[TU Berlin] Medieninformation Nr. 76 - 20. April 2001 - Bearbeiter/in: stt
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Erlebnispädagogik auf dem Reiterhof

Erstmalig bot die TU Berlin ein viersemestriges Theorie-Praxis-Seminar zu Therapiemöglichkeiten mit Pferden an / Präsentation am 26. April 

Stallgeruch an der Uni? Den Duft von Pferden, Ziegen und Hunden konnten Sozialpädagogik-Studierende an der TU Berlin in den vergangenen vier Semestern oft wahrnehmen. Immer dann nämlich, wenn sich Dipl.-Sozialpädagogin Konstanze Schleehauf verbunden mit praktischen Einheiten mit den Teilnehmerinnen ihres Theorie-Praxis-Seminars "Pädagogische Arbeit mit dem Medium Pferd - Heilpädagogisches Voltigieren und Reiten" traf. Am 26. April wollen sie die Ergebnisse ihrer Projekte vorstellen: Von Erlebnispädagogik mit Pferden auf einem Reiterhof und auf dem Kinderbauernhof der Schreberjugend in Kreuzberg wird da die Rede sein und von pädagogischer Arbeit mit Schulverweigerern auf einem Ponyhof im Landkreis Oberhavel. Dort soll dem TU-Projekt der Aufbau eines für den Landkreis einmaligen Angebotes folgen.

"Das Heilpädagogische Voltigieren und Reiten (HPVR) ist nur ein Teilbereich des Therapeutischen Reitens", erklärt die Seminarleiterin Konstanze Schleehauf. Sie ist durch eine Zusatzausbildung vom Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) zur so genannten HPVR-Arbeit autorisiert. "Es geht nicht nur um bewegungstherapeutische Maßnahmen und um das Reiten als Behindertensport. Vielmehr arbeiten qualifizierte Pädagogen und Psychologen mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in psychischen Konfliktsituationen oder mit Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensauffälligkeiten." Das soziale Lernen, gegenüber dem Partner Pferd und auch gegenüber anderen Gruppenmitgliedern, sei ein Schwerpunkt dieser Arbeit. Das Pferd spiele die Vermittlerrolle und könne daher auch Möglichkeiten bei Menschen eröffnen, bei denen andere therapeutische Methoden versagt haben. In Berlin gibt es bislang nur zwei Einrichtungen, die im Sinne des Kuratoriums für HPVR anerkannt sind: das Evangelische Johannesstift in Spandau und der Don-Bosco-Ponyhof in Zehlendorf. Für das Institut für Sozialpädagogik (Fakultät 1) war das Angebot der diplomierten Pferdefreundin ebenfalls neu. Reitbegeisterte Sozialpädagogik-Studentinnen hatten die Idee, mit Konstanze Schleehauf das innerhalb des Studiums obligatorische Theorie-Praxis-Seminar aufzubauen. Tatsächlich bekam Frau Schleehauf, die ihre Doktorarbeit über Pferde-gestützte Therapie bei Mädchen mit Gewalterfahrung schreibt, den Lehrauftrag über vier Semester. Im ersten Semester vermittelte die Sozialpädagogin den Studentinnen theoretisch-wissenschaftliche Grundlagen. Im zweiten konnten die Teilnehmerinnen durch Hospitationen bei heilpädagogischen Reitgruppen eigene Erfahrungen sammeln. Für die Nutzung der Pferde beim Reitprojekt Ira im Spandauer Johannesstift, in dem Konstanze Schleehauf ihre Therapiearbeit durchführt, zahlten die Studentinnen in Naturalien: Gemeinsam misteten sie aus, halfen bei der Pferdepflege und entlasteten damit das Personal. Im zweiten und dritten Semester ging es an den Aufbau der Projekte. Mit einer Schülergruppe vom "Förderzentrum Schule am Senefelderplatz", machten die Studentinnen eine einwöchige Schülerreise auf den Ponyhof Neuholland nördlich von Berlin. Dafür stellte die Schule Sachmittel wie Spiel- und Bastelmaterial und einen Voltigiergurt zur Verfügung. Die Kinder sollten hier Nicht-Alltägliches erleben und Verantwortung für den Partner Pferd übernehmen. Das zweite Projekt begann im November 2000: Sechs Jungen im Grundschulalter aus Pankow kommen wöchentlich einmal per Schulbus auf den Reiterhof. Es sind schuldistanzierte Kinder, Schulverweigerer, Kinder, die aufgrund ihres Sozialverhaltens nicht in Klassenverbände integrierbar sind. "Wir arbeiten hier besonders erfolgreich am Abbau von Spannungen und Aggressionen und an der Stärkung des Selbstwertgefühls", erzählen die Initiatorinnen Julia Steinbach und Ingrid Lassonczyk. "Es ist sehr auffällig, welch großes Interesse diese Jungen an den Pferden haben, wie nett sie mit ihnen umgehen. Die Jungen nutzen die Möglichkeiten zum Körperkontakt sehr stark. Diese Erscheinungen müssen wir als Pädagoginnen nutzen, um über das Pferd zu dem Kind eine Beziehung aufzubauen."

Das Projekt läuft noch bis zu den Sommerferien und wird anschließend in Diplomarbeiten ausgewertet. Ein besonderer Erfolg: Der Ponyhof ist sehr daran interessiert, das studentische Projekt als ständiges Angebot ins Programm aufzunehmen.

Patricia Pätzold-Algner

Am 26. 4.2001 präsentieren die Gruppen ihre Arbeit und die Ergebnisse im Raum 4040 D im Franklin-Gebäude der TU Berlin, Franklinstraße 28/29, 10587 Berlin um 18.00 Uhr. Weitere Informationen erhalten Sie von Diplom-Sozioliapädagogin Konstanze Schleehauf, Tel.: 030 / 612 35 32 oder über das Sekretariat des Institutes für Sozialpädagogik, Fakultät 1, Tel.: 030 / 314-73 267 oder -73443.