Medieninformation Nr. 164 vom 18. Juli 2005 - Bearbeiter/-in: sn |
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TU-Forscher dokumentiert die Reste des monströsen Berliner Bauwerkes und macht einen Vorschlag für einen neuen Ort der Erinnerung
Viel gibt es von der Mauer in Berlin nicht mehr zu sehen. "Selbst das wenige Authentische, das noch steht, ist ständig gefährdet", sagt Prof. Dr. Johannes Cramer. So sei unlängst am Nordbahnhof ein Stück Mauer abgerissen worden, um Platz zu schaffen für Beach-Volleyball-Felder. Und noch etwas sagt Cramer, der an der TU Berlin Baugeschichte lehrt: "Die Erfahrbarkeit der Mauer in Berlin ist desaströs."
Fazit einer vierjährigen Arbeit. In dieser Zeit haben er und drei seiner Mitarbeiter zusammen mit Studierenden im Detail dokumentiert, was von der Mauer noch erhalten und was verloren ist. Unlängst präsentierte er die Ergebnisse seiner Bestandserhebung und Bauforschung der Öffentlichkeit: Ein Prozent der innerstädtischen Mauer steht noch, von der Hinterlandmauer sind es 4,4 Prozent und von den bis zu 350 Postentürmen gibt es keinen einzigen mehr, einzig sieben Führungstürme sind erhalten. Der Todesstreifen ist fast überall verschwunden, "seine Feindseligkeit nicht mehr erlebbar", resümiert Cramer.
Nun, da vieles unwiederbringlich verloren ist, beklagen Politiker wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, dass dieses Stück deutscher Geschichte gründlich eingeebnet worden sei, wodurch die Vermittlung eines authentisches Geschichtsbildes unmöglich werde. Wie aber soll in Berlin an die Mauer erinnert werden und wo?
Johannes Cramer kritisiert, dass ein Gesamtkonzept der Erinnerungsarbeit nicht existiert und formuliert seine Kritik gleichzeitig als Forderung. Dieses Konzept müsse die vorhandenen Gedenkorte miteinander verbinden, die Tatsache verdeutlichen, dass die Mauer nicht nur durch die Stadt, sondern auch um Westberlin herum verlief, und vor allem die Mauer im städtischen Kontext erfahrbar machen.
Ein Erinnerungsort könnte westlich des Berliner Abgeordnetenhauses entstehen, so sein Vorschlag. "Dort gibt es noch ein Areal, das die Ausdehnung des Grenzstreifens zeigt samt Betonfläche dahinter; Teile der Hinterlandmauer und des zugehörigen rot-weißen Sperrbalkens sind noch erhalten und in unmittelbarer Nähe stehen noch 200 Meter Grenzmauer", so Cramer. Mit geringem Aufwand könne man durch Oberflächengestaltung und didaktische Einbauten, keinesfalls Rekonstruktion, den Grenzstreifen und die Tiefe der Grenzanlagen lesbar machen.
Die Ergebnisse der Forschungsarbeit stehen im Internet unter: http://baugeschichte.a.tu-berlin.de/bg/forschung/projekte/20jahrhundert/berliner_mauer.htm