"Ich träume von Dingen, die es nicht gibt" - der
Fernsehpionier Paul Nipkow
|
Nipkows Grab auf dem Friedhof
am Bürgerpark
Foto: Förster |
Die TU Berlin war und ist ein Ort für kreative und innovative
Wissenschaftler und Professoren. Doch auch unter den Studierenden
tummeln sich geniale Geister: Paul Nipkow war erst dreiundzwanzig,
als er am 6. Januar 1884 das Patent auf eine Erfindung anmeldete,
die unserem Zeitalter den Namen geben sollte. Er fand die Grundidee
des Fernsehens - das punktweise Abtasten einer Bildvorlage, die
Umwandlung optischer in elektrische Signale und damit die Möglichkeit
der Übertragung und Wiedergabe eines Bildes an jeden beliebigen
Ort.
Bereits im Gymnasium fiel der 1860 geborene Bäckerssohn Nipkow
mit sehr guten Leistungen in Mathematik und Physik auf, die Lehrer
bescheinigten dem Primaner ein "geniales technisches Talent".
Nach dem Abitur 1882 zog er voller Wissensdurst nach Berlin. Sein
Lebensmotto lehnte sich an George B. Shaw an: "Ich träume
von Dingen, die es nicht gibt, und frage mich, warum nicht?"
Nipkow studierte gleich an zwei Hochschulen: Physik und Mathematik
bei Hermann Helmholtz an der Berliner Universität und Elektrotechnik
an der TH bei Adolf Slaby. Die Frage, ob und wie man bewegte Bilder
- ähnlich wie Sprache mittels Telefon - übertragen könnte,
ließ ihn bald sein Studium vernachlässigen, elektrotechnische
Fachliteratur durchforschen und eine Patentschrift für das
"Teleskop" schreiben. Doch es gab kein kommerzielles Interesse
für sein Patent. Der glücklose Erfinder brach das Studium
ab, heiratete, gründete eine Familie und entwickelte ab 1885
in einer Firma in Borsigwalde fast 35 Jahre lang Eisenbahn-Signalanlagen.
Seine Erfinderleidenschaft aber blieb, er beschäftigte sich
mit der Idee einer von Muskelkraft getriebenen Flugmaschine, die
den Insektenflug zum Vorbild hatte. 1897 und 1898 krönten zwei
Patente sein innovatives Bemühen. Als der zum Oberingenieur
aufgestiegene Nipkow 1919 in Pension ging, kam es international
zu einem hektischen Realisierungswettrennen seiner Fernsehidee.
Ein wichtiges Bauelement für das elektrische Fernsehen war
seine "Nipkow-Scheibe" zur Bildabtastung. Jetzt interessierte
sich auch die Presse für den "Vater des Fernsehens".
Auf der 5. Berliner Funkausstellung 1928 stellte der AEG-Ingenieur
Dénes von Mihály seinen "Telehor" - einen
verbesserten Fernseher nach der Nipkowtechnik - vor. Dem elektronischen
Fernsehen mit der Braunschen Röhre gehörte seit 1937 die
Zukunft. Nach 1933 missbrauchten die Nazis Nipkows Namen und Person.
Zu seinem 75. Geburtstag erhielt er den Ehrendoktor der Goethe-Universität
Frankfurt. Als er am 24. August 1940 starb, inszenierte das Regime
ein Staatsbegräbnis mit Fernsehübertragung. Es war das
erste Staatsbegräbnis für einen deutschen Ingenieur. Paul
Nipkows Grab befindet sich auf dem Pankower Städtischen Friedhof
III am Bürgerpark.
Hans Christian Förster
|
|