In der Dimension von Atomen
Materialforscher entwickeln feinste Beschichtungen für
Medizintechnik und Raumfahrt
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Feinste Beschichtungen werden
auf Kugellager, Schrauben, Prothesen (unten) aufgetragen
Foto: privat |
Viele Teile des menschlichen Körpers sind heute ersetzbar:
Organteile, Adern, Knochen, Gelenke, ja ganze Füße und
Arme. Die Materialien von Flugzeugen und Raketen sind extremen Belastungen
ausgesetzt. Dennoch macht sich kaum jemand in der Öffentlichkeit
Gedanken darum, wieso die Teile nicht vom Körper abgestoßen
werden, was sie sich so gut an ihre Umgebung anpassen lässt
oder was sie so haltbar macht. Dies sind unter anderem die Aufgaben
der Materialforschung.
"Die Entwicklung, Herstellung und Verarbeitung von neuen Materialien
für innovative Anwendungen hat herausragende Bedeutung für
künftige Technologien", erklärt Dr. Dimitri Rakov.
Im Rahmen eines Kooperationsprogramms und mit Unterstützung
der Alexander von Humboldt-Stiftung
arbeiten die russischen Wissenschaftler Dr. Vladimir Levchenko und
Dr. Dimitri Rakov vom Institut für Ingenieurwissenschaften
der Russischen Akademie der Wissenschaft und der TU-Professor Dr.-Ing.
Jürgen Thorbeck vom Institut
für Luft- und Raumfahrt im Bereich neuer Konstruktionen
und Materialien für die Luft- und Raumfahrt. Sie analysieren
und synthetisieren neue Materialien und sie entwickeln Anwendungspotenziale
dafür. Dabei geht es vor allem um das monokristalline Karbon.
Kohlenstoff kommt in verschiedenen Erscheinungsformen und Mikrostrukturen
vor. In den letzten Jahren wurden diamantähnliche Kohlenstoffschichten
entwickelt, die besonders verschleißbeständig, reibungsmindernd
und sehr hart sind. Für Anwendungen in der Medizintechnik,
in der Werkzeugtechnik oder in der Luft- und Raumfahrt müssen
sie außerdem besonders dünn aufgetragen werden können.
Nun entwickelte die Gruppe mithilfe der "Levchenko-Methode"
verschiedene monokristalline Beschichtungen, die durch einen besonderen
Prozessschritt so hergestellt werden können, dass ihre Dicke
im Bereich von weniger als 50 Nanometern liegt. Um zu ermessen,
wie dünn das ist, muss man wissen, dass ein Nanometer nur ein
Hunderttausendstel des Durchmessers eines Menschenhaares misst -
die Dimension von Atomen.
Doch nicht nur die Dicke der Beschichtung spielt eine Rolle. Mit
entscheidend sind auch andere Eigenschaften des monokristallinen
Karbons, das es so gut einsetzbar in den genannten Techniken macht:
Neben dem geringen Reibwert und der hohen Verschleißbeständigkeit
hat es eine hohe chemische Beständigkeit, eine große
Adhäsion und weist eine gute physiologische Verträglichkeit
auf. "Die Arbeitsgruppe würde sich freuen", sagt
Dr. Dimitri Rakov, der einige Zeit als Humboldt-Stipendiat an der
TU Berlin verbracht hat, "wenn sich weitere Fachdisziplinen
mit Grundlagencharakter, wie Werkstofftechnik oder Oberflächentechnik,
für eine Mitarbeit interessierten."
Patricia Pätzold
rakov@mail.com
juergen.thorbeck@tu-berlin.de
Intensive Zusammenarbeit mit der russischen
Wissenschaft
Aktuell unterhält die Universität rund 15 Kooperationen
mit russischen Hochschulen. Ein Schwergewicht liegt auf der
Kooperation mit der Moskauer
Staatlichen Universität für Bauwesen (MSUCE),
mit der es teilweise bereits jahrzehntelange Verbindungen
gibt. Das trifft insbesondere auf den Bereich Stadt- und Regionalplanung
zu sowie auf die Bauinformatik, für die die TU Berlin
gemeinsam mit der MSUCE einen Studiengang aufgebaut hat sowie
ein internationales Zentrum für Bauinformatik gründete.
Einmal jährlich findet eine einmonatige Summer School
mit Studierenden aus Moskau und Berlin an der TU Berlin statt.
Am 15. September 2004 wurde dem Regierenden Bürgermeister
Klaus Wowereit die Ehrendoktorwürde der Moskauer Staatlichen
Bauuniversität verliehen. Auf dem Gebiet der Energietechnik
und der Energiesysteme arbeitet die TU Berlin in Projekten
mit dem Moscow
Power Engineering Institute (MEI) und mit der Moskauer
Staatlichen Technologischen Universität (STANKIN)
im Bereich Werkzeugmaschinen, Konstruktionstechnik, Robotertechnik,
Montagetechnik und Produktionsplanung. Im Jahr 2003 wurden
mit Moskauer Einrichtungen neun Studierende und 50 Gastwissenschaftlerinnen
und -wissenschaftler ausgetauscht.
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