Wo das alte Handy weiterlebt
TU-Wissenschaftler entwickelten eine Demontageanlage - Absatzmarkt
Dritte Welt
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So stellen sich die Wissenschaftler
die zukünftige Demontagefabrik vor |
30 Millionen Menschen werden sich in China am Ende dieses Jahres
ein Mobiltelefon zugelegt haben. Rund neun Millionen davon beginnen
ihre Karriere als mobile Telefonierer mit einem gebrauchten Handy.
Bis 2005 könnten rund 35 Millionen gebrauchte Handys in Drittwelt-
und Schwellenländern benötigt werden. Weltweit wurden
im Jahr 2002 über 400 Millionen Mobiltelefone verkauft. Der
Innovationszyklus ist kurz. Und besonders in den Industrieländern
landen Millionen technologisch veraltete, aber noch funktionsfähige
Handys in Schränken oder auf dem Müll. Über der Industrie
dräut die Rücknahmeverordnung für Altgeräte,
die Ende 2004 in Kraft treten soll.
Das ist die Ausgangslage, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
des TU-Sonderforschungsbereiches
281, der unter der Leitung von Professor Günther Seliger
mit der Demontage von Großgeräten bereits viel Erfolg
hatte, dazu inspirierte, eine automatische Demontageanlage für
Handys zu konstruieren. Das Projekt stößt bereits auf
großes Interesse.
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Projektleiter Bahadir Basdere
(M.) mit seinem Team Robert Krauss, Maren Stiller, Lukasz Michniewicz
(Gastwissenschaftler aus Polen) und Tobias Brett (v. l.) |
"Wir wollten das Erfahrungswissen aus unserem seit 1995 laufenden
Projekt Demontagefabriken zur Rückgewinnung von Ressourcen'
auf Kleingeräte projizieren", sagt Bahadir Basdere. Er
ist der Geschäftsführer des Sfb 281 und leitet das Projekt
mit dem Arbeitstitel "ReMobile". Drei Monate analysierte
und optimierte er in den USA bei dem weltweit größten
Handyaufarbeiter ReCellular Inc. die notwendigen Prozesse. "Dort
wird die gesamte Handy-Demontage von Hand gemacht. Das ist natürlich
aufwändig, personalintensiv und teuer, doch der Wiederverkaufspreis
muss sich im Rahmen halten, damit der anvisierte Markt, Drittwelt-
und Schwellenländer, sie auch annimmt", erklärt Basdere.
Erst seit Februar arbeitet Basdere mit seiner Arbeitsgruppe an der
Automatisierung und Konstruktion von Werkzeugen. Die Demontagestation
arbeitet bereits, doch der Teufel steckt im Detail. Immerhin gibt
es rund 800 Handy-Varianten mit unterschiedlichen äußerlichen,
so genannten geometrischen Merkmalen. Rechnet man alle landesspezifischen
Softwareversionen noch hinzu, kommt man auf etwa 2000 verschiedene
Varianten. "Das Handy ist ein personalisiertes Stück Technik.
Es ist bislang nicht aufarbeitungsgerecht konstruiert und seine
Aufarbeitung für den einzelnen Hersteller daher nicht wirtschaftlich.
Unsere Zielvorstellung ist natürlich, dass schon die Konstruktion
auf die spätere Wiederverwertung ausgerichtet wird."
In einem Handy müssen viele Komponenten in einem sehr kleinen
Gehäuse untergebracht werden, was sehr demontageunfreundlich
ist: Es gibt sehr kleine Schrauben und Schnappverschlüsse,
kaum Greifflächen zum Entnehmen der Komponenten. Insbesondere
die klappbaren Geräte werfen noch Probleme auf. Ein ehemaliger
Lebensmittelroboter ist das Herzstück der Anlage. Eine Bildverarbeitungsstation
erkennt das Handy, ein multifunktionaler Sauger entfernt das Gehäuseoberteil,
die entsprechenden Teile werden gegriffen. Probleme wie Sortierung,
die Konstruktion eines universellen Gehäuses, An- und Abfuhr
von Teilen, weltweiter Bedarf und so weiter werden in interdisziplinären
Teilprojekten und Diplomarbeiten bearbeitet. Beispielsweise arbeiten
internationale Absolventen des TU-Masterstudienganges "Global
Production Engineering" an der Abschätzung des Marktpotenzials
ihrer jeweiligen Herkunftsländer, Architekten der Universität
der Künste haben einen mobilen Demontage-Container für
wechselnde Standorte entworfen. Andere Kollegen untersuchen beispielsweise
Probleme von Sammlung, Rücknahme, Zulieferung und Entsorgung.
Anfang Juli ist der Sfb 281 von der DFG für eine letzte Förderperiode
von drei Jahren begutachtet worden. Das Ergebnis wird erst im November
diesen Jahres vorliegen. Doch Basdere und seine Mitarbeiter sind
zuversichtlich. Sie haben bereits Kontakt zu einem der großen
Mobiltelefonhersteller für ein Transferprojekt "Grundlagenforschung
- Entwicklung von Serienreife - Transfer in die Industrie".
Auch über diesen Antrag wird im November entschieden.
Patricia Pätzold
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