Die Imagefrage: Braucht die TU Berlin einen englischen Namen?
Pro: Ob wir es gut finden oder nicht, Englisch dient als "lingua franca"Zwanzig Prozent ausländische Studierende, vielfältige Austausch- und Kooperationsbeziehungen (230 Austauschprogramme für Studierende mit Universitäten in 25 Ländern und 111 Kooperationsverträge zum Wissenschaftleraustausch mit ausländischen Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen) und eine Fülle aktiver, direkter internationaler Vernetzungen in der Forschung ohne Verträge belegen die traditionelle und wachsende internationale Attraktivität unserer Universität. Umso mehr beunruhigt mich, dass wir durch den unreflektierten Gebrauch unseres Namens im internationalen Bereich Schaden nehmen könnten. Kollegen, deren Muttersprache Englisch ist, sprechen uns häufig darauf an, dass der Gebrauch des Eigennamens "Technische Universität Berlin" oder die meist gebräuchliche Übersetzung des Namens als "Technical University Berlin" völlig irre führt. Während im Deutschen der Begriff "Technik" und "Technologie" fast synonym gebraucht werden, ist dies im Englischen anders. Das englische Adjektiv "technical" impliziert technisch-handwerkliche Konnotationen und vermittelt den Eindruck, dass es sich bei der Technischen Universität Berlin allenfalls um eine Art Polytechnikum, das heißt eine Fachhochschule, handelt. Nicht von ungefähr benützen daher international erfahrene Angehörige unserer Universität ganz selbstverständlich statt des Eigennamens oder der Übersetzung "Technical University" die unserem Anspruch gerechter werdende korrekte Übersetzung "Berlin University of Technology" oder "University of Technology Berlin". Dieses praktizieren auch Universitäten, die für die TU Berlin Vergleichsmaßstäbe setzen: "Massachusetts Institute of Technology", "Delft University of Technology", "Zurich Institute of Technology", "Budapest University of Technology and Economics", "Imperial College of Technology". Das Argument, wir übersetzten ja auch nicht englische Eigennamen ins Deutsche (etwa: "Technologieinstitut von Massachusetts"), überzeugt angesichts der weltweiten Wissenschaftssprache Englisch keineswegs. Außerdem geht es hier ja um das semantische Bedeutungsumfeld, in dem es auf "Technologie" (technology) als der Wissenschaft von Technik ankommt. Der englische Name der geplanten Berliner Elitehochschule der Wirtschaft als "European School of Management and Technology - ESMT" hätte uns beim Hinzufügen des Wortes "Berlin" in der Tat schlimm schaden können. Nicht umsonst forderte ein Hochschullehrer unsere Hochschulleitung daher prompt auf, ab sofort den Namen der TU Berlin im Englischen als "Berlin University of Technology" zu nutzen. Das Argument, dass bei der Abkürzung dieser Übersetzung (BUT) leicht mit einem zusätzlichen "T" der Name lächerlich gemacht werden könnte, ist zu billig, als dass ich mich damit auseinandersetzen will. Schließlich mache ich mich anheischig, für jegliche Abkürzung mühelos eine Verhohnepiepelung zu finden. Auch der Hinweis auf Kosten, die durch Änderungen englischer Selbstdarstellungen der TU Berlin entstehen würden, zieht keinesfalls: Die Änderung der englischen Verwendung des Namens im Internet ist leicht zu bewerkstelligen; Broschüren oder Visitenkarten können bis zum endgültigen Verbrauch weiter benützt werden, und erst bei fälligen Neudrucken wird im Englischen der Name entsprechend eingeführt. Nochmals: Ich plädiere nicht für die Änderung des Eigennamens Technische Universität Berlin. Hier geht es um die kommunikativ korrekte Nutzung unseres Namens in internationalen Kontexten, in denen das Englische, ob wir es gut finden oder nicht, als "lingua franca" dient. Dort, wo wir uns des Englischen bedienen oder bedienen müssen, ist es, wenn wir mit unserem Selbstverständnis und unseren Zielen in der scientific community richtig verstanden werden wollen, notwendig, uns der Adjektive "technisch" oder "technical" zu entschlagen. Der Name sei dann: BERLIN UNIVERSITY OF TECHNOLOGY. Prof. Dr. Bernhard Wilpert, Contra: Muttersprachliches Minderwertigkeitsgefühl und Möchtegern-WeltläufigkeitDie TU Berlin wird für den englischsprachigen Raum übersetzt in "Technical University Berlin" (TUB). Bernhard Wilpert schlägt nun vor, dies in "University of Technology Berlin" (UTB) oder in "Berlin University of Technology" (BUT) zu ändern. Zur Begründung für seinen Vorschlag verweist er auf analoge Bezeichnungen des Massachusetts Institutes of Technology und anderer, auch deutschsprachiger, Hochschulen. Auch sei mit dem Wort "technological" eine eher technisch-handwerkliche Assoziation verbunden, ja, es entstehe der Eindruck, bei der TU handle es sich "um eine Art Polytechnikum, das heißt eine Fachhochschule". Die Argumente klingen plausibel, und dennoch schlage ich vor, dem nicht zu folgen. Der neueste große "Pons" hält im Zusammenhang mit Hochschulen beide Begriffe für gleichwertig verwendbar. Zudem macht das Wort "University" unmissverständlich deutlich, dass die TU keine - Gott sei bei uns! - Fachhochschule ist, und damit ist der Notwendigkeit etwa des MI ("Institute") T oder des Zurich Institute of Technology, ihren universitär-wissenschaftlichen Charakter herauszustellen, genügend Rechnung getragen. Ein weiterer, wie ich zugebe sehr pragmatischer Einwand, kommt hinzu. Eine neue Übersetzung, die sich im Kürzel als UTB oder BUT niederschlüge, die dann die englischsprachigen Broschüren oder Briefköpfe zierte, wiche ab vom innerdeutschen Kürzel TUB. Auch das Logo der TU (das grafisch nach wie vor, auch im Vergleich zu anderen Universitäten und Hochschulen der Region, einen markanten Erkennungswert hat) müsste logischerweise doppelt erzeugt werden. Die TU würde also mit zwei Logos und Kürzeln arbeiten, für den englischsprachigen Teil der Kommunikation und für den deutschsprachigen. Das führte nur zur Verwirrung und machte keinen Sinn. Konsequent zu Ende gedacht, müsste der Vorschlag von Bernhard Wilpert dazu führen, den deutschen Titel TUB durch den englischen Titel, auch im deutschsprachigen Raum, zu ersetzen. Bei allem Respekt vor der Weltsprache Englisch: Das schiene mir doch auf ein muttersprachliches Minderwertigkeitsgefühl hinzudeuten oder auf eine Möchtegern-Weltläufigkeit, wie bei mancher gegenwärtigen englischsprachigen Hochschulbezeichnung in Deutschland. Der Ruf der TU Berlin wird nicht durch den Vorschlag Wilperts verbessert, sondern durch bessere - und nachweisbare - Ergebnisse in Forschung und Lehre. Die mittelmäßigen Rangplätze, die TU-Lehreinheiten regelmäßig beim Hochschulranking erhalten, und zwar in Forschung wie Lehre (zum Beispiel in der CHE/Stern-Analyse von 2002), werden nur durch energische Reformschritte überwunden. Hier sollten die neuen Vizepräsidenten für Forschung und Lehre Initiativen ergreifen, um die Fakultäten und Lehr- und Forschungseinheiten zu mehr als zu Absichtserklärungen zu bringen. Dann werden auch die Besucher aus Peking, Bogota und Johannesburg die Qualitäten der "Technical University" bewundern. P. S. Mit einem hat Wilpert Recht: Es muss natürlich heißen: "Technical University of Berlin". Bei TUB kann's trotzdem bleiben. Prof. Dr. Ulf Preuss-Lausitz,
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