[TU Berlin] Medieninformation Nr. 212 vom 7. September 2005 - Bearbeiter/-in: stt


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Von der Universität ins Universum

Eine Chronologie der TUBSAT-Familie

Mehrere Tausend Satelliten kreisen um die Erde. Sieben Modelle zählt die TUBSAT-Familie, eine Reihe von Kleinsatelliten, die im Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin entwickelt wurden. Der siebte Forschungssatellit wird am 7. September 2005 den indonesischen Auftraggebern übergeben.

Die Idee, einen Experimentalsatelliten (TUBSAT) mit den Ressourcen der TU Berlin zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben, entstand im Jahre 1985 und wurde vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie finanziell unterstützt. Basierend auf den Flugerfahrungen sollten etwa im Dreijahresrhythmus weitere Satelliten folgen. Daraus entwickelte sich folgende Startreihenfolge:

  Name Start Trägerrakete
1 TUBSAT-A 1991 Ariane 4
2 TUBSAT-B 1994 Zyklon
3 TUBSAT-N 1998 STHIL
4 TUBSAT-N1 1998 STHIL
5 DLR-TUBSAT 1999 PSLV
6 MAROC-TUBSAT 2001 Zenit
7 LAPAN-TUBSAT 2006 PSLV

Zyklon, STHIL (U-Boot-Start) und Zenit sind russische, PSLV ist eine indische Trägerrakete. Die ersten vier Projekte (Buchstabenbezeichnung) wurden aus öffentlichen Mitteln unterstützt, die letzten drei (Doppelnamen) wurden vom jeweiligen Kooperationspartner bzw. Auftragnehmer finanziert. Diese Projekte beinhalten den gemeinsamen Bau und Betrieb im gemischten Team sowie die damit verbundene Schulung des Kooperationspartners.

Der Schwierigkeitsgrad steigerte sich von einfachen Technologie-Experimenten (TUBSAT-A) über mobile Kommunikationsversuche (TUBSAT-N) bis zu hoch auflösender (6 Meter) Echtzeit-Bildübertragung mit interaktiver Steuerung der Blickrichtung (LAPAN-TUBSAT).

Nummer 1 - TUBSAT-A - 1991

TUBSAT-A startete 1991 ins All und übermittelt seitdem Daten von mobilen Kommunikationsgeräten. Zum Beispiel können Teilnehmer einer Expedition mit der entsprechenden Funkausrüstung kurze Textnachrichten an TUBSAT-A schicken, der sie dann an anderer Stelle an eine Bodenstation weiterleitet; oder mit Sendegeräten ausgestattete Hirsche zeigen TUBSAT-A, wohin sich ihre Herde bewegt; Beobachtungsbojen im Meer leiten Messdaten über den Satelliten an entfernte Forschungsstationen. TUBSAT-A wurde als Sekundärnutzlast mit einer Ariane 4 Trägerrakete in den Orbit gebracht.


Nummer 2 - TUBSAT-B - 1994

TUBSAT-B konnte 1994 auf einer russischen Zyklon Rakete in den Orbit geschickt werden. Mit einer Kamera ausgerüstet sollte er Fotos von der Erde liefern. TUBSAT-B hatte aber weniger Glück als sein Vorgänger: Nach nur 39 Tagen verstummte die Funkverbindung aus ungeklärten Gründen.


Nummer 3 und 4 - TUBSAT-N und TUBSAT-N1 - 1998

Vom U-Boot ins All

Das gab es noch nie: Aus mehreren Dutzend Metern unter der Wasseroberfläche starteten am 7. Juli 1998 um 5.15 Uhr morgens zwei Weltraumsatelliten von einem Atom-U-Boot aus ins All. Es war das erste Mal, dass unter Wasser eine Rakete zu zivilen Zwecken abgefeuert wurde. Um 6.40 Uhr befanden sich die Satelliten TUBSAT-N und TUBSAT-N1, die von TU-Wissenschaftlern um Professor Udo Renner am Institut für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurden, im All. Knapp sieben Stunden später, um 13.32 Uhr, haben sie die ersten Signale von TUBSAT-N empfangen können. Der Satellit meldete unter anderem eine Innentemperatur um die 10° Celsius in 770 Kilometern Höhe. Knapp weitere zwei Stunden später trennte sich TUBSAT-N1 von TUBSAT-N. Auch von TUBSAT-N1 konnten eigene Signale empfangen werden.

