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Nr. 6, Juni 2003
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Leserbrief

Sehr geehrte Damen,

in seinem Beitrag "In den Argumenten der Gegner leben sie weiter" (TU intern April 2003, S. 16) bringt der Autor Dr. Johannes Heil eine historisch falsche Darstellung der Zerstörung der Bibliothek in Alexandria, indem er dieses Ereignis mit 641 datiert und ursächlich auf einen angeblichen Befehl des Kalifen Omar zurückführt. Richtig ist es jedoch, dass die berühmte Bibliothek in Alexandria schon 48 v.Chr. bei der Belagerung durch Julius Caesar zum erheblichen Teil in Flammen aufgegangen war. Kleopatra hatte dann die Verluste teilweise durch die Bibliothek aus Pergamon ausgeglichen. Die planmäßigen Zerstörungen setzten im 3. Jahrhundert n.Chr. ein. Unter dem byzantinischen Kaiser Valens wurde das Caesareum in eine Kirche umgewandelt, seine Bibliothek geplündert und verheizt. 391 ließ der Patriarch Theophilos mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Kaisers Theodosius die Akademie, das Serapeion, zerstören und die Bibliothek wegen des "ketzerischen" Inhalts den Flammen überliefern. Zur Zeit des Patriarchen Severus von Antiochien im 5. Jahrhundert wurden die Reste der antiken Gelehrsamkeit samt Schriftrollen beseitigt. Diese "Tradition" führte 529 zur Schließung und Vernichtung der Philosophenschule in Athen und um 600 zur Verbrennung der von Augustus gegründeten Bibliothek in Rom. Als 642 die Araber in Alexandrien einzogen, gab es dort längst keine großen und öffentlichen Bibliotheken mehr. Die in der Folgezeit von den Arabern gesammelten antiken Schriften bildeten dann die Grundlage für die wissenschaftlichen und philosophischen Leistungen von islamischen Wissenschaftlern von Buchara bis Cortuba. Die umfangreichen Sammlungen an Abschriften antiker Schriftrollen in den damals größten Bibliotheken der Welt wurden in Bagdad im 11. Jahrhundert durch mongolische und in Cortuba im 15. Jahrhundert durch spanische Eroberer verbrannt.

Mit freundlichem Gruß

Prof. Dr.-Ing. H. Kuyumcu,
Fachgebiet Aufbereitung von Roh- und Reststoffen

Und auch die Antwort ist bereits bei uns eingetroffen:

Liebe TU intern-Redaktion,

Herr Kuyumcu ist ein aufmerksamer Leser und könnte ja Recht haben, wenn er Recht hätte. Caesar hat im Jahr 48 allerdings nur den Hafen mit den Magazinen abgefackelt, nicht die Bibliothek. Tatsächlich gibt es mittlerweile Historiker, die überhaupt bezweifeln, dass die Bibliothek je gebrannt hat, und die die Nachricht für einen Topos halten. Den Brand im Jahr 641 berichtet übrigens ein arabischer Historiker… allerdings erst im 13. Jahrhundert.

Herzlichst

Dr. Johannes Heil,
Zentrum für Antisemitismusforschung

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