[TU Berlin] Medieninformation Nr. 281 vom 21. November 2006 - Bearbeiter/in: pp

 

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Opa blitzt und Oma funkelt

Ethische und wissenschaftliche Aspekte von Tod und Verwesung, modernen Bestattungsformen und Körperspende

Menschen aus wohlhabenden Ländern ohne Kriege und Naturkatastrophen weisen heute oft eine besondere Wissenslücke auf: Sie sahen noch nie einen Menschen sterben oder als Leichnam. Der Tod ist ein eigentlich alltägliches aber bei uns gerne verdrängtes Thema. Wie sich der Umgang mit dem Tod und den Toten mit neuer Technik verändert hat die Publikation "Der tote Mensch als Zeichen" aus der Arbeitsstelle für Semiotik der TU Berlin zusammengetragen.

Viele, meist kulturspezifische Rituale ranken sich um den toten Menschen: bei Aufbahrung, Bestattung, Einbalsamierung oder gänzlicher Vernichtung seiner materiellen Hülle. Mit der Technik haben sich auch die Zeichen, die als sichere Kriterien und als Nachweise des Todes gelten, gewandelt. Weitere Zeichen, die den Tod begleiten, nützen dem Menschen für Erkenntnisse. So zum Beispiel der Befall von Insekten, der dem Gerichtsmediziner Aufschluss über den Zeitpunkt des Todes eines Menschen geben kann. Wichtiger und unverzichtbarer Nutzen kommt dem toten menschlichen Körper in der Unfallforschung oder in der Anatomielehre zu.

All diese Aspekte und viele mehr versammelt der neu erschienene Band "Der tote Mensch als Zeichen" der seit 1979 an der Arbeitsstelle für Semiotik der TU Berlin erscheinenden und von Prof. Roland Posner herausgegebenen Zeitschrift für Semiotik. Die Herausgeberin des neuen Bandes, Prof. Dr. Dagmar Schmauks, bietet einleitend eine Typologie der vielfältigen Perspektiven an, unter denen ein Leichnam als Zeichenkomplex betrachtet werden kann. Neben jahrhunderte- und jahrtausendealten Ritualen um Leben und Tod ist durch die fortschreitenden Möglichkeiten, Körperteile durch künstliche zu ersetzen, auch eine neue Definition von Leben getreten, bis hin zur theoretischen Möglichkeit der Unsterblichkeit von gänzlich künstlichen "Cyborgs".

Als Gastautor analysiert der Neurochirurg Dag Moskopp die semiotischen Aspekte der modernen Todesfeststellung, dessen ethische und anthropologische Fragen. Der Rechtsmediziner Rainer Mattern betont den Stellenwert menschlicher Leichen für die Forschung zu Sicherheitseinrichtungen und diskutiert die ethische Dimension von Versuchen mit Leichen. Der Kriminalbiologe Mark Benecke gibt Beispiele wie aus Art und Menge der vorhandenen Insekten bei fremdverschuldetem Tod die Leichenliegezeit, der Todesort und damit auch Alibis eingegrenzt werden können. 

"Opa blitzt und Oma funkelt" – zwei Essays der Semiotikerin Dagmar Schmauks über allerneueste Bestattungsformen wie Weltraumbestattung (Verglühen in der Atmosphäre) oder so genannte "Lebensjuwelen" (Diamantenherstellung aus der Asche) sowie ein offener Brief einer noch lebenden Körperspenderin für medizinische Zwecke, Veranstaltungshinweise und Termine runden das Themenheft ab.

Der tote Mensch als Zeichen, herausgegeben von Dagmar Schmauks, Bd. 27 der Zeitschrift für Semiotik, Stauffenberg Verlag, Tübingen, 2006, ISSN 0170-6241


Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Dagmar Schmauks, Technische Universität Berlin, Fakultät I Geisteswissenschaften, Arbeitsstelle für Semiotik, Tel.: 030- 314-79440, E-Mail: dagmar.schmauks@tu-berlin.de
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