TU intern - Februar/März 2000 - Alumni

Was machen die Schnellen heute?

Auf der Suche nach den Erwin-Stephan-Preisträgern

Haben Sie auch 12 Semester für Ihr Studium gebraucht und es nur mit der Note zwei abgeschlossen? Ist ja eigentlich nicht ganz schlecht. Wenn Sie jedoch die Studiendauer und die Abschlusszensuren der Erwin-Stephan-Preisträger sehen, kommen Sie sich plötzlich furchtbar alt vor. Man muss überdurchschnittlich schnell und sehr gut studiert haben, um für diesen Preis ausgewählt zu werden. Seit 1992 wird der Erwin-Stephan-Preis vergeben, in 17 Preisverleihungen wurden bisher 220 TU-Absolventen ausgezeichnet. Grund genug einmal auf die Liste der Preisträger/innen zu schauen und ein bisschen zu forschen, was aus einigen von ihnen geworden ist.

Zu den ersten Preisträgern gehört Christian Kurtzke, der zu den Rekordhaltern unter den Ausgezeichneten zählt: Er hat mit 22 Jahren sein Elektrotechnikstudium nach nur acht Semestern mit Auszeichnung abgeschlossen. Bis 1997 lässt sich sein Berufsweg verfolgen. Ähnlich schnell wie er studiert hat, hat er auch seine Promotion zum Ende gebracht. Mit 24 Jahren hatte er seinen Doktortitel in der Tasche und ging 1994 als Leiter der Stabsstelle "Culture Change" zu Siemens nach München.

Einer der wenigen Geisteswissenschaftler, die mit dem Preis ausgezeichnet wurden, ist Jürgen Overhoff. Er hat innerhalb von sieben Semestern Neuere Geschichte und Evangelische Theologie studiert (Durchschnitt: 15 Semester), bekam dafür 1994 den Preis und finanzierte sich damit zum Teil seine Promotion in Cambridge. Er ist der Wissenschaft treu geblieben und seit 1999 am Institut für Pädagogik der Uni Potsdam. Hier arbeitet er an einem historischen Thema mit dem Ziel, sich in den nächsten Jahren im Fach Geschichte zu habilitieren.

Beeindruckend ist auch die Leistung von Aba Budi Prabawa. Er kam aus Indonesien zum Studium der Werkstoffwissenschaften nach Berlin und war gerade 24 Jahre alt, als er nach neun Semestern Examen machte. Nach dem Studium ist er nach Indonesien zurückgekehrt und leitet heute eine Firma mit 70 Angestellten.

Ungewöhnlich ist auch die Geschichte von Tilman Weiss und Christof Thiedig. Sie haben beide innerhalb derselben Zeit und mit denselben Leistungen ihr Studium der Energie- und Verfahrenstechnik absolviert. Dafür wurden beide 1996 mit dem Erwin-Stephan-Preis ausgezeichnet. Nach ihrem Examen haben sie mit der Entwicklung eines High-Tech UV-Sensors den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Zusammen haben sie mit ihrer Unternehmensidee am Berliner Business-Plan-Wettbewerb '98 teilgenommen und sind als Sieger mit einem stattlichen Preisgeld ausgezeichnet worden. Seit 1998 gibt es ihre gemeinsame Firma twlux AG.

Die Anzahl der Preisträgerinnen ist leider etwas gering. Nur 34 Frauen wurden bisher mit dem Erwin-Stephan-Preis ausgezeichnet. Eine von ihnen ist Janine Bohlmann, sie erhielt 1992 den Preis. Nach ihrem Studium der Verfahrenstechnik ist sie, unterbrochen von Forschungsaufenthalten in Spanien, der TU Berlin bis heute treu geblieben. Nach ihrer Promotion wurde sie wissenschaftliche Assistentin im Institut für Biochemie, wo sie sich in den nächsten Jahren gerne habilitieren möchte.

Christina Boenicke gehört zu den Preisträgern des Jahres 1998. Ihr Studium der Musikwissenschaft schloss sie mit der Note 1,0 rund eineinhalb Jahre schneller als der Durchschnitt ab. Nach dem Examen arbeitete sie zuerst als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Mendelssohn-Stiftung in Leipzig. Mittlerweile hat es sie jedoch ins wärmere Italien verschlagen, wo sie an ihrer Promotion arbeitet. Die guten Noten beweisen, dass die Geschwindigkeit eher beflügelt, als sich negativ auf die Qualität auswirkt. Was man genau tun muss, um sich für den Preis zu bewerben, erfährt man im Artikel "Bewerber mit Fernweh gesucht" dieser TU intern-Ausgabe.

Bettina Weniger


© 2-3/2000 TU-Pressestelle