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Nr. 11, November 2003
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Ungeahnte Langzeit-Nachwirkungen - ein Schock

Wie in Lissabon Berliner Traditionen gepflegt werden

Francisco Caldeira Cabral, Ende der 30er-Jahre an seinem Arbeitsplatz an der TH Charlottenburg. Aus: Ausstellungskatalog "Vom Nationalstadium zum Gulbenkian Park", Lissabon, 2003

Die diesjährige Konferenz des Europäischen Rates der Ausbildungsstätten für Landschaftsarchitektur (ECLAS) fand vom 23. bis 26. Oktober 2003 in Lissabon statt. Den festlichen Rahmen für den Konferenzbeginn bot die Eröffnungsfeier einer großen, engagiert und kenntnisreich von Professor Teresa Andresen vorbereiteten Ausstellung über den auch international berühmten "Vater der portugiesischen Landschaftsarchitektur", Francisco Caldeira Cabral. Für Angehörige der TU Berlin hält diese Ausstellung im fernen Lissabon einen Überraschungsschock bereit: Ein großer Teil der Ausstellung ist der TU Berlin und ihrer Vorgänger-Institution, der Technischen Hochschule Charlottenburg, gewidmet, als einer der weltweit ältesten Ausbildungsstätten auf diesem Gebiet mit ihrer internationalen Ausstrahlung.

Die Ausstellung dokumentiert mit Sorgfalt und Liebe, was am Entstehungsort Berlin längst zerstört, vergessen, verschüttet ist: Übungsaufgaben, Fotos, Musterpläne, Prüfungsaufgaben, typische studentische und professionelle Problemlösungen für die Landschafts- und Freiraumgestaltung der damaligen nicht unproblematischen Zeit, nämlich der Dreißigerjahre. Ein Foto zeigt den in Ausstellung und Katalog, vor allem aber von seinen heutigen Nachfolgerinnen und Nachfolgern glühend verehrten Meister Cabral an seiner ersten Wirkungsstätte in Berlin. Der Ort ist unverkennbar: Der Schreibtisch steht im oberen Stockwerk des TU-Gebäudes AT am Albrecht-Thaer-Weg. Die heutigen Nachfolger Cabrals reden auf den überraschten Besucher aus dem fernen Berlin ein: Die Wiege der portugiesischen Landschaftsarchitektur stand nicht in Harvard, sie stand in Berlin. Das Erbe lebt fort! Tut etwas, würdigt, aber versteckt nicht eure historischen Verdienste!

Der so Angesprochene, dem bewusst ist, dass die in Lissabon dokumentierte Berliner Wirkungsstätte Cabrals soeben zum Verkauf steht - die letzten TU-Angehörigen bereiten dort gerade ihren Abzug vor -, kann dem Überschwang nicht folgen und bleibt nachdenklich. Auch die gegenwärtigen Entscheidungen im Berliner Hochschulbereich, wie auch immer sie letztlich ausfallen, werden ungeahnte Langzeit-Nachwirkungen haben. Dass sie aber Verehrung, Begeisterung, gar die Entstehung großer Werke auslösen könnten, ist im Moment schwer vorstellbar.

Prof. Dr. Hartmut Kenneweg

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