TU intern - Erstsemester-Special WS 2000/2001 - Gentechnik
Start-Up-Genetiker:
ActinoDrug: Die jungen Medikamenten-Macher
Die gentechnische Forschungsarbeit an der TU Berlin wächst
mittlerweile über das engere Umfeld universitärer Wissenschaft
hinaus: Die vier jungen Wissenschaftler Rico Berger, Nicolas Grammel,
Frank Pfennig und Florian Schauwecker sowie deren Arbeitsgruppenleiter
PD. Dr. Ullrich Keller vom Max-Volmer-Institut
der TU-Berlin gründeten in diesem Jahr die Firma ActinoDrug.
Deren Geschäftskonzept ging aus dem diesjährigen Business-Plan-Wetbewerb Berlin-Brandenburg
als Sieger hervor.
ActinoDrug wird sich aufbauend auf der universitären Forschung
mit der Biokombinatorik von neuen Naturstoffen beschäftigen,
um aus diesen neue Medikamente zu entwickeln. Neben dem neuen
Standort im BioTechnologie Park Hennigsdorf, dem Zentrum für
humanmedizinische Biotechnologie, wird die ActinoDrug an der TU-Berlin
eine Niederlassung haben. So wird auch weiterhin der enge Kontakt
der Gründer zu ihrer Universität und der notwendige
Wissenstransfer realisiert.
Die Idee zur Firmengründung kam der Arbeitsgruppe vor etwa
1,5 Jahren, als sich zeigte, dass die erfolgreiche Grundlagenforschung
an der TU-Berlin das Potenzial für die kommerzielle Nutzung
birgt. In der Forschung beschäftigten sich die Wissenschaftler
mit den molekularen Grundlagen der Biosynthese verschiedener therapeutisch
relevanter Naturstoffe. Aufbauend darauf soll nun ein System realisiert
werden, welches die Neukombination von Bausteinen dieser natürlichen
Wirkstoffe sehr kosten- und zeiteffektiv ermöglicht. Die
gentechnische Plattformtechnologie soll zunächt in einer
etwa zweijährigen Forschungs- und Entwicklungsphase etabliert
werden.
Damit wird ActinoDrug in der Lage sein, eine große Anzahl
neuer Naturstoffe herzustellen, um daraus letztlich neue Medikamente
zu entwickeln und sich so als Innovationsträger im Bereich
Naturstoffpharmaka am Markt zu etablieren. Die Grundlage von 40
Prozent aller in der Therapie verwendeten Pharmaka bilden Naturstoffe
oder davon abgeleitete Substanzen. Jedoch besteht anhaltend große
Nachfrage nach neuen Substanzen zur Pharmaentwicklung. Gleichzeitig
gestaltet sich die Suche nach neuen Wirkstoffen zunehmend schwieriger
und kostenintensiver. Das natürliche Potenzial scheint weitgehend
erschöpft, so werden aus natürlichen Quellen nur noch
im begrenzten Umfang neue Substanzen gefunden oder bereits bekannte
wieder entdeckt. Die chemischen Methoden zur Substanzgewinnung
sind zum heutigen Zeitpunkt häufig nicht in der Lage, die
Komplexität von Naturstoffen zu erreichen.
Die Technologie von ActinoDrug zielt auf die Produktion neuer
komplexer Naturstoffe in großer Zahl mit Hilfe gentechnischer
Verfahren ab, damit ist jedoch die Entwicklung noch nicht beendet.
ActinoDrug legt im Screening seinen Hauptschwerpunkt auf die Entwicklung
neuer Antiinfektiva, zum Beispiel Antibiotika. in diesem Marktsegment
nehmen Naturstoffe traditionell einen großen Stellenwert
ein. Im Jahre 1999 wurden in diesem Bereich insgesamt 50 Milliarden
Mark umgesetzt, wobei 56 Prozent aller Therapeutika auf Naturstoffen
beruhen. Bei bekanntesten Vertreter wie Penicillin, Cephalosporin
oder Erythromycin erbringen Umsätze von mehreren Milliarden
Mark jährlich.
Jedoch besteht von Seiten der forschenden pharmazeutischen Industrie
unter anderem durch das vermehrte Auftreten von Resistenzen sowie
das Auslaufen von Patenten verstärkte Nachfrage nach neuen
Antibiotika. Diesen Markt möchte ActinoDrug erschließen.
Durch das bei ActinoDrug vorhandene Know-how können zudem
bereits bekannte hochwertige Naturstoffe in ihrer Struktur gezielt
verändert werden, auch hier wird das gentechnische Know-how
der Gründer genutzt, um direkt in die Biosynthese einzugreifen
und so zu neuen Wirkstoffen zu gelangen. Diese Auftragsforschung
soll als zweites Geschäftsfeld frühzeitig Umsätze
erbringen, aber vor allem zusätzliches Know-how in die ActinoDrug
einbringen und die notwendigen Firmenkontakte herstellen.
Dank der gesicherten ersten Finanzierungsrunde soll ActinoDrug
bis Mitte des nächsten Jahre bereits auf 10 Mitarbeiter anwachsen.
Mittelfristig sind mehr als 20 Mitarbeiter geplant.
Rico Berger
Leserbriefe
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