Vernetzung ist Trumpf
Telekom entschied sich für TU Berlin - neues Zentrum für
Telekommunikation als Quelle von Innovationen
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Starke Gemeinschaft: Sahin
Albayrak, wissenschaftlicher Direktor des DAI-Labors der TU
Berlin, Hans Albert Aukes, Leiter des Telekom Zentralbereichs
Innovationen und Kurt Kutzler, Präsident der TU Berlin
(v. l.) |
Das "Deutsche Telekom Innovation Center" (TIC), das
als gemeinsames Forschungsinstitut der Deutschen Telekom und der
TU Berlin in Kürze seine Arbeit aufnimmt (s. Leitartikel),
wird gleich bei mehreren Forschungsthemen Schwerpunkte setzen: "Zum
einen geht es uns um die möglichst einfache Nutzung komplexer
Geräte und Anwendungen", erläuterte Kai-Uwe Ricke,
Vorstandvorsitzender der Deutschen
Telekom AG. "Solange wir einem 80 Gramm Mobiltelefon eine
450 Gramm schwere Betriebsanleitung mitgeben müssen, gibt es
viel Potenzial für Verbesserungen."
Künftig soll die Vernetzung weit über Computer und Mobiltelefone
hinausreichen. "Ihr Kühlschrank zu Hause wird eine Internet-Adresse
haben und bei Bedarf Lebensmittel nachfordern", nannte er ein
Beispiel. Ein wichtiges Forschungsziel sind auch so genannte "Voice-Portale".
Künftig sollen Computer, Telefon und Handy nicht mehr über
Tastaturen, sondern über Sprache gesteuert werden. In zwei
Jahren könnte die Sprachsteuerung für das gesamte Festnetz
der Telekom mit mehr als 8000 Vermittlungsstellen und 40 Millionen
Nutzern verfügbar sein.
Unter dem Dach des TIC wollen beide Partner erhebliche Kapazitäten
vereinen. Dazu gehören zwei Stiftungslehrstühle von der
Telekom und Sun Mikrosystems sowie das DAI-Labor
(Distributed Artificial Intelligence) der TU Berlin. Dort sind derzeit
70 Wissenschaftler und 30 Studierende tätig. Es ist weltweit
führend bei der Entwicklung neuartiger elektronischer Agenten,
die zum Beispiel im Informationswirrwarr des Internets nach bestimmten
Themen suchen. "Manche Agenten wirken wie die Stellvertreter
des Menschen im Netz", erläutert Prof. Dr.-Ing. Sahin
Albayrak, der wissenschaftliche Direktor.
Die Entscheidung zugunsten der TU Berlin als strategischer Forschungspartner
der Telekom fiel in harter Konkurrenz beispielsweise zu den technischen
Unis in München, Karlsruhe und Aachen. Für die TU Berlin
zahlte sich die langfristige Strategie aus, sich auf spezielle Forschungsbereiche
zu konzentrieren. Dazu gehört die Breitbandkommunikation oder
die so genannte Middleware, die am Stiftungslehrstuhl der Telekom
im Zentrum steht. Sie steuert den gemeinsamen Zugriff von Computern
in Netzwerken auf Drucker, Dateien oder Mailserver. Da Rechnernetze,
Datenautobahnen und Mobilfunk immer enger zusammen rücken,
werden mobile Telekommunikationsnetze die Innovation auf diesem
Gebiet bestimmen. Der Nachrichtentechniker Dr. Dr.-Ing. Holger Boche,
einer der jüngsten Professoren der TU Berlin, forscht auf diesem
Gebiet. Er ist zugleich Leiter der Abteilung für Breitband-Mobilfunknetze
am Heinrich-Hertz-Institut
für Nachrichtentechnik (HHI). Boche arbeitet an Mehrantennensystemen,
die eine um ein Vielfaches höhere Datenmenge übertragen
können als herkömmliche Anlagen. Seit Herbst 2003 ist
er einer der Direktoren des neuen chinesisch-deutschen Doppelinstituts
mit Sitz in Peking und Berlin. Ein Novum in der Beziehung beider
Länder. Bei der Entscheidung der Telekom, ihr neues Institut
an die TU Berlin zu geben, dürften Boches Kontakte ins Reich
der Mitte wichtig gewesen sein: Dort entsteht der weltgrößte
Markt für Mobilkommunikation.
Die Fakultät
IV, Elektrotechnik und Informatik, der TU Berlin ist darüber
hinaus mit vier weiteren Fraunhofer-Instituten über gemeinsame
Professuren verbunden, die allesamt zur Kommunikations- und Informationstechnik
forschen. Insgesamt warben die Professoren im vergangenen Jahr zehn
Millionen Euro durch Forschungsaufträge ein.
Heiko Schwarzburger
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