Diese Weltpremiere ist ein Produkt deutsch-russischer Zusammenarbeit: Die Wissenschaftler der TU Berlin suchten für ihre neu entwickelten Kleinsatelliten TUBSAT-N und TUBSAT N-1 ein Trägersystem, um die beiden in eine Umlaufbahn in gut 770 Kilometern Höhe zu schicken. Im russischen Staatlichen Raketenzentrum in Miass fanden sie einen Partner, der die Lösung mit dem U-Boot ermöglichte.

Nicht nur der Start ist eine Besonderheit, auch die neuen Satelliten sind ein Wunderwerk der Technik. Gegenüber dem immer noch aktiven Vorläufer TUBSAT-A, der seit 1991 um die Erde kreist, sind die neuen Satelliten bis zu achtmal leichter und gleichzeitig viermal leistungsfähiger geworden. TUBSAT-N hat in etwa die Größe eines Schuhkartons und wiegt etwa 8 Kilogramm, TUBSAT-N1 sogar nur 3 Kilogramm. Die neuen so genannten Sternsensoren der Satelliten sind in der Lage, anhand der Sterne genau zu berechnen, wo der Satellit gerade hinschaut. Auch die Reaktionsräder, mit denen der Satellit seine Lage ausrichtet, sind eine Neuentwicklung. Die Entwicklung der beiden Satelliten hat insgesamt 500.000 DM gekostet.

Aufgabe der Satelliten ist es, Daten von einem Objekt an die Bodenstation bzw. von der Bodenstation an das Objekt weiterzuleiten. Zum Beispiel werden für das Institut für Angewandte Physik in Kiel Daten wie Wassertemperatur oder der Salzgehalt von Messbojen im Meer übertragen. Ebenso können die Satelliten für die Kommunikation mit Polarexpeditionen oder für Umweltbeobachtungen eingesetzt werden. In der Vergangenheit hatten die TU-Forscher bereits die Wanderungen von Rotwild verfolgt.

Daneben sollen wie mit TUBSAT-A Technologieexperimente durchgeführt werden, die zur Vorbereitung der beiden folgenden Erdbeobachtungssatelliten DLR-TUBSAT und MAROC-TUBSAT dienen. Ein Jahr nach dem Start verglühten beide Kleinsatelliten beim Eintritt in die Erdatmosphäre.

Erstmals erschienen: Juli 1998


Nummer 5 - DLR-TUBSAT - 1999

Erster "Fernseh"-Satellit mit Zielverfolgung und Direktübertragung

Mit DLR-TUBSAT befindet sich seit Mai 1999 ein weiterer Kleinsatellit der TUBSAT-Familie im Weltall. Der nur 45 Kilogramm schwere Mikrosatellit startete mit einer indischen Rakete vom Raumfahrtzentrum Shriharikota aus und wurde auf eine Umlaufbahn in 724 Kilometern Höhe gebracht. Aufgabe des Mikrosatelliten ist die Erdbeobachtung. Drei Fernsehkameras mit Weit-, Normal- und Teleobjektiv befinden sich an Bord. Die Bilder können von konventionellen Fernsehschüsseln mit zirka drei Metern Durchmesser empfangen und auf einem normalen Fernsehbildschirm wiedergegeben werden. Er soll nicht nur die üblichen Einzelaufnahmen, sondern auch bewegte Bilder liefern, die auf der Erde live verfolgt werden können. "Man kann sich das wie einen fliegenden Camcorder vorstellen", sagt TU-Professor Udo Renner, der "Vater" der TUBSAT-Serie. Die Wissenschaftler können von der Boden-Kontrollstation an der TU Berlin aus per Joystick die Kameras ausrichten, ein interessantes Ziel verfolgen lassen oder Kommandos für detaillierte Aufnahmen geben. Diese interaktive Lenkung der Kamera ist neu. Jeder Punkt der Erde kommt jeweils gegen Mittag (Ortszeit) und gegen Mitternacht (ebenfalls Ortszeit) in das Gesichtsfeld des Satelliten, so dass insbesondere schnell veränderliche lokale Ereignisse verfolgt werden können, wie beispielsweise Brände, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche oder Schiffsbewegungen. Während der typischen Überflugszeit von 15 Minuten bleibt das ausgewählte Ziel im Visier des Satelliten und kann daher von allen Seiten betrachtet werden. Die Bodenauflösung variiert je nach Wahl der Kamera zwischen 300 und 6 Metern.

Ein möglicher Einsatzbereich von DLR-TUBSAT wäre demnach auch die Beobachtung von Naturkatastrophen, wie etwa Waldbränden oder Vulkanausbrüchen. Auch der Einsatz bei Rettungsaktionen nach Schiffsunglücken ist denkbar. Die "fliegende Kamera" ist jedoch zunächst als reines Forschungsprojekt geplant. Während das DLR-Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung die Kameratechnik beisteuerte und die DLR Mittel für den Flug und die Herstellung des Satelliten in Höhe von rund 800.000 Dollar bereitstellte, übernahm das Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin die Konstruktion des Forschungssatelliten.

Erstmals erschienen: Dezember 1997


Nummer 6 - MAROC-TUBSAT - 2001

Erster marokkanischer Satellit im All

Durch eine erfolgreiche Kooperation mit dem Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin konnte am 10. Dezember 2001 der erste marokkanische Satellit ins All befördert werden. Der Satellit mit dem Namen MAROC-TUBSAT wurde von einer russischen Zenit-Rakete in Kasachstan in die Umlaufbahn gebracht. Alle Systeme funktionieren bisher einwandfrei. Erste Signale konnten in der Nacht vom 11. zum 12. Dezember 2001 empfangen werden. Während es sich auf TU-Seite bereits um den sechsten Satelliten handelt, besitzt der erste Start eines marokkanischen Satelliten einen hohen Stellenwert in Rabat. König Mohammed VI. von Marokko hatte 2001 persönlich die Bodenstation in Rabat besucht und dabei den Startschuss für eine marokkanische Raumfahrtagentur gegeben.

Das Projekt MAROC-TUBSAT wurde 1995 begonnen und basiert auf der Initiative des marokkanischen Studenten Karim Taha, der nach seinem Studium am Institut für Luft- und Raumfahrt (ILR) der TU Berlin in sein Heimatland Marokko zurückkehrte. Er stellte den Kontakt zwischen dem Königlichen Institut für Fernerkundung, dem Centre Royal de Teledetection Spatial (CRTS), und Prof. Dr.-Ing. Udo Renner von der TU Berlin her. Das CRTS, das sich mit Satellitenfernerkundung befasst, stellte eine Kamera zur Erdbeobachtung zur Verfügung und übernahm die Kosten des Starts. Die TU Berlin stellte den Satelliten aus der TUBSAT-Baureihe bereit, wobei die Arbeitszeit auf freiwilliger Basis durch Diplomanden und Doktoranden geleistet wurde. Der Betrieb des Satelliten erfolgt parallel durch eine Bodenstation in Rabat und die TU-Satellitenstation auf dem Dach des Institutsgebäudes für Luft- und Raumfahrt in der Marchstraße 12. Die im Satelliten befindliche Kamera hat die Aufgabe, Vegetationsänderungen aufzuzeichnen. Damit ist die Hoffnung verbunden, Aussagen über Änderungen treffen zu können, die durch verschiedene Bewässerungsarten oder Heuschreckenbefall verursacht werden.

Erstmals erschienen: Dezember 2001


Nummer 7 - LAPAN-TUBSAT - Start Frühjahr 2006

Siehe Pressemitteilung Nr. 211 vom 7. September 2005
 


Weitere Informationen: Prof. Dr.-Ing. Udo Renner, Institut für Luft- und Raumfahrt, Tel: 030/314-22308, Fax: 030/314-21306, E-Mail: Udo.Renner@ilr.tu-berlin.de, Homepage der TUBSAT-Familie: http://www.ilr.tu-berlin.de/RFA/

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