Notwendiger Einfluss auf Technologiepolitik
Ein Interview mit Günter Spur über Acatech
Prof. em. Dr. h.c. mult. Dr.-Ing. E.h. mult. Günter Spur
gehört zu den führenden Köpfen, die 2002 unter dem
Namen "Acatech"
den Konvent für Technikwissenschaften der Union der deutschen
Akademien der Wissenschaften e.V. gegründet haben, um mehr
Einfluss auf Politik und Wirtschaft nehmen zu können. Mit ihm
sprach Luise Gunga.
Was ist der Hintergrund von Acatech?
Seit der ersten Gründung einer deutschen Akademie, und zwar
in Preußen 1700, gab es die Unterteilung in einen geisteswissenschaftlichen
und einen naturwissenschaftlichen Zweig, Techniker waren in Akademien
nicht vertreten. Noch in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts
wurde die Technik nur bedingt als Wissenschaft angesehen. In den
80er-Jahren unter Senator Kewenig wurde im damaligen West-Berlin
die Idee wieder belebt, eine Akademie der Wissenschaften zu gründen,
in der auch Techniker ihren Platz hatten.
Warum gab es nach der Wende eine Gründung als Berlin-Brandenburgische
Akademie der Wissenschaften (BBAW)?
Die West-Berliner Akademie wurde von einem CDU-Senat ins Leben
gerufen. Jedoch von dem folgenden rot-grünen Senat leider wieder
abgeschafft.
Und zur gleichen Zeit wurden Sie in die Akademie der Wissenschaften
der DDR berufen?
Ja, das war 1988. Die DDR-Akademie der Wissenschaften hatte bereits
eine Klasse für Technikwissenschaften. Als 1989 die BBAW gegründet
wurde, war es für uns selbstverständlich, dass diese eine
Klasse für Technikwissenschaften erhielt. Damit war das Eis
endgültig gebrochen! Aus internationaler Sicht fehlte allerdings
noch immer eine Nationale Akademie für Technikwissenschaften.
Der wesentliche Grund lag in der föderativen Struktur der deutschen
Akademien.
Wo gibt es solche Akademie für Technikwissenschaften und
wer ist Mitglied?
In allen Industrieländern, z. B. in Schweden, USA, England,
China, Japan, Russland. Mitglieder in Deutschland sind führende
Persönlichkeiten aus Technik und Wirtschaft. Wir sind eine
projektorientierte Arbeitsakademie, deren Mitglieder sich nicht
vertreten lassen können.
Was wird bei den Treffen gemacht?
Wir wollen strategisch über zukünftige Technologien nachdenken,
neue Fragestellungen zur Grundlagenforschung entwickeln, politische
Beratung auf dem Gebiet der Technik anbieten, Ziele setzen und das
technologisch Mögliche durch Interdisziplinarität bereichern.
Hinzu kommt die Notwendigkeit, auf die europäische Technologiepolititik
stärker Einfluss zu nehmen. Insbesondere wollen wir uns um
den wissenschaftlichen Nachwuchs kümmern. Wir sollten uns daran
erinnern, dass deutsche Ingenieure wegen ihrer technologischen Innovationsfähigkeit
nach wie vor in der Welt hoch angesehen sind!
Die TU Berlin bei Acatech
Zu den derzeit 172 Acatech-Mitgliedern zählen viele
namhafte Wissenschafts- und Wirtschaftsvertreter. Aus der
TU Berlin sind dabei: die Professoren Günter Spur, Bernd
Hillemeier, Martin Grötschel, Dietger Hahn, Helmut Schwarz,
Rainer Hascher und Peter Noll. Ziel von Acatech ist es, durch
Wirtschafts- und Nachwuchsförderung für nachhaltiges
Wachstum in Deutschland zu sorgen.
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