Perlen, Vasen und Brillen, die sich selbst anpassen
Der historische Werkstoff Glas wird für die Zukunft getrimmt
- ein Blick in die Glasbläserwerkstatt der TU Berlin
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Glas ist ein faszinierender
Werkstoff. TU-Glasbauer Norbert Zielinski mit seiner Auszubildenden
Steffi Seelenbinder. Als Gesellin betreibt sie jetzt die Glasbläserei
in der FU-Chemie |
Den Beginn des Laserbaus und der Halbleitertechnik an der TU
Berlin gegen Ende der 60er-Jahre hat Norbert Zielinski entscheidend
mit geprägt. Er ist Meister des Glasapparatebaus und leitet
heute die Glasbläserwerkstatt am Institut
für Festkörperphysik. Damals arbeitete er im Institut
für Hochfrequenztechnik der TU Berlin an kurzwelligen 8-mm-Kathodenstrahlröhren.
Das Jahr 2003 ist für ihn ein Jubiläumsjahr: Am 1. September
feierte er sein 40. Dienstjubiläum. Kurz darauf, auf der Tagung
des Verbandes deutscher
Glasbläser e.V. (VDG) in Berlin wurde er zu dessen stellvertretendem
Vorsitzenden gewählt, und das Schönste für ihn: "Nach
15 Jahren konnten wir in diesem seltenen und anspruchsvollen Beruf
wieder eine Glasapparatebauerin ausbilden. Im Berliner Raum wird
zurzeit niemand in diesem Beruf ausgebildet."
Die TU-Glasbläser produzieren insbesondere für den Eigenbedarf.
In vielen Bereichen werden Spezialvorrichtungen aus Spezialglas
benötigt, die es auf dem freien Markt nicht gibt. Denn der
historische Werkstoff ist heute Hightechmaterial. Schon vor 6000
Jahren wurde Glas in Mesopotamien und später in Ägypten
hergestellt. Lange wurden vor allem Kunstgegenstände, Vasen,
Schalen, Glasperlen, produziert, zum Beispiel in Venedig beziehungsweise
auf der Insel Murano. Die mittelalterlichen Apotheken und alchemistischen
Laboratorien kannten kaum Glasgeräte. Doch mit der Entwicklung
der Chemie zur exakten Wissenschaft entstand auch die Glasinstrumententechnik.
Nutznießer war ein ganz Großer dieser Wissenschaft:
Justus Liebig. 1818 schrieb er aus Paris an seine Frau: "Denke
Dir, ich habe Unterricht im Glasblasen genommen und bin nun weit
genug gekommen, um mir alle Glasapparate selbst machen zu können."
Mit der Weiterentwicklung der Naturwissenschaften waren immer komplexere
und kompliziertere Anlagen gefragt: Glühlampen, Röntgenröhren,
Fernsehbildröhren oder gläserne Vakuumanlagen für
die Kerntechnik. Der Glasinstrumentenmacher und Glasapparatebauer
ist heute insbesondere in Forschung und Entwicklung gefragt, an
Universitäten, Forschungseinrichtungen und großen Chemieunternehmen.
Sie brauchen Glas, das speziell für Röntgenstrahlen transparent
ist, das Röntgen- und radioaktive Strahlen abschwächt
und trotzdem transparent bleibt oder das sich an die UV-Strahlung
anpasst für selbstadjustierende Brillengläser. Aus der
Industrie nicht mehr wegzudenken sind Glasfasern oder extrem dünne
Glasfolien und vieles mehr.
Die Zukunft des Werkstoffs Glas, so Professor Hans-Jürgen
Hoffmann vom TU-Institut für Werkstoffwissenschaften und -technologien,
läge in der Mikrostrukturierung und der Verbundtechnik. Durch
die Herstellung photonischer Kristalle eröffneten sich völlig
neue Anwendungen in der Optik und Displaytechnik.
Patricia Pätzold
www.physik.tu-berlin.de/institute/IFFP/glastw/
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