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Nr. 7-9, Juli 2003
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Rekordverdächtiger Vorlesungsmarathon in Illinois

Wolfgang Benz schloss Wissenslücken über den Holocaust bei amerikanischen Collegestudierenden

 
  Wolfgang Benz

Ein normaler Marathon erstreckt sich über 42,195 km und ist für einen Weltklasseläufer in etwas mehr als zwei Stunden zu schaffen. Doch es gibt noch andere Langstreckenrekorde. Dies hat Prof. Dr. Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin, eindrucksvoll bewiesen. Sein Vorlesungs-Marathon belief sich auf sechzehn Vorlesungen in vier Tagen. Rekordverdächtig!

Elmhurst, ein College in einem Vorort von Chicago, im April 2003. Wie in jedem Jahr fand auch dieses Mal die "Holocaust Education Week" statt, eine Tradition, die es seit einigen Jahren an diesem College gibt. Unter der Leitung des Universitätskaplans wird diese Veranstaltungsreihe von Professoren und Vertretern der Studentenvereinigung organisiert. In dieser Woche haben die Studierenden die Möglichkeit, sich über Antisemitismus und Holocaust zu informieren. Zu diesem Anlass wird eine Persönlichkeit eingeladen, die einen Bezug zu diesen Themen hat. Elie Wiesel oder Deborah Lipstadt, die nicht nur in der amerikanischen Forschungs- und Gedenklandschaft bekannt sind, waren bereits Gäste des Colleges. In diesem Jahr nun wurde Prof. Dr. Wolfgang Benz eingeladen. Man bat ihn, einen repräsentativen Gastvortrag zum Holocaust vor dem Plenum des Colleges zu halten. Darüber hinaus sollte er in der zum College gehörenden Kirche während des Sonntags-Gottesdienstes eine Ansprache halten und einzelne Klassen besuchen, um Wissenslücken zu schließen und Vorurteile abzubauen. Alles in allem galt es, sechzehn Veranstaltungen in vier Tagen zu absolvieren. Ein straffes Programm, aber kein Problem für Prof. Dr. Benz. Mit Freude und Engagement widmete er sich der Aufgabe, hielt Vorträge, diskutierte mit den Studierenden und füllte den Gottesdienst. Neben diesen Veranstaltungen gab es weitere Programmpunkte. So präsentierten Studierende Ergebnisse einer Europa-Reise, die sie einige Wochen zuvor unter dem Blickpunkt des Holocaust nach Auschwitz, Berlin und Amsterdam führte. Die Studierenden zeigten sich während der "Holocaust-Woche" überaus interessiert und aufgeschlossen. Ein Wermutstropfen allerdings war der Krieg Amerikas gegen den Irak, der sich während dieser Woche gerade auf dem Höhepunkt befand. Prof. Dr. Benz konnte im Fernsehen den Fall Bagdads beobachten und auf der Straße erleben, dass die Leute in dem kleinen Ort die Häuser vaterländisch mit Fahnen dekorierten und der aus ihrer Sicht gerechten Sache den Sieg wünschten. Aus diesem Grunde war er auf deutschfeindliche Aggressionen eingestellt, dies war jedoch keineswegs der Fall. Der gesamte Lehrkörper und auch die Studierenden des Colleges wollten nicht mit dem Krieg in Verbindung gebracht werden, denn nicht alle Amerikaner würden so denken, wie einige Leute auf der Straße. "Die menschliche Atmosphäre war außerordentlich angenehm. Erschöpft, aber glücklich kehrte man zurück."

caba

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