[TU Berlin] Medieninformation Nr. 182 - 22. September 1999
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Brennendes Eis aus den Tiefen des Meeres

Expertengruppe Gashydrate des Ocean Drilling Program (ODP) trifft sich an der TU Berlin

Einladung zum Pressegespräch

In den Tiefen der Weltmeere befinden sich viele Dinge, die noch darauf warten, vom Menschen erforscht zu werden. So fand man vor rund 20 Jahren etwas im Tiefseeboden, das die Neugier von Forschung, Entwicklung und Wirtschaft geweckt hat: marine Gashydrate, auch brennendes Eis genannt. Dies war eine unerwartete Entdeckung. Zwar hatte man künstliche Gashydrate bereits Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckt, doch mit natürlich vorkommenden Gashydraten hatte man nicht gerechnet.

Gashydrate sind Gebilde aus Gas und Wasser, die bei niedriger Temperatur und hohem Druck, wie sie in der Tiefsee herrschen, entstehen und zu einer festen Masse werden. Dabei bildet das Wasser eine Art Käfig - sogenannte Kladrate -, die jeweils ein Gast-Atom, bei natürlichen Gashydraten meist Methan, beherbergen.

In der Erdgasindustrie kennt man künstliche Gashydrate seit langem. Sie haben eine unerwünschte Wirkung bei Erdgasleitungen: Wird wasserdampfhaltiges Erdgas unter hohem Druck durch eine Pipeline gejagt, sorgen entstehende Gashydrate für Verstopfungen der Röhren. Ein unangenehmer Kostenverursacher, dem durch entsprechende Untersuchungen auf den Grund gegangen wurde. Im Gegensatz dazu ist über die Bildung und Verbreitung der natürlichen Gashydrate im Meeresboden nur wenig bekannt. Man vermutet in der Tiefsee eine große Masse dieser Verbindungen, die alle bekannten Vorkommen organischer Kohlenstoffverbindungen um mehr als das doppelte übertreffen.

Derzeit werden Überlegungen angestellt, wie man die Gashydrate als Energiequelle künftig nutzen könnte. Allerdings weiß man heute noch nicht, wie man sie in großer Menge bergen könnte, denn bei Druckentlastung zerfallen sie, wobei sich das Gas verflüchtigt und das Wasser eine Pfütze hinterläßt. Gelingt es doch, ein solches Stück an die Oberfläche zu bekommen, kann man einen interessanten Effekt beobachten: Die festen Stücke brennen, wenn man sie anzündet. Daher stammt auch der Name "brennendes Eis".

Ungeklärt ist auch die Bedeutung der Gashydrate für das Weltklima - Methan ist ein Treibhausgas. Marine Georisiken, wie zum Beispiel die Auslösung von Unterwasser-Hangrutschen (Turbiditen), wird auf zerfallende Gashydrate zurückgeführt. Einen anderen Effekt vermuten Wissenschaftler bei Ölbohrungen im Meer. Bei den Bohrungen kann es nämlich passieren, daß Bohrlöcher aus bisher unbekannten Gründen zerstört werden. Nun wird spekuliert, ob es an Gashydraten liegt, die durch Änderungen der Temperatur oder des Drucks beim Bohren zerfallen und so den Boden destabilisieren. Ähnlich wie bei einer Hangrutschung wird die Bohrung dann verschüttet.

Mit Fragen über zukünftige Forschungsstrategien sowie Möglichkeiten zur Bergung und Erkundung der Gashydrate beschäftigen sich die 1997 gebildete Expertengruppe Gashydrate des internationalen Ocean Drilling Program (ODP) sowie zahlreiche Experten, die sich vom 26. bis 30. September 1999 beim Fachgebiet Maritime Technik an der Technischen Universität Berlin treffen. Ein Thema wird die zukünftige Nutzung von HYACE (HYdrate Autoclave Coring Equipment system). Hinter HYACE verbergen sich Probenahme- und Meßsysteme, die im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes derzeit von acht Firmen und Instituten aus sechs EU Staaten unter der Leitung von Professor Dr. Hans Amann vom TU-Institut für Schiffs- und Meerestechnik entwickelt werden.

Die Veranstalter möchten Sie hiermit herzlich zu einem Pressegespräch einladen.

Zeit: am Dienstag, dem 28. September 1999, 10.00 bis 11.00 Uhr

Ort: TU Berlin, Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau, Foyer, Müller-Breslau-Straße (Schleuseninsel), 10623 Berlin

Es werden Ihnen zur Verfügung stehen:


Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Professor Dr. Hans Amann, Fachgebiet Maritime Technik der TU Berlin, Tel.: 030/311 84-220, Fax: -200, E-Mail: amann@vws.tu-berlin.de