Medieninformation Nr. 31 - 3. Februar 2004 - Bearbeiter/in: ehr |
Vortrag von Prof. Dr. Winfried Scharlau am 17. 2. 2004 an der TU Berlin / Einladung
Alexander Grothendieck ist einer der bedeutendsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Er hat vor allem die Algebraische Geometrie revolutioniert. Das Werk vieler berühmter Mathematiker (z.B. von Faltings oder Wiles) wäre ohne seine Vorarbeiten überhaupt nicht denkbar. Über seinem Leben liegt jedoch ein geradezu mysteriöses Dunkel. In seinem Vortrag "Alexander Grothendieck. Anarchie und Literatur, Mathematik und Spiritualität" wird Prof. Dr. Winfried Scharlau vom Institut für Mathematik der Universität Münster versuchen, diesen ungewöhnlichen Lebensweg zu schildern. Wir möchten Sie herzlich dazu einladen:
Zeit: am Dienstag, dem 17. Februar 2004, um 16.00 Uhr
Ort: TU Berlin, Straße des 17. Juni 136, 10623 Berlin, Mathematikgebäude, Hörsaal MA 004
Alexander Grothendieck wird am 28. März 1928 in Berlin geboren. Sein Vater Alexander Schapiro war ein russisch-jüdischer Anarchist, der seinen Lebensunterhalt lange Zeit als Straßenfotograf verdiente, obwohl er Schriftsteller werden wollte. Ende 1933 siedelte er nach Paris über. Kurz darauf folgte Alexanders Mutter, Hanka Grothendieck, ihrem Lebensgefährten. Auch sie wiedersetzte sich allen Konventionen der bürgerlichen Gesellschaft und wollte ursprünglich Schriftstellerin werden. Alexander Grothendieck wächst als Pflegekind in der Hamburger Familie Heydorn auf. Sein Pflegevater war nacheinander Berufsoffizier, Pfarrer, Heilpraktiker, Volksschullehrer und erhielt von den Nazis Berufsverbot. 1939 folgte Grothendieck seinen Eltern nach Frankreich; er lebte mit seiner Mutter im Internierungslager, 1942 kam sein Vater in Auschwitz ums Leben.
Von 1945 bis 1948 studierte Alexander Grothendieck Mathematik in Montpellier, er promoviert in Nancy, erhält 1966 die Fields-Medaille und war bis 1970 Professor am Institut des Hautes Etudes Scientifiques in Bures-sur-Yvette. Dann zieht er sich zunehmend aus dem Wissenschaftsbetrieb und der bürgerlichen Welt zurück. Ab dem Jahr 1970 wendet er sich immer mehr von der Mathematik ab, hält aber noch bis 1984 regelmäßig Vorlesungen in Montpellier. Mehr interessiert ihn allerdings zunächst die aufkommende ökologische Bewegung, dann der Buddhismus und schließlich immer mehr religiöse und philosophische Themen. Er schreibt eine Reihe von mathematischen und nicht-mathematischen "Meditationen", die in ihrer Mehrzahl völlig unbekannt sind. Gleichzeitig bricht er nach und nach alle Kontakte zu Verwandten, Freunden, früheren Kollegen und Schülern ab. Seit mehr als zehn Jahren lebt er in selbstgewählter Einsamkeit in einem nur wenigen Eingeweihten bekannten Dörfchen in Südfrankreich.