[TU Berlin] Medieninformation Nr. 22 - 28. Januar 2005 - Bearbeiter/in: sn


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Das erste multimediale Kunstwerk der Welt  wird rekonstruiert – das Poème électronique 

TU-Professor Stefan Weinzierl erforscht die akustische Vergangenheit und lässt sie virtuell wieder auferstehen


Der Firmen-Pavillon von Philips 
auf der Weltausstellung 1958 in 
Brüssel 
Foto: Philips

Wie klang ein Orchester vor 200 Jahren? Dieser Frage war Prof. Dr. Stefan Weinzierl in seiner Dissertation nachgegangen. Um eine Antwort zu finden, hatte er die akustischen Eigenschaften der Konzerträume, in denen Ludwig van Beethovens Symphonien im Wien des 19. Jahrhunderts aufgeführt worden waren, untersucht. "Um zum Beispiel das Klangvolumen der Lobkowitzschen Kapelle bei den Aufführungen der 3. Symphonie im gleichnamigen Palais in der Berliner Philharmonie zu erreichen, müsste ein Orchester heute mit 1000 Musikern spielen", so Prof. Weinzierl, der seit vergangenem Jahr im Fachgebiet Kommunikationswissenschaft an der TU Berlin lehrt. 

Mit der Wiederauferstehung akustischer Vergangenheiten beschäftigt sich auch ein EU-Forschungsprojekt, an dem Weinzierl beteiligt ist. In diesem Projekt geht es darum, das berühmte Poème électronique virtuell zu rekonstruieren. 1958 auf der Weltausstellung in Brüssel war es quasi als erstes multimediales Kunstwerk der Welt gezeigt worden. Von dem Architekten Le Corbusier, der von Philips den Auftrag erhalten hatte, den Firmenpavillon für die Weltausstellung zu gestalten, stammten die Bilder für die audiovisuelle Aufführung, Edgard Varèse komponierte die Klangeinspielungen und der Pavillon selbst ging auf Entwürfe des Architekten Iannis Xenakis zurück. Leider wurde er am Ende der Weltausstellung abgerissen. Erhalten geblieben sind lediglich Fotografien und Skizzen zu seiner Architektur sowie ein Videoband mit den projezierten Bildern, aber immerhin die originalen Musikzuspielungen – dreikanalige Originalbänder. 

Ziel des Virtual Electronic Poem Projektes ist es, in einer rekonstruierten virtuellen Umgebung dieses verlorengegangene Kunstwerk wieder erlebbar zu machen mit Hilfe eines technologisch innovativen akustischen und visuellen Systems. Es soll wieder möglich sein, virtuell durch den einstigen Pavillon zu wandeln und dabei die Musik so zu hören, wie sie damals in dem realen Raum geklungen hatte. 

Neben der Forschung zur virtuellen Akustik gehören zu Weinzierls Schwerpunkten aber auch die Geschichte, Technologie, Theorie und Ästhetik der Musikproduktion sowie Geschichte, Technologie und zeitgenössische Erscheinungsformen von elektroakustischer Musik und Computermusik. 

Prof. Dr. Stefan Weinzierl, geboren 1967 in Bamberg, studierte Physik an der Universität Erlangen und an der TU Berlin sowie Musikwissenschaften an der University of California in Berkley. In diesem Fach promovierte er im Jahre 2000 an der TU Berlin. An der Universität der Künste Berlin absolvierte er zudem ein Tonmeister-Studium.


Akustisches Computermodell 
mit den Lautsprecherpositionen 
Grafik: TU Berlin/Weinzierl

 

 

 

 


Ein Bild aus der audiovisuellen 
Darbietung des Poème électronique. 
Der Architekt Le Corbusier hatte die 
Bilder ausgewählt bzw. selbst 
gestaltet                     Foto: Philips


Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Stefan Weinzierl, Fakultät I Geisteswissenschaften, Institut für Sprache und Kommunikation, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, Telefon: 030/314-22236, E-Mail: stefan.weinzierl@tu-berlin.de

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