TU Berlin will für Frauen attraktiver werden
Auf dem Weg zur Geschlechtergleichstellung
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Heidi Degethoff
de Campos, Zentrale Frauenbeauftragte der TU Berlin |
Das Thema Chancengleichheit für Frauen in der Wissenschaft
soll im Sinne der Verfassung und des Landesgleichstellungsgesetzes
nicht länger bloßes Lippenbekenntnis sein, sondern mit
Hilfe der zweiten Generation der Frauenförderpläne einen
neuen Anlauf nehmen. So sollen nun Instrumente und Maßnahmen
zum Tragen kommen, die in der leistungsorientierten Mittelzuweisung
eine Rolle spielen und die es den Fakultäten und Einrichtungen
erlauben, erfolgreicher als bisher zu sein. Dazu gehören zum
Beispiel Zielvereinbarungen und Maßnahmen der Personalentwicklungsplanung
ebenso wie ein gut dotiertes Anreizsystem.
"Frauen brauchen langfristig keine Einzelförderung, wenn
die Universitäten strukturell den Weg für sie freimachen",
davon ist Heidemarie Degethoff de Campos, Zentrale
Frauenbeauftragte der TU Berlin, überzeugt. Es genügt
nicht, über Sonderprogramme die Zahlen anzuheben, sondern die
Studien- und Arbeitsbedingungen müssen insgesamt den Bedürfnissen
von Frauen besser angepasst werden, um für sie überhaupt
attraktiv zu sein.
Und dies ist dringend notwendig, da beispielsweise an der TU Berlin
der ohnehin geringe Anteil der Professorinnen an der gesamten Professorenschaft
im Zuge der Pensionierungswelle dramatisch sinkt. Im vergangenen
Jahr war nur eine einzige Frau unter den auf eine C-4-Stelle Neuberufenen;
auf eine C-3-Stelle wurde keine Frau berufen. Zwar konnten in den
vergangenen Monaten einige Juniorprofessuren mit Frauen besetzt
werden, dies liegt aber möglicherweise daran, dass diese Personalkategorie
noch sehr neu ist. Auch der Anteil der promovierenden Frauen ist
an der TU Berlin mit rund 22 Prozent gegenüber 35 Prozent im
Vergleich zum Bundesdurchschnitt auf einem sehr niedrigen Niveau.
Die Zunahme der Doktorandinnen in den letzten zehn Jahren liegt
damit noch unter der Zunahme der Anzahl der weiblichen Studierenden
an der TU Berlin.
Eckpunkte zeigen die Richtung
Vom Akademischen
Senat der TU Berlin wurden im Juni 2002 "Eckpunkte zur
Entwicklung von Frauenförderplänen" verabschiedet.
Die acht Fakultäten der TU Berlin sind nun verpflichtet, auf
der Grundlage dieser Eckpunkte eigene Frauenförderpläne
zu entwickeln. Noch im Laufe dieses Sommersemesters wird der Akademische
Senat der TU Berlin über die vorliegenden Frauenförderpläne
der Fakultäten beraten. Im jährlichen Turnus sollen die
Fakultäten und sonstigen Organisationseinheiten später
über die Erfolge berichten.
Am 2. Juli 2003 beschloss das Kuratorium einen Maßnahmenplan
zur Geschlechtergleichstellung. Aspirantinnen auf eine Professur
sollen besonders unterstützt werden. So wird es ein Mentoring-Projekt
für Habilitandinnen und Juniorprofessorinnen geben, ein überfachliches
Kolleg für Promovendinnen, die Situation von Studentinnen wird
untersucht und Module werden entwickelt, um Ergebnisse der Frauen-
und Geschlechterforschung in die Studieninhalte zu implementieren.
Darüber hinaus werden bis zum Sommer 2004 neue Wege geprüft,
wie die Idee einer familiengerechten Hochschule umgesetzt werden
kann. Dazu gehören zum Beispiel Überlegungen zur Einrichtung
eines Kinderbüros an der Uni zur Vermittlung von Notdiensten
oder Betreuung im Krankheitsfall. Sinnvoll erscheint es, ein solches
Büro in ein Gesamtkonzept für eine familiengerechte Hochschule
einzubetten. Hindernisse sind vor allem: starre Arbeitszeiten, nicht
hinreichende Kinderbetreuung, vor allem im Krankheitsfall oder zu
ungewöhnlichen Zeiten, und ungenügende Förder- und
Anreizmodelle für die Beschäftigung von Frauen. Für
ein solches Konzept werden derzeit finanzielle und personelle Möglichkeiten
geprüft.
Die Leitung der TU Berlin sowie die Frauenbeauftragte möchte
bereits Schülerinnen vermehrt für ein naturwissenschaftlich-technisches
Studium interessieren. Deswegen gibt es Veranstaltungen nur für
Mädchen bei den Schülerinnen&Schüler-Techniktagen
und den Techno-Club.
Während des Studium soll der Ausbildungsweg der Studentinnen
intensiv begleitet werden. In Planung befindlich ist deswegen auch
die Auslobung des "Clara-von-Simson"-Preises für
die beste Diplomarbeit einer Frau in den Natur- und Technikwissenschaften.
Clara von Simson war die erste Frau, die sich 1951 an der TU Berlin
in Technischer Chemie habilitiert hat. Für ihre Leistungen
für die TU wurde sie mit dem Titel einer Ehrensenatorin belohnt.
Weibliche Studieninhalte
Ein ganz anderer Ansatz ist die Konzeption von Gender-Gastprofessuren
an den Fakultäten. Beispielsweise hat sich die Fakultät
VII verpflichtet, die nächste frei werdende Dauer-Gastprofessur
im Fachgebiet "Baukonstruktion und Entwerfen" in der Forschungs-
und Lehreinheit Architektur dafür vorzusehen. So sollen geschlechtsspezifische
Lehrinhalte verstärkt zum Tragen kommen. Doch bislang fehlt
es an Anleitungen für das "Gendern" von Lehrinhalten
in technik-, natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen.
Gänzlich neu ist deshalb auch der Plan, sogenannte Gender-Module
im Rahmen der Studienreform und der allgemeinen Modularisierung
der Studiengänge zu entwickeln, um das Image von Technik-,
Ingenieur- und Naturwissenschaften für Frauen attraktiver zu
machen.
Noch in diesem Monat beginnt das sich in der Pilotphase befindende
überfachliche Kolleg für Doktorandinnen.
Draht zu den Doktorandinnen
Großen Wert legt die Leitung der TU auf den Ausbau der Karriereberatung
für Frauen, die eine Hochschulkarriere anstreben. Nachwuchswissenschaftlerinnen
sollen für die konkrete Planung ihrer Laufbahn motiviert werden,
denn nachweislich streben die Absolventinnen natur- und ingenieurwissenschaftlicher
Studiengänge eher Tätigkeiten in Gewerbe und Industrie
an, weil es ihnen nach wie vor an Vorbildern und Vorstellungen von
Karrierewegen in der Wissenschaft fehlt.
Last but not least werden nachvollziehbare Kriterien erarbeitet,
wann tarifkonforme Leistungszulagen für Verwaltungsangestellte
gezahlt werden können.
Luise Gunga
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