[TU Berlin] Medieninformation Nr. 45 - 27. Februar 1998
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Leben und Wirken jüdischer Betriebswissenschaftler an der TH Berlin

DFG-Forschungsprojekt veranstaltet Forschungskolloquium
Einladung zur Pressekonferenz

Die Diskriminierung und Vertreibung der jüdischen Wissenschaftler von deutschen Hochschulen in Folge der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 ist eines der dunkelsten Kapitel der Universitätsgeschichte in Deutschland. Auch die Technische Hochschule Berlin, Vorgängereinrichtung der Technischen Universität Berlin, machte hier keine Ausnahme.

Für die Mitarbeiter am Produktionstechnischen Zentrum, das gemeinsam vom TU-Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik und dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik gebildet wird, ist die Aufarbeitung dieser Epoche von besonderem Interesse. Denn die Wurzeln dieser Einrichtung gehen zurück zum Maschinenbauer Professor Georg Schlesinger und dem von ihm 1904 an der TH Berlin gegründeten Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen, Fabrikanlagen und Fabrikbetriebe. Durch seine grundlegenden Arbeiten erwarb sich Schlesinger in den 1920er Jahren den Ruf eines Vorkämpfers der Rationalisierung und deutschen Pioniers in der Produktionstechnik. Er gilt außerdem als Begründer der deutschen Betriebswissenschaft. 1933 traf ihn der Bannstrahl des NS-Regimes: Weil er Jude war, wurde er aus dem Hochschuldienst entlassen. Im selben Jahr mußte er für neun Monate in Untersuchungshaft; engste Mitarbeiter seines Lehrstuhls hatten ihn der Unterschlagung, Werkspionage und des Hochverrats verdächtigt. 1934 verließ Schlesinger mit seiner Familie Deutschland. Zunächst emigrierten sie nach Zürich, später nach Brüssel und schließlich nach England.

Um sein Leben und Wirken sowie das der anderen jüdischen Betriebswissenschaftler am von Schlesinger gegründeten TH-Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb geht es in dem Forschungskolloquium "Leben und Wirken jüdischer Betriebswissenschaftler", das vom gleichnamigen, 1997 eingerichteten Forschungsprojekt veranstaltet wird. Insbesondere die wissenschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung des Schlesinger-Lehrstuhls zur Weimarer Zeit und die Ereignisse von 1933 als Bruch in den Lebensläufen der untersuchten Wissenschaftler werden hier untersucht. Weitere Schwerpunkte sind die Möglichkeiten des wissenschaftlichen Neuanfangs der Forscher und die inhaltlichen Kontinuitäten und Diskontinuitäten in den Forschungsarbeiten in der Emigration. Leiter des Projekts, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird, sind Prof. em. Dr. h.c. mult. Dr.-Ing. Günter Spur, langjähriger Leiter des PTZ, und Prof. Dr. Dr. Wolfram Fischer, FU Berlin. Das Kolloquium dient als Arbeitssitzung, bei dem erste Zwischenergebnisse vorgestellt werden, aber auch Wege der weiteren Forschungsrichtung erörtert werden sollen.

Dazu wird eine Pressekonferenz veranstaltet, zu der wir Sie hiermit herzlich einladen.

Zeit: am Donnerstag, dem 5. März 1998, 9.00 Uhr
Ort: Produktionstechnisches Zentrum, Raum 002 (im Foyer), Pascalstr. 8-9, 10587 Berlin


Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Prof. Günter Spur oder Dr. Joachim Ebert, Produktionstechnisches Zentrum, Tel.: 030/39006-166 bzw. -312, Fax: 030/391 10 37.