Medieninformation Nr. 102 - 23. April 2004 - Bearbeiter/in: bk |
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Hertha Nathorff-Preis der Ärztekammer für TU-Absolventen
Jeder macht Fehler. Es gibt jedoch Arbeitsbereiche, in denen das besonders gravierende Folgen hat; das Krankenhaus gehört zweifellos dazu. Neue Fehlermanagementsysteme können jedoch helfen, Fehler von vornherein zu vermeiden. Fehler und Beinahe-Fehler der Vergangenheit werden mit diesen Systemen kontinuierlich erfasst und ausgewertet, so dass ein Krankenhaus sie künftig vermeiden kann. Noch stecken diese Programme allerdings in den Kinderschuhen und müssen sich erst langsam durchsetzen. Dr. med. Julia Rohe hat sich in ihrer Magisterarbeit zum TU-Ergänzungsstudium Public Health mit dieser Thematik befasst. Für ihre Arbeit wird sie nun mit dem Hertha-Nathorff-Preis der Ärztekammer Berlin ausgezeichnet.
Bereits seit 1995 vergibt die Ärztekammer Berlin den Preis für die besten Magisterarbeiten des Postgradualen Studiengangs Gesundheitswissenschaften/Public Health an der TU Berlin. Er ist mit insgesamt 2.500 € dotiert und nach der jüdischen Ärztin Hertha Nathorff benannt. Die Preisvergabe findet im Rahmen der Absolventenverabschiedung des Postgradualen Studiengangs Public Health statt. In diesem Jahr werden ein erster und zwei dritte Preise vergeben.
Wir möchten Sie hiermit herzlich zur Verabschiedung der Absolventen und zur Preisverleihung einladen.
Zeit: am Mittwoch, dem 28. April 2004, 18.00 Uhr
Ort: TU Berlin, Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, Raum H 104, 10623 Berlin
Zu den Preisträgerinnen und zum Preisträger:
1. Preis: Dr. med. Julia Rohe, MPH (Preisgeld 1.200 €)
Fehlerkultur im Krankenhaus
Fehler und unerwünschte Ereignisse in der medizinischen Versorgung sind häufig. Analysiert man diese Ereignisse, so stellt sich heraus, dass neben aktiven (einer Person zuschreibbaren) Fehlern stets auch
latente Fehler (im System des Unternehmens liegend) zu einem unerwünschten Ereignis beitragen. Ein
deutscher Klinikverbund hat im Jahre 2001 ein Fehlermanagementsystem eingeführt, bei dem jedoch die
Rücklaufquote der Fehlermeldebögen gering war.
Julia Rohe hat sich mit den Gründen für die geringe Melderate auseinandergesetzt und Erfolgsfaktoren für die Einführung dieses Fehlermanagementsystems untersucht. Sie führte Interviews mit Ärztinnen, Ärzten, Krankenschwestern und Pflegern und wertete sie systematisch aus. Unter anderem stellte sich dabei
heraus, dass das Interesse an Fehlermeldesystemen bei den Beschäftigten im Krankenhaus zwar vorhanden ist. Häufig haben die Betroffenen jedoch noch Angst, alle Fehler zu melden, da manche in ihrer bisherigen Berufstätigkeit schlechte Erfahrungen damit gemacht haben.
Julia Rohe, 1972 in Bern geboren, studierte Medizin und arbeitete als Ärztin in verschiedenen Krankenhäusern und Arztpraxen. Seit Anfang dieses Jahres ist sie am Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel tätig.
3. Preis: Abdel Moniem Mukhtar, B.D.S., MPH (Preisgeld 650 Euro)
Schulische Gesundheitsförderung im Bezirk Berlin-Mitte: Bestandsaufnahme unter Berücksichtigung von Daten schulärztlicher Untersuchungen
Abdel Moniem Mukhtar hat sich mit der bezirklichen Sozial- und Gesundheitsberichterstattung (SBE/GBE) über Kinder und Jugendliche im sozial besonders benachteiligten Bezirk Berlin-Mitte beschäftigt. Mit Hilfe eines Fragebogens ermittelte er die bestehenden Maßnahmen und Aktivitäten zur Gesundheitsförderung (GF) in den Schulen des Bezirks Mitte und den darüber hinausgehenden subjektiven Bedarf der Schüler an gesundheitsfördernden Maßnahmen. Als besonders aktiv erweisen sich die Grundschulen, die mehr gesundheitsfördernde Maßnahmen durchführen als die weiterführenden Schulen. Besonders Schulen mit erweitertem Betreuungsumfang sind hier aktiver als andere. Zudem zeigte sich, dass Schulen mit einem höheren Anteil an sozial benachteiligten und übergewichtigen Schülerinnen und Schülern mehr Aktivitäten im Bereich der GF entfalten als andere.
Abdel Moniem Mukhtar wurde 1972 in Khartoum / Sudan geboren, wo er neben seinem Studium der Zahnmedizin und Medienwissenschaften 1991-1996 an zahlreichen Forschungsprojekten im Bereich Epidemiologie und Public Health mitgewirkt hat. Auch während seiner anschließenden Tätigkeit als Zahnarzt in seiner Heimat integrierte er sein Forschungsinteresse in die Praxis.
3. Preis: Dipl. Soz. Petra Brzank, MPH (Preisgeld 650 Euro)
Häusliche Gewalt bei Patientinnen einer Ersten Hilfe-Versorgung. Eine Befragung im Rahmen der S.I.G.N.A.L. - Begleitforschung: Prävalenzen, gesundheitliche Folgen, Unterstützungsmöglichkeiten, Unterschiede zwischen Gewaltbetroffenen und Nichtbetroffenen.
Mit dem Thema Gewalt gegen Frauen hat sich Petra Brzank in ihrer Magisterarbeit beschäftigt. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung zu
S.I.G.N.A.L. (einem Modellprojekt zur Verbesserung der medizinischen Behandlung von Gewalt betroffener Frauen) wurden erstmals in Deutschland Daten zum
Versorgungsbedarf im Kontext von häuslicher Gewalt in einer Rettungsstelle erhoben. Im Frühjahr 2002 wurden Patientinnen der Ersten Hilfe/Notaufnahme zu ihren Gewalterfahrungen, den gesundheitlichen Folgen, ihren subjektiven Einstellungen zu einer Unterstützung in der medizinischen Versorgung sowie demografischen Faktoren befragt. In die Analyse wurden die Daten von 806 Frauen einbezogen. Es zeigte sich, dass 37 Prozent der befragten Frauen in ihrem Leben mindestens einer häuslichen Gewalthandlung nach dem 16. Lebensjahr ausgesetzt waren. Die Hälfte der Frauen, die von gesundheitlichen Folgen berichteten, ließ sich gesundheitlich versorgen: 22 Prozent suchte eine Notfallambulanz auf, 35 Prozent eine niedergelassene Praxis und jede zehnte Frau wurde stationär behandelt.
Im Fall von erlittener Gewalt wären für 67 Prozent der Frauen Ärzte und Ärztinnen Ansprechpersonen.
Jedoch sind nur acht Prozent der Befragten jemals von ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin nach Gewalterfahrung gefragt worden. Mehr als zwei Drittel der Befragten befürworten eine Frage nach Gewalterfahrung als Teil der allgemeinen Anamnese.
Dipl. Soz. Petra Brzank, ist 1960 geboren. Vor dem Studium arbeitete sie in verschiedenen Frauen- und Migrationsprojekten, während des Studiums fand sie den Einstieg in die Begleitforschung zum S.I.G.N.A.L. -Modellprojekt zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.