(K)ein Platz für Kinder
Familiengerechte Aktivitäten für Hochschulen immer
wichtiger
"Das klassische Problem ist die Kinderbetreuung, das ist einfach
nicht wegzudiskutieren", sagt Dorothea Jansen. Grundsätzlich
litten zwar Männer wie Frauen unter der mangelnden Vereinbarkeit
von Familienpflichten und Ausbildung oder Berufstätigkeit.
Doch bei Wissenschaftlerinnen werde dieses Problem besonders gravierend,
so die wissenschaftliche Koordinatorin des Mentoring-Programms ProFiL.
Sie seien oft zu lange tätig, müssten reisen, die Arbeitszeiten
wucherten, und die Betreuungszeiten der staatlichen Einrichtungen
seien nicht bedarfsgerecht. Betreuung privat hinzuzukaufen ist für
Studentinnen und Forscherinnen oft einfach zu teuer. Es ist kein
Zufall, dass 40 Prozent der Akademikerinnen in Deutschland kinderlos
sind, bei Professorinnen sind es sogar 82 Prozent. Ihre männlichen
Kollegen verzichten übrigens nur zu 18 Prozent auf Kinder.
"Die Biografie-Muster in der Wissenschaft haben sich herausgebildet,
als Frauen dort noch keine Rolle spielten, sie sind nach männlichen
Lebensmustern gestrickt." Die problematischen Tatsachen sind
von vielen gesellschaftlichen Akteuren erkannt worden. Die gemeinnützige
Hertiestiftung hat nach amerikanischem Vorbild das Audit "Beruf
und Familie" gegründet, nach dessen Bewertungskriterien
sich Unternehmen als "familienfreundlich" zertifizieren
lassen können, wie die Hochschulen Trier, Kiel oder das Forschungszentrum
Jülich.
Die Hochschulrektorenkonferenz
(HRK) gab im Juli Empfehlungen zur Gestaltung "familienfreundlicher
Hochschulen" heraus. Begründung: Neben Studierenden, die
sich jedoch häufig in Selbsthilfe organisieren können,
seien besonders junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit
Kindern vom Karriereknick durch Familiengründung betroffen.
Die HRK will den Verlust an Begabungen für die Wissenschaft
in dieser Phase aufhalten, zumal es seit Jahren nur schleppend gelungen
ist, den Anteil von Frauen an der Professorenschaft zu steigern.
Hochschulen sollen Organisationsformen finden, die der Vereinbarkeit
in Studium und Beruf zuträglich sind. Dazu gehören die
entsprechende Veränderung von Prüfungsordnungen - das
Fehlen wegen kranker Kinder muss als Entschuldigung für verpasste
Prüfungen gelten -, die Flexibilisierung der Arbeitzeiten,
die Einrichtung von Kinder-Service-Büros, Angebote, die unregelmäßigen
Betreuungsbedarf abdecken, zum Beispiel in den Abendstunden, in
den Ferien, bei Erkrankung, aber auch die Enttabuisierung des Themas
"Kinder am Arbeitsplatz". Für die Finanzierung entsprechender
Aktivitäten sollen auch private Mittel eingeworben werden.
Über ein Kinder-Service-Büro zur Beratung und Vermittlung
ist auch in der TU Berlin schon intensiv nachgedacht worden, denn
das Zertifikat "familiengerecht" kann ein Standortvorteil
sein, da es junge Forschende anzieht. Doch die jüngsten finanzpolitischen
Entwicklungen geben wenig Anlass zur Hoffnung. Personalleiterin
Barbara Obst-Hantel: "Das Thema ist uns sehr wichtig, doch
wir können momentan nur kostenneutrale Ideen umsetzen. Ich
werde in den nächsten Jahren wohl mehrere Hundert Arbeitsplätze
einsparen müssen. Woher soll ich das Geld nehmen, um zwei neue
Stellen zu schaffen?"
Patricia Pätzold
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