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Nr. 4, April 2003
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"Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen"

Kostenvergleich der norddeutschen Hochschulen gibt Anlass zu vielen Missverständnissen

Anfang Januar 2003 stellte die Hochschulinformationssystem GmbH (HIS) ihren "Ausstattungs-, Kosten- und Leistungsvergleich (AKL) norddeutscher und Berliner Universitäten 2000" vor. Verglichen wurden Universitäten und Fachhochschulen der Bundesländer Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Man wolle damit aktuelle, länderübergreifend vergleichbare Kosten- und Ausstattungskennzahlen für alle Lehreinheiten und Studiengänge dieser Hochschulen vorlegen, teilte die HIS der Presse mit. Doch das Zahlenwerk führt in die Irre.

Die Berliner Öffentlichkeit sog diese Zahlen sofort interessiert auf, bewiesen sie doch scheinbar, wie teuer die Berliner Universitäten seien und dass man also doch noch erheblich sparen könne. In mehreren Presseorganen erschienen Artikel mit Spekulationen, Interpretationen und unangemessenen Schlussfolgerungen. Sie zwangen die drei großen Berliner Universitäten zu einer entsprechenden Stellungnahme und Richtigstellung. Ergebnis: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen!

In der Studie selbst erscheint die eindeutige Warnung: "Die Resultate des AKL erlauben keine unmittelbare Aussage über die Qualität von Lehre und Forschung und sollten ebenso nicht unmittelbar für Zwecke der Hochschulfinanzierung herangezogen werden." Es werden zwar die Kosten verglichen, nicht jedoch die erbrachten Leistungen analysiert. Dieses Unterfangen wäre auch schwierig, denn es ließe sich allenfalls die Zahl der ausgebildeten Absolventinnen und Absolventen erfassen, nicht deren Qualität. Und über den Wert eines Absolventen der Physik (Ausbildung teuer) gegenüber dem eines Romanisten (Ausbildung billig) lässt sich nur streiten.

Strukturunterschiede der Hochschulen und deren sehr unterschiedliche Aufgaben wurden zumeist völlig ignoriert. Diese verbieten aber geradezu einen unmittelbaren Vergleich. Dennoch wurden Mittelwerte gezogen

  • in Berlin für eine große technische und zwei große klassische Universitäten
  • in Mecklenburg-Vorpommern für zwei kleine klassische Universitäten
  • in Hamburg für eine große klassische und eine kleine technische Universität (in erster Linie eine Forschungsuniversität und nur nachgeordnet eine Lehruniversität)
  • in Schleswig-Holstein für eine mittelgroße klassische Universität, den nicht-medizinischen Teil (im Wesentlichen Informatik) einer medizinischen Hochschule und eine pädagogische Hochschule
  • in Bremen für eine mittelgroße, stark naturwissenschaftlich-technisch ausgerichtete Universität.

Beispielsweise ist die Ausstattung mit technischem Personal in den technisch-ingenieurwissenschaftlichen Fächergruppen ungleich größer und die von Geräten und Laboratorien ungleich kostenintensiver als in den nicht-technischen Fächergruppen. Eine erhebliche Verzerrung ist vorprogrammiert, vergleicht man ungewichtet die Kosten eines Landes mit großer technischer Universität oder Fakultäten mit Ländern, die diese Fächer nicht vorhalten. So hat von den beteiligten Bundesländern nur Hamburg eine technische Universität, doch diese ist deutlich kleiner als die TU Berlin.

Die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) bietet als einziges Angebot einen sozialökonomischen Studiengang mit verschiedenen Schwerpunkten an, Nachwuchsförderung ist kaum vorhanden (weder Promotionen noch Habilitationen in den Jahren 2000 und 2001), die Universität Flensburg ist fast ausschließlich auf die Lehramts- und Erwachsenenausbildung spezialisiert, und so weiter. Dieses erfordert natürlich auch eine ganz andere Personalstruktur.

Die verglichenen Hochschulen sind nach Größe, Leistung, Reputation und Internationalität weder repräsentativ für deutsche Universitäten noch mit denen in Berlin gleichrangig. Die führenden Universitäten lassen sich durchaus benennen. Außer Hamburg fällt keine der anderen norddeutschen Hochschulen in diese Kategorie. Alle drei großen Berliner Universitäten tauchen ungleich häufiger in den kursierenden Rankinglisten auf, auch bei Berufungen konkurrieren sie mit national und international führenden Institutionen und weniger mit den genannten norddeutschen Hochschulen. Ein derartiger Vergleich der norddeutschen Hochschulen, zumal als Grundlage politischer Entscheidungen, ist alles in allem irreführend und unzulässig.

tui

www.his.de
www.tu-berlin.de/presse/tui/03apr/tu_akl.pdf

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