TU-Studie zu alternativen Wohnformen - Situation wohnungsloser Menschen
Wohnungslosigkeit ist ein sichtbarer Ausdruck extremer Armut, die im Schatten des Wohlstands wächst. Was können die Verwaltungen dagegen tun? Stellen die vorhandenen Wohnformen ein ausreichendes Versorgungsangebot für wohnungslose Menschen dar? Was müsste die Stadt zusätzlich oder anders in Bezug auf "Wohnen" anbieten, damit wohnungslose Menschen mehr Lebensqualität erfahren? Diese Fragestellungen waren Ausgangspunkt für eine Studie, die das
Institut für Gesundheitswissenschaften der TU Berlin im Auftrag der
Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen des Landes Berlin erarbeitete.
Derzeit leben in der Bundesrepublik rund 550.000 Personen in instabilen und rechtlich ungesicherten Wohnsituationen. Hinzu kommen geschätzte 30.000 auf der Straße lebende Menschen.
"Wohnen" bedeutet leben, weilen, sich aufhalten, daheim sein, bewohnen, residieren, zu Hause sein, seine Behausung haben. Elementare Bedürfnisse, die in diesen Begriffen stecken sind Schutz, Nahrung, Entfaltung, Wohlfühlen und Leben und individuelle Gestaltung seiner nächsten Umgebung.
Der Verlust der eigenen Wohnung verschärft eine insgesamt kritische Lebenslage. Dauerhafte alternative Wohnformen müssen daher die individuellen Mehrfach-Problemlagen psychosozialer und ökonomischer Natur einbeziehen.
Eine "Reintegration" in reguläre Wohnverhältnisse kann nur durch Loslösung vom "Milieu" und grundlegende Veränderung der individuellen Lebenslage stattfinden. Dieser persönliche Entwicklungsprozess ist bei den meisten Wohnungslosen gekennzeichnet durch mehrere "Anläufe" eigenen Wohnraum zu bewohnen. Das bestehende Hilfesystem ist für wohnungslose Personen nur ungenügend zugänglich. Die Mehrzahl der
Wohnungslosen auf der Straße, das haben die Interviews ergeben, möchten sich weitgehend unabhängig vom regulären Hilfesystem oder sogar vom Sozialsystem halten. Mit dem Berliner Angebot von Hilfs- und
Wohnformen sind die meisten zufrieden, nicht so mit deren Öffnungszeiten. Außerdem besteht der sehr ernst zu nehmende Wunsch nach Arbeitsmöglichkeiten und bezahlbarem Wohnraum. In den verschiedenen
untersuchten Wohnformen stellte die Wissenschaftlergruppe, Claudia Adam, Evelyn Satzer und Gerd Grenner unter Leitung von Dr. Christa Kliemke, Defizite fest, bei denen Handlungsbedarf besteht: Bis zu 36 Prozent der Bewohner der untersuchten Wohnheime sind psychisch krank und können nicht durch Fachpersonal betreut werden. Ein weiterer hoher Prozentsatz ist pflegebedürftig, eine
Langzeitpflege ist ebenfalls derzeit nicht möglich. Deutlich wurde allerdings unter anderem, dass tagesstrukturierende Angebote wohnungslose Menschen zur Veränderung der individuellen Lebenslage motivieren können.