[TU Berlin] Medieninformation Nr. 207 - 4. Oktober 2002 - Bearbeiter/in: caba
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20 Jahre Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin

Festveranstaltung und Wissenschaftliche Konferenz / Einladung

Das Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin ist die einzige und zentrale Einrichtung ihrer Art in Europa. In diesem Herbst nun feiert dieses einzigartige Zentrum sein 20-jähriges Bestehen. 1978 hatte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Dietrich Stobbe, in einer Rede anlässlich des 40. Jahrestages des Pogroms vom 9. November 1938, die Gründung eines Instituts für Antisemitismusforschung an der TU Berlin angekündigt. Er folgte damit einer gemeinsamen Initiative des TU-Präsidenten Rolf Berger und des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Heinz Galinski. Im Juni 1982 nahm Professor Dr. Herbert A. Strauss von der City University, New York, seine Tätigkeit als Gründungsleiter des Zentrums auf und hielt am 9. November 1982 seine Antrittsvorlesung zu "Antisemitismusforschung als Wissenschaft". Damit war die Gründung des Zentrums für Antisemitismusforschung offiziell.

Das Jubiläum wird am 24. Oktober 2002 mit einem Festakt in der Technischen Universität Berlin begangen. Eröffnet wird die Festveranstaltung von Prof. Dr. Wolfgang Benz, seit 1990 Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung. Prominente Rednerinnen und Redner wie zum Beispiel Prof. Dr. Rita Süssmuth, ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages, oder Dr. Shimon Stein, Botschafter des Staates Israel, werden die Arbeit des Zentrums würdigen. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung vom "Trio Ziegler-Zrenner-Hien". Dem Festakt schließt sich am 24. und 25. Oktober 2002 eine Konferenz an, die sich mit der Verankerung der Antisemitismus- und Vorurteilsforschung in den verschiedenen Wissenschaften und akademischen Disziplinen beschäftigen soll. Das Interesse der Konferenz gilt der Frage, wie die Wissenschaften Antisemitismus als Forschungsgegenstand reflektieren, wo sich Fragestellungen und Themenkomplexe überschneiden und sinnvoll ineinander greifen. 

Wir möchten Sie herzlich zum Festakt und zur wissenschaftlichen Konferenz einladen. Bitte weisen Sie auch in Ihrem Medium auf diese Veranstaltungen hin:

Zeit: Festakt: Donnerstag, dem 24. Oktober 2002, 10.00 Uhr, Konferenz: Beginn 24. Oktober 2002, 14.00 Uhr
Ort: TU Berlin, Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, Senatssitzungssaal H 1035, 10623 Berlin

Die Erforschung des Antisemitismus dient auf Grund der langen Geschichte der Judenfeindschaft, ihrer vielfältigen Erscheinungsformen und ihrer katastrophalen Wirkungen als Paradigma für die wissenschaftliche Beschäftigung mit vergleichbaren historischen und aktuellen Problemen. Die Konferenz wird sich mit dem Beitrag befassen, den die verschiedenen Wissenschaften und akademischen Disziplinen für die Antisemitismus- und Vorurteilsforschung erbringen. 

Will sie die Breite der religiösen, sozialen und kulturellen Ursachen sowie Ausprägungen des Antisemitismus erfassen, muss die Antisemitismusforschung notwendig interdisziplinär vorgehen. Die Religionswissenschaft, Geschichte und Sozialwissenschaften, die Ethnologie, Kunstgeschichte und Volkskunde, die Philosophie und Literaturwissenschaft sowie neuere reflexive Disziplinen wie Wissenschafts- und Medizingeschichte nähern sich diesem Themenfeld mit ihren je spezifischen Fragestellungen und Methoden. Als wichtige Prämisse innerhalb dieser interdisziplinären Antisemitismusforschung kann deshalb gelten, dass die einzelnen Disziplinen dabei ihre Eigenart nicht aufgeben, sondern sie im Interesse komplexer Erklärungen gezielt einsetzen sollten. Auf der Konferenz werden verschiedene Disziplinen ihre Forschungsgeschichte, ihre Methoden und aktuellen Schwerpunkte präsentieren.

Der Antisemitismus kann aufgrund seiner langen Existenz und seiner vielfältigen Erscheinungsweisen als das Paradigma für die Erforschung von sozialen Vorurteilen und Gruppenkonflikten gelten. Mit den gegenwärtigen weltweiten Wanderungsbewegungen und mit der Neuformierung von Gesellschaften mit großen ethnischen Minderheiten in Europa wiederholen sich strukturell viele Konflikte und Problemstellungen, die wir aus der Geschichte des Zusammenlebens von Juden und Nichtjuden kennen. Gerade deshalb kann sich das Zentrum für Antisemitismusforschung nicht auf den engeren Forschungsgegenstand beschränken, es versteht sich vielmehr als zentraler Ort für allgemeine und übergreifende Forschungen zu Vorurteil und Diskriminierung, zu allen Formen gewaltsamer Verfolgung von ethnischen Gruppen bis hin zum Völkermord, zu Migrationsprozessen und Minoritätenkonflikten, zur Geschichte diskriminierter Minderheiten, zu ethnozentrischem politischen Extremismus. Der Begriff des Antisemitismus muss deshalb im Sinne einer Forschungsstrategie erweitert werden und die genannten Phänomene einbeziehen. 

Das Zentrum für Antisemitismusforschung, das in die akademische Lehre eingebunden ist, wird in einem hohen Maß auch als eine öffentliche Institution verstanden, die weit über den Rahmen eines Universitätsinstituts hinaus Dienstleistungen und Aufklärungsarbeit für die Öffentlichkeit erbringt.

 

Programm Festakt / Wissenschaftliche Konferenz am 24. und 25. Oktober 2002

 

Festakt am 24. Oktober 2002, 10.00 Uhr

Eröffnung 
Prof. Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung: Zwanzig Jahre Zentrum für Antisemitismusforschung
Grußworte
Prof. Dr. Kurt Kutzler, Präsident der TU Berlin
Prof. Dr. Peter Erdmann, Dekan der Fakultät I
Dr. Shimon Stein, Botschafter des Staates Israel
Dr. Alexander Brenner, Jüdische Gemeinde zu Berlin
Romani Rose, Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
Prof. Dr. Barbara John, Ausländerbeauftragte des Senats von Berlin
Prof. Dr. Rita Süssmuth, Ehem. Präsidentin des Deutschen Bundestages
Festvortrag
Edzard Reuter: Wissenschaft im Dienst der Gesellschaft. Antisemitismusforschung als Herausforderung und Notwendigkeit.

Musikalische Gestaltung: "Trio Ziegler-Zrenner-Hien"

 

Konferenz am 24./25. Oktober 2002

Donnerstag, 24. Oktober 2002

Einführungsvortrag

14.00 Uhr Zur Grundschrift von Antijudaismus und Antisemitismus. Eine religionsgeschichtliche und ethnopsychoanalytische Annäherung, Franz Maciejewski, Heidelberg

14.30 Uhr Von der Schwierigkeit, sich von sich zu unterscheiden. Zum Umgang mit Judenfeindschaft in der Theologie, Ekkehard Stegemann, Basel

15.00 Uhr Diskussion

Pause

16.00 Uhr Die moderne Gesellschaft und ihre Krisen. Zur Entwicklung der historischen Antisemitismusforschung, Reinhard Rürup, Berlin

16.30 Uhr Zwischen Wissenschaft und Antisemitismus. Ärztliche Kritik an jüdischen Riten, Klaus Hödl, Graz

17.00 Uhr Starker Auftakt - schwach im Abgang. Antisemitismusforschung in den Sozialwissenschaften, Werner Bergmann, Berlin

17.30 Uhr Diskussion

 

Freitag, 25. Oktober 2002

9.30 Uhr "Zerfetzende Wirkungen des jüdischen Geistes". Von den Schwierigkeiten der Volkskunde mit den Juden, Christoph Daxelmüller, Würzburg

10.00 Uhr "Der Blick des Max Liebermann". Antisemitismusforschung in der Kunstgeschichte zwischen Ikonographie und Fachgeschichte, Michaela Haibl, Augsburg

10.30 Uhr Judenrollen und Bühnenjuden. Antisemitismus im Rahmen theaterwissenschaftlicher Alteritätsforschung, Hans-Peter Bayerdörfer, München

11.00 Uhr Diskussion

Mittagspause

13.00 Uhr Kontroversen um "deutsch-jüdische Literatur". Die Erzeugungsregeln von Grenzziehungen in der Germanistik, Mona Körte, Berlin

13.30 Uhr Auf bewährten, aber ausgetretenen Pfaden; auf neuen, aber heiklen Wegen. Antisemitismusforschung in der Sprachwissenschaft, Dietz Behring, Köln

14.00 Uhr Diskussion

Schlussworte


Weitere Informationen erteilen Ihnen gerne: Dr. Mona Körte, Tel.: 030/314-26024, Fax: -21136, E-Mail: koerte@zfa.kgw.tu-berlin.de und Dr. Marion Neiss, E-Mail: maneegic@linux.zrz.TU-Berlin.de, beide Zentrum für Antisemitismusforschung.