[TU Berlin] Medieninformation Nr. 203 - 15. Oktober 1999
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TU Berlin ehrt ihre ehemaligen Hochschullehrer Professor Oswald Mathias Ungers und Professor Stefan Polónyi mit der Ehrendoktorwürde

Die Technische Universität Berlin nimmt die Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Bauakademie und dem 100. Jahrestag der Verleihung des Promotionsrechts an die Technischen Hochschulen in Preußen zum Anlass, zwei herausragenden Fachleuten und ehemaligen TU-Hochschullehrern den Titel "Doktor der Ingenieurwissenschaften Ehren halber" (Dr.-Ing. E. h.) zu verleihen. Professor Oswald Mathias Ungers, kurz "O.M.U." genannt, ist einer der bedeutendsten deutschen Architekten der Nachkriegsgeneration. Als das Vorbild des "Entwerfenden Ingenieurs" gilt der Bauingenieur Professor Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Stefan Polónyi.

Professor Oswald Mathias Ungers

Architektur als kulturelle Verantwortung und humanistische Tradition

Oswald Mathias Ungers, 1926 in Kaisersesch geboren, studierte 1947 bis 1950 Architektur bei Egon Eiermann und Otto Ernst Schweizer an der TH Karlsruhe. Danach eröffnete er ein eigenes Architekturbüro in Köln und machte alsbald mit Mehrfamilienhäusern und Apartmentkomplexen von sich reden. Schon in diesen Bauten spiegelte sich der neue architektonische Anspruch von Ungers wider: Einfach und auf das Wesentliche konzentriert, aber dennoch komplex, so sahen die Arbeiten des jungen Architekten aus. Ungers wollte weder eine rein funktionalistische noch eine postmoderne Architektur. Für ihn standen und stehen die kulturelle Verantwortung und die humanistische Tradition des Bauens und Denkens im Vordergrund. In einer Zeit, in der Deutschland gerade das Wirtschaftswunder erlebte, stieß dieser Ansatz nicht nur auf positive Resonanz. Ungers, der seine Vorstellungen in der ihm eigenen Kompromisslosigkeit vertrat, wurde zu einer kontroversen Figur. Dagegen fand seine Arbeit im Ausland großen Anklang, erst später wurde ihm auch in seiner Heimat die entsprechende Beachtung geschenkt. Das Architekturmuseum in Frankfurt, die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe und in Berlin die Messehallen und das Familiengericht gehören zu seinen bedeutendsten Bauten.

Die TU Berlin als Wurzel der akademischen Tätigkeit

Die ersten, die von "O.M.U." in den Bann gezogen wurden, waren die jungen Architekten. Als Hochschullehrer wirkte Ungers im In- und Ausland, etwa in den USA an der Cornell University oder der Kunstakademie in Düsseldorf. Seine Schüler, wie zum Beispiel Hans Kollhoff oder Rem Koolhaas, sind heute selbst international renommierte Architekten. Die Wurzeln seiner akademischen Tätigkeit liegen allerdings in Berlin. Mit der Stadt verbindet Ungers eine Art Hassliebe. Von 1963 an war er sechs turbulente, aber sehr fruchtbare Jahre lang als Architektur-Professor an der TU Berlin tätig. Obwohl Ungers an anderen Schulen weitaus länger gelehrt hat, gilt die TU Berlin als seine Schule. Die Ehrendoktorwürde, die ihm die TU Berlin nun verleiht, trägt dem Rechnung.

Professor Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Stefan Polónyi

Die kulturelle Verpflichtung des Ingenieurs

Der 1930 in Gyula/Ungarn geborene Bauingenieur Stefan Polónyi studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Budapest. Nach einer vierjährigen Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Budapest ging er 1956 nach Köln, um ein Jahr später sein eigenes Ingenieurbüro zu eröffnen. Polónyi verstand dabei die Arbeit des Ingenieurs nie als die eines technokratischen Handlangers, sondern als konstruktiven Ingenieurbau. Der temperamentvolle Querdenker verwies stets auf die kulturelle Verpflichtung des Ingenieurs und setzte dies konsequent bei seinen Entwürfen um. Dieses Verschmelzen der naturwissenschaftlichen und intuitiven Einflüsse zeigt sich etwa bei der Glashalle auf der Leipziger Messe oder bei der Kirche St. Suitbert in Essen-Überruhr, die er zusammen mit dem Architekten Josef Lehmbrock entwarf.

Kühne Ideen bei Faltwerk- und Schalenkonstruktionen

Die Schale der Kirche, die aus Spritzbeton hergestellt wurde, brachte ihm 1965 die Professur für Tragwerkslehre an der TU Berlin ein. Auch als Hochschullehrer blieb er seiner Linie treu. Am Institut für Modellstatik, das er an der TU aufbaute, wurden kühne Ideen, insbesondere von Faltwerk- und Schalenkonstruktionen, in baureife Vorhaben umgesetzt. Ein Beispiel ist das 1971 fertiggestellte Keramion in Frechen. Ein Jahr später ging Polónyi an die Universität Dortmund, an der er maßgeblich an der Gründung der Abteilung Bauwesen und der Entwicklung des sogenannten "Dortmunder Modells", der gemeinsamen Ausbildung von Ingenieuren und Architekten, beteiligt war. Auch als Ingenieur war er weiter tätig, so etwa zusammen mit Oswald Mathias Ungers 1983 beim Bau der Galeria Messe in Frankfurt. 1995 wurde Polónyi in Dortmund emeritiert. Die weltweite Anerkennung, die Stefan Polónyi genießt, zeigt sich unter anderem in den zahlreichen Auszeichnungen, die er erhalten hat. Die Würde eines "Dr.-Ing. E. h.", die ihm die TU Berlin nun verleiht, ist der dritte Ehrendoktortitel für ihn. Zuvor hatten ihm bereits die Technische Universität Budapest und die Gesamthochschule/Universität Kassel diesen Titel verliehen.


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