Wer bei dieser Schlüsseltechnologie nicht vorne dabei sei, werde auch in anderen Feldern zweitklassig werden, betonte Prof. Heinrich C. Mayr, Präsident der Gesellschaft für Informatik e.V.
Deutschland müsse daher die Softwaretechnik offensiv und in allen Bereichen vorantreiben. Dazu müssten Forschung und Ausbildung auf höchstem Niveau ermöglicht, Nachwuchswissenschaftler gefördert, aber etwa auch ein fundiertes Know-how in patentrechtlichen Fragen aufgebaut werden. Dies gelte in ähnlicher Weise auch für andere europäische Länder, insbesondere für Österreich und die Schweiz.
Mayr forderte deshalb eine verstärkte Förderung der Softwareforschung in Deutschland. Er bezog sich dabei auf den "PITAC-Report" an den US-Präsidenten, in dem Experten empfahlen, die Softwareforschung zum elementaren Bestandteil jeder größeren staatlichen IT-Forschungsinitiative zu machen und den Etat für Grundlagenforschung in wichtigen Informatikthemen, insbesondere der Softwaretechnik, zu verfünffachen.
"Die USA haben die Bedeutung der Softwaretechnik für die Zukunft ihrer Volkswirtschaft erkannt und mit der Umsetzung des PITAC-Reportes bereits begonnen. Auch wir müssen nun alle verfügbaren Kräfte konsequent koordinieren und konzentrieren." Nur so könne man den sich abzeichnenden Wettbewerbsnachteilen entgehen, betonte Mayr.
"Dabei," so Mayr, "geht es hier nicht allein um wirtschaftlich unmittelbar verwertbare Forschungsergebnisse, sondern auch um die längerfristig angelegte Grundlagenforschung". Die Konzentration auf strategische Leitprojekte sei die einzige Möglichkeit, um in einigen Bereichen Spitzenstellungen zu erlangen.
Das mühsam Erreichte drohe allerdings wieder verloren zu gehen, wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufgrund von besseren Zukunftsperspektiven ins angelsächsische Ausland abwanderten. "Wir brauchen dringend Anreize, die unserem sehr guten Nachwuchs eine Karrierechance an unseren Hochschulen in Deutschland eröffnen", sagte Stefan Jähnichen vom Institut für Softwaretechnik an der TU Berlin.
Die Lösung bestehe in einer Strukturreform des deutschen Hochschulsystems, bei der die universitäre Forschung wieder einen wesentlich höheren Stellenwert haben müsse, so Mayr weiter.
Die jetzt in Gang gebrachten Initiativen des BMBF zeigten zwar das vorhandene Problembewusstsein der Regierung auf, sie seien aber noch nicht ausreichend, um den Nachwuchs schnell genug auszubilden, international führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern attraktive Arbeitsbedingungen für ihre Forschung in Deutschland zu bieten und so Forschungsleistungen im erforderlichen Umfang zu ermöglichen.
"Der hier propagierte `Zukauf von Lehrpersonal aus dem Ausland´ und die Einrichtung von Überbrückungsprofessuren für deutsche Rückkehrer lösen nicht die Strukturprobleme, mit denen wir speziell in der Informatik an den deutschen Hochschulen zu kämpfen haben", so Jähnichen.
Im Sinne einer florierenden Softwaretechnik setzt Mayr u.a. darauf, dass auch Informatiker und Informatikerinnen zunehmend etwas von Patentfragen verstünden. Die GI werde daher in Zusammenarbeit mit der Deutschen Informatik-Akademie (DIA) geeignete Seminare für Praktiker und Praktikerinnen sowie Hochschuldozenten und -dozentinnen entwickeln und so einen Multiplikatoreffekt erzeugen: Die Anmeldung einer patentierfähigen Erfindung dürfe jedenfalls in Zukunft für keine Informatikerin und keinen Informatiker mehr eine Hürde darstellen.
Mayr nachdrücklich: "Die Informatik ist eine Querschnittsdisziplin mit formal-, gesellschafts- und vor allem ingenieurswissenschaftlichen Zügen. Sie muss daher auch das Instrument der Patentierung ihrer Erfindungen beherrschen."
Nur so komme Deutschland in die Medaillenränge, resümierte Mayr.