio entstand, waren Methoden der künstlichen Erwärmung (Hyperthermie) von Körperpartien. Dadurch soll die Durchblutung gesteigert werden, was zum Beispiel bei nicht operablen Tumoren die Lebensqualität des Patienten deutlich verbessern kann. Bekannte Methoden sind die Anwendung von Ultraschall und von Lasergeräten, wobei der Erwärmungseffekt in der Tiefe des Gewebes über die Kernspintomographie überwacht wird. Diese Überwachungsmethode hatte bisher den Nachteil, daß nur eine qualitative Temperaturveränderung zu erkennen war. Das besondere an Monika Hampkes Arbeit ist, daß die Kernspintomographie nun erstmals für eine genaue Ermittlung der Temperaturverteilung genutzt wird. Aus den Bilddaten errechnet die TU-Studierende die Temperaturwerte im Gewebe. Eine Messung durch andere, nur oberflächlich wirkende Geräte entfällt.

Monika Hampke, 1968 in Berlin geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Radiologieassistentin und war anschließend in diesem Beruf tätig. 1992 nahm sie ein Maschinenbaustudium mit der Fachrichtung Medizintechnik auf. Derzeit schreibt sie an ihrer Diplomarbeit.

Herzinfarkte entstehen durch die Verengung von Herzkranzgefäßen. Als Gegenmaßnahme werden entweder Medikamente verordnet, dem Patienten ein Bypass angelegt oder die Gefäße mit Hilfe eines Ballonkatheters erweitert. Bei der Behandlung mit einem Katheter kommt es jedoch in 30 Prozent der Fälle an der gleichen Stelle wieder zu einer Verengung. Abhilfe versprechen sogenannte Endoprothesen, diese röhrenförmige Drahtgestelle werden auch als Stents bezeichnet. Diese Stents verbleiben dauerhaft in den Gefäßen und reduzieren so die Gefahr einer neuerlichen Verengung. Stephan Schrader hat in Zusammenarbeit mit dem Heart System Research Center des Technion Haifa (Israel) verschiedene Stent-Modelle hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften untersucht, unter anderem wie sie auf Druckerhöhung im Blutgefäß reagieren.

Stephan Schrader, 1974 in Dresden geboren, ist der jüngste der fünf TU-Preisträger. Insgesamt drei seiner dreizehn Schuljahre verbrachte er in den USA. Seit 1994 studiert er Maschinenbau mit der Fachrichtung Medizintechnik an der TU Berlin.

Martti Naunin hat sich in Zusammenarbeit mit der Bioengineering Unit der University of Strathclyde (UK) mit der Herstellung von künstlichen Herzklappen aus biologischen Materialien beschäftigt. In der Vergangenheit hat sich Perikard (Gewebe des Herzbeutels) als ein geeignetes Material erwiesen. Bevorzugt wurde bisher Rinderperikard. Seit dem Auftreten von BSE in britischem Vieh wird jedoch nach einem Ersatz gesucht. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auf humanes Gewebe und Schweineperikard. Martti Naunin hält aufgrund seiner Untersuchungen beides für einen möglichen Ersatzstoff, doch müßten die abweichenden mechanischen Eigenschaften in der Klappenkonstruktion berücksichtigt werden.

Der 1972 in Berlin geborene Martti Naunin besitzt die deutsche und die finnische Staatsbürgerschaft. Bevor er 1992 sein Studium des Maschinenbaus mit der Fachrichtung Medizintechnik an der TU Berlin aufnahm, absolvierte er seinen Wehrdienst bei der finnischen Armee in Helsinki. Sein Vater Dietrich Naunin ist Professor für Elektronik an der TU Berlin.

Um die invasive Blutdruckmessung - hier wird der Blutdruck direkt in der Arterie gemessen, eine gegenüber der äußeren Blutdruckmessung mit Druckluftmanschetten wesentlich genauere Methode - ging es in der Arbeit von Frau Zongwen Wendt. Mit sogenannten externen Einwegtransducern wird bei dieser Methode der Druck über eine Flüssigkeitssäule im Katheter gemessen. Diese Blutdruckmeßtechnik spielt insbesondere bei der Narkose und in der Intensivmedizin eine wichtige Rolle. Jedoch wird die Qualität und die Aussagefähigkeit des Signals, das bei der Druckmessung ermittelt wird, vom Übertragungsverhalten des Meßsystems beeinflußt. Frau Wendt hat nun ein analytisches Modell entwickelt, mit dem das Übertragungsverhalten berechnet werden kann. Die in der Entwicklung neuer Systeme notwendige und aufwendige Messung des Einflusses zusätzlicher Systemkomponenten entfällt. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit einer Berliner Medizintechnik-Firma.

Zongwen Wendt, 1966 geboren, absolvierte von 1984 bis 1989 ein Studium der Elektrotechnik mit Schwerpunkt Biomedizinische Technik an der Tsinghua Universität in Beijing/China. Anschließend arbeitete sie als Entwicklungsingenieurin in China. Im Mai 1991 begann sie ein Maschinenbaustudium mit der Fachrichtung Medizintechnik an der TU Berlin, das sie im Januar dieses Jahres abschloß. Inzwischen ist Frau Wendt als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Mikrotechnik und Medizintechnik der TU Berlin tätig.


Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Prof. Dr.-Ing. Ulrich Boenick oder Marc Kraft, Institut für Mikrotechnik und Medizintechnik der TU Berlin, Tel: 030/314-23388 oder -21608, E-Mail: marc@bmt1.kf.tu-berlin.de