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Nr. 6, Juni 2003
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Schönheit, das wissen wir, ist größtenteils Geschmackssache, und außerdem modeabhängig. Auf keinen Fall aber darf man sie der Natur überlassen! Früher verdienten vor allem Schneider und Optiker am Wandel der Moden. Heute sind auch Chirurgen hinzugetreten. Was die Natur nicht optimal hinbekommen hat, wird eben zurechtgestutzt. Soll die Nase eine schmale, edle sein, weil das breite, negroide nicht so gefällt wie bei Popstar Michael Jackson, dem Paradebeispiel der Branche, kein Problem. Ist der Gipfel der Augenbraue bei den Models in den Modemagazinen einen Zentimeter nach außen gerückt - 75 000 Frauen in den USA ließen vergangenes Jahr unter Messers Schneide ihren falschen "Gipfel" ebenfalls nach außen rücken. Galt der große Busen vor Jahren noch als Merkmal der Unterschichtsfrauen und wurde von Damen gehobener Gesellschaftsschichten entsprechend verkleinert, so gilt er heute als Sex-Ideal und kann - gottlob - durch Silikon und Skalpell entsprechend vergrößert werden. Dank neuester Technik sind wir also heute nicht mehr auf die Natur angewiesen und können also die Geschwindigkeit unseres Modewandels immer mehr steigern.

Aber nicht nur der Menschenkörper - vorzugsweise der weibliche - kann dank der neuen Techniken besser beherrscht werden. Auch der tierische ist zunehmend steuerbar. "Yan Yan soll schwanger werden", lasen wir kürzlich - wieder mal - über unsere Berliner Pandabärin. Nun, auch diese wichtige Entscheidung können wir doch keinesfalls einer zu unzuverlässigen Einrichtung wie der Natur überlassen, dem Zufall schon gar nicht. Die zwei Tage, die jährlich für die Einbringung des Bärensamens in Frage kommen, müssen natürlich erst gefunden werden. Jahrelang waren die Kunstgriffe, die Yan Yan ertragen musste, misserfolgreich. Doch nun hat man eigens eine Trainerin angeheuert, die der schwarzweißen Bärin beibrachte, sich freiwillig am Bauch rasieren und ultra beschallen zu lassen, um den optimalen Zeitpunkt zu bestimmen. Jetzt wird es gewiss nicht mehr lange dauern, dass die Natur in Form von zwei drolligen schwarz-weißen Bärlin gerettet werden kann. Doch halt! Wir wollten doch die Natur, die unzuverlässige, vom Zufall abhängige und ständig Hässlichkeiten hervorbringende bekämpfen und nicht retten! Ist hier irgendwas falsch?

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