TU intern - Mai 2000 - Studium
Ergebnisse bei der Industrie heiß begehrt
Studierende der TU entwickelten lärmarme Diesellok
Studium am fahrenden Objekt |
Oft wird das fehlende Angebot zum Erwerb von Praxiserfahrung
an deutschen Hochschulen beklagt. Gerade Ingenieuren wird nachgesagt,
zwar fachlich kompetent aber methodisch und sozial eher unterbelichtet
zu sein. Eine ausgezeichnete Möglichkeit, diese erforderlichen
"Soft Skills" zu trainieren, bot die studentische Projektarbeit
"Lärmminderung an einer Diesellokomotive". Das
Projekt wurde im Wintersemester 1999/2000 am Fachgebiet Schienenfahrzeuge
von Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht angeboten.
Ausgangspunkt für das Projekt war die von der Europäischen
Union beschlossene Einführung von Lärmgrenzwerten für
Schienenfahrzeuge. Neben der Hochschule beteiligten sich verschiedene
Industrieunternehmen, angefangen vom Hersteller der Lokomotive
über mehrere Komponentenlieferanten bis zum Betreiber des
Fahrzeuges. 13 Studierende im Hauptstudium der Studiengänge
Technischer Umweltschutz und Verkehrswesen bildeten sechs Arbeitsgruppen.
Die Vorbereitungen begannen schon am Ende des Sommersemesters
1999 (s. a. TU intern vom Oktober 1999).
Im September vergangenen Jahres, also noch während der Semesterferien,
wurden in Nordrhein-Westfalen Messungen an der Diesellokomotive,
die Aufschluss über deren Lärmverhalten geben sollten,
durchgeführt. Nachdem zu Beginn des letzten Wintersemesters
die Messreihen ausgewertet waren, konnte mit der Erarbeitung von
konstruktiven Maßnahmen zur Geräuschminderung begonnen
werden.
Um die Hauptlärmquellen der Lokomotive zu identifizieren
und gezielt bekämpfen zu können, wurden Geräuschanteilsdiagramme
erstellt. Dabei wurden die wichtigsten Lärmverursacher, wie
Motor, Strömungsgetriebe, Kühler-Lüfter, Kompressor
und Rollgeräusch, am Gesamtgeräusch der Diesellok ermittelt.
So konnte geklärt werden, dass bei Umsetzung der erarbeiteten
konstruktiven Maßnahmen ein erhebliches Lärmminderungspozential
besteht. Je nach Betriebszustand der Lokomotive kann der Gesamtschalldruckpegel
in 7,5 m Abstand seitlich von der Diesellok um bis zu 8 dB(A)
gemindert werden. Das entspricht einer Lärmminderung von
knapp 50 Prozent.
Durch Aufteilung des Gesamtgeräusches auf die Anteile, die
von einzelnen Aggregaten verursacht werden, können zukünftig
an die Komponentenlieferanten gezielte Vorgaben für das Lärmverhalten
der zu liefernden Aggregate gemacht werden.
Ende Februar 2000 fand das Projekt mit einer Präsentation
der Messergebnisse und der konstruktiven Maßnahmen vor Vertretern
der beteiligten Industrieunternehmen seinen vorläufigen Abschluss.
Der gemeinschaftlich erstellte, umfangreiche Abschlussbericht
war bei den beteiligten Industrieunternehmen heiß begehrt.
Damit hat sich das Thema "lärmarme Diesellokomotive"
aber noch nicht erledigt. Zu Beginn des Sommersemesters 2000 werden
die Projektergebnisse noch einmal, sowohl beim Hersteller als
auch beim Betreiber der Diesellok, vorgestellt. Es zeichnet sich
bereits jetzt eine Fortführung des Projektes ab. Auf dem
Programm stehen weiterführende Messreihen und die Umsetzung
einiger wesentlicher konstruktiver Maßnahmen zur Geräuschminderung.
Daraus könnten sich weitere Betätigungsfelder für
die beteiligten Studierenden wie Themen für Studien- und
Diplomarbeiten oder gar die Möglichkeit zum Berufseinstieg
ergeben. Die Ergebnisse der Projektarbeit werden beim Lokomotivhersteller
übrigens auch in andere aktuelle Fahrzeugprojekte einfließen.
Auf Betreiberseite ist eine Übertragung der Ergebnisse auf
verschiedene ältere Rangierdieselloks vorgesehen.
Aufgrund der guten Erfahrungen mit der Projektarbeit, die die
erste am Fachgebiet Schienenfahrzeuge war, sollen auch weiterhin
in loser Folge einsemestrige Projekte angeboten werden. Für
die nähere Zukunft geplante Themen sind die Geräuschoptimierung
eines Dieselleichttriebwagens und die Erfassung und Auswertung
von Rad- und Schienenprofilen im Netz der S-Bahn Berlin GmbH.
Interessenten aus allen ingenieurwissenschaftlichen Fachgebieten
sind stets willkommen.
Bert Stegemann
